Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
aufriss. »Ich sehe, dass du Therons Stab erkennst, Wolfsmeister. Der Eulenmeister hat ihn mir und Alayna als Zeichen seines guten Willens überlassen.«
»Du hast mit Theron gesprochen!«, hauchte Phelan. »Ja. Angeführt von der Eulenweisen Jessamyn sind acht von uns zum Hain gereist. Wir glaubten, Theron könnte vielleicht für die Angriffe verantwortlich sein, und wir wollten mit ihm sprechen. Es war dort, am Hain, dass Sartol die Weise und ihren Ersten tötete. Er hat auch versucht, uns beide umzubringen, aber wir sind in den Hain geflohen, wo wir Therons Geist begegneten. Nachdem wir ihn davon überzeugt hatten, uns zu helfen, erzählte er uns von den Fremden und machte Andeutungen darüber, was sie vielleicht in Tobyn-Ser erreichen wollen.« Jaryd zögerte. »Wir haben noch nicht all seine Hinweise begriffen, aber uns läuft die Zeit davon. Theron hat uns versprochen, uns zu helfen, Wolfsmeister. Wirst du das Gleiche tun?«
Jaryd ertrug den schweigenden, abschätzenden Blick so gut er konnte, und war ein wenig erleichtert, als Phelan sich kurz Alayna zuwandte, aber er wich nicht aus, als Phelan ihn wieder ansah. »Als junger Mann, der sich gerade erst an Kalba gebunden hatte, war ich einmal in den Ruinen von Rholde«, erzählte der Wolfsmeister leise. »Ich dachte daran, in den Hain zu gehen und mit Theron zu sprechen.« Er schüttelte den Kopf. »Aber mir fehlte der Mut.«
»Sartol hat uns hingejagt«, erklärte Jaryd. »Wir sind nicht freiwillig hingegangen. Es ist einfach irgendwie passiert.«
Phelan lachte. »Das bezweifle ich nicht. Aber«, fügte er hinzu, und jegliche Heiterkeit war wieder von ihm gewichen, »ihr habt mit ihm gesprochen, und ihr habt ihn genügend beeindruckt, dass er euch ernst nahm. Er hat euch seinen Stab gegeben!«, sagte der Geist staunend und schüttelte den zotteligen Kopf. »Schätzt nicht gering, was ihr beiden erreicht habt; ihr habt Tobyn-Ser vielleicht gerettet.« Wieder wandte er sich Baden zu. »Ich werde euch helfen«, erklärte er. »Wir werden euch helfen. Aber ich brauche Zeit, um mich mit den anderen Unbehausten in Verbindung zu setzen.«
»Bevor du das tust, Wolfsmeister«, erwiderte Baden, »solltest du wissen, dass der Verräter heute ungebunden gestorben ist. Er gehört nun ebenfalls zu den Unbehausten.« Phelan dachte darüber nach. »Es sollte keinen großen Unterschied machen. Nach einiger Zeit wird er vielleicht im Stande sein, uns aufzuhalten, aber noch ist er neu in unserem Kreis. Er sollte kein Problem darstellen.« Mit diesen Worten schloss der Wolfsmeister die Augen. Kurz darauf tat Kalba es ihm gleich.
Die sechs Magier warteten schweigend für einen Zeitraum, der ihnen sehr lange erschien, während Phelan, hoch aufgerichtet und mit vor Konzentration gerunzelter Stirn, versuchte, sich mit den anderen Geistern im Land in Verbindung zu setzen. Der Wald war vollkommen ruhig, wenn man von einer leichten, salzigen Brise absah, die vom Wasser heranwehte, und von dem Geräusch der Wellen, die sich vom Strand zurückzogen. Jaryd sah Baden an, der seinen Blick erwiderte und die Achseln zuckte.
Einige Zeit später öffnete Phelan wieder die Augen. »Das Netz wurde gespannt«, sagte er. Seine hellen Augen schienen immer noch getrübt, als könnte er noch nicht wieder vollkommen klar sehen. Er wandte sich den jungen Magiern zu, und ein seltsames Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Theron lässt euch beide grüßen. Und er gratuliert euch zur Hinrichtung des Verräters.«
Jaryd warf Alayna einen kurzen Blick zu, aber sie reagierte nicht.
»Dreizehn Fremde sind noch übrig«, fuhr der Wolfsmeister fort, »und haben sich in kleinen Gruppen überall im Land verteilt.«
»Wo sind sie genau?«, fragte Baden. »Kannst du das feststellen?«
»Selbstverständlich.« Wieder schloss der Geist die Augen. »Es gibt zwei Gruppen mit je drei Personen, von denen sich eine im östlichen Mittelteil der großen Wüste befindet und die andere auf der Nordebene. Sechs reisen in Paaren. Sie sind in der Südecke von Tobyns Ebene, in den Smaragdhügeln und in Tobyns Wald zu finden, nicht sonderlich weit von hier. Und einer ist allein in Leoras Wald unterwegs.« Er öffnete die Augen wieder.
»Was sollen wir nun also tun?«, fragte Baden. »Welche Möglichkeiten haben wir?«
Phelan breitete in einer einladenden Geste die Arme aus. »Ihr habt die Wahl. Die Möglichkeiten sind nun so grenzenlos, wie sie einen Augenblick vorher begrenzt waren. Ihr müsst entscheiden, was wir mit
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