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Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht

Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht

Titel: Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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Schmiede- und Kochfeuern wahrnehmen, der vom Wind herangeweht wurde.
    Wenn alles nach Plan verlief, würden andere, die sich der Siedlung morgen Nacht auf diesem Weg näherten, eine andere Art von Rauch riechen können. Er versuchte zu lächeln, aber nicht einmal dieser Gedanke konnte den Schatten heben, der sich über seine Stimmung gelegt hatte. Normalerweise arbeitete er gerne allein; er wusste die Einsamkeit zu schätzen. Aber an diesem Abend gingen ihm finstere Gedanken durch den Kopf, und sein Magen zog sich von einer Angst zusammen, die über das vage unangenehme Gefühl hinausging, das sich seiner schon vor ein paar Tagen bemächtigt hatte. Calbyr hätte im Augenblick recht gerne Gesellschaft gehabt.
    Wenn ihn jemand am Vortag gefragt hätte, hätte er nicht erklären können, was ihn beunruhigte oder was diese Gefühle oder Vorahnungen bewirkte. Er hätte es selbst als eine Art Aberglauben bezeichnet, und das war kein Eingeständnis, das ihm leicht fiel. Im Lauf des Jahres, das er hier in diesem seltsamen Land zugebracht hatte, war er immer abergläubischer geworden und hatte sogar hingenommen, dass diese Vorstellungen seine Entscheidungen als Anführer der Gruppe beeinflussten.
    Es war nichts Wichtiges gewesen, nichts Bedeutendes, aber er hatte zum Beispiel die Zeitpunkte für bestimmte Aktionen geringfügig verändert, so dass sie auf Glück verheißende Tage fielen oder den Vollmond mieden. Das hätte er selbstverständlich seinen Männern gegenüber nie zugegeben. Sie hätten es auch nicht verstanden. Und zu Hause im Nal hätte auch er selbst niemals solch irrationales Verhalten gebilligt. Vielleicht war hier, wo die Leute zurückgeblieben und naiv waren, wo die Kultur unterentwickelt und die Wildnis nicht gezähmt war, so etwas wie Aberglaube akzeptabel. In Lon-Ser jedoch glaubte niemand mehr an Vorzeichen oder solche Dinge, zumindest nicht die Leute, die er kannte. Lon-Sers technologischer Fortschritt hatte ein pragmatischeres Gefühl für das Funktionieren der Welt mit sich gebracht, ein tieferes Verständnis der Wissenschaften. Das ließ wenig Platz für Mystik und die Dummheiten, die damit einhergingen. Aber er war inzwischen schon viel zu lange von zu Hause weg. Er hatte zu viele Tage in diesen Wäldern und Bergen verbracht, wo er gelernt hatte zu jagen und sich anhand der Sterne und des Sonnenstandes zu orientieren. Er war inzwischen so auf dieses verdammte Land eingestimmt, dass er sogar begonnen hatte zu denken wie die Leute hier. Diese Vorstellung ließ ihn dann doch lächeln: dass er ein Mann vom Land sein sollte, ein Bergbewohner, so etwas wie ein Orakel, war schon komisch. Allerdings nur für einen Augenblick. Dann senkte sich die finstere Stimmung wieder über ihn. In Zeiten wie diesen erkannte er sich kaum als den Mann wieder, der das Nal vor zwei Jahren verlassen hatte, um eine Bande von Verbrechern für diese Mission auszubilden. Und dabei war er doch derjenige, der die Expansion von Lon-Ser vorbereitete, der Eroberer von Tobyn-Ser. Das waren zumindest die Worte, die Cedrych benutzt hatte, und sie gefielen ihm, besonders das Letztere. Aber Eroberer wurden nicht Opfer dieser unsichtbaren Dämonen des Geistes und verbrachten nicht so viel Zeit damit, Angst zu haben. Cedrych hätte dafür vielleicht sogar Verständnis gehabt. Sosehr Calbyr seinem Auftraggeber misstraute, sosehr er ihn fürchtete, er fühlte sich dem Mann auch irgendwie verwandt. Cedrych hätte die Schwierigkeiten dieses Auftrags, die vor allem darin bestanden, so lange Zeit inmitten einer fremden Kultur funktionieren zu müssen, verstanden. Bei allem, was sich im Lauf der Jahre zwischen ihnen ereignet hatte, und trotz der angespannten, manchmal sogar gewalttätigen Beziehung zwischen Oberlord und Nal-Lord, hatte Cedrych Calbyr kurz vor seinem Abschied tröstliche und ermutigende Worte mit auf den Weg gegeben. »Wir beide sind uns ähnlich, Calbyr«, hatte er unerwartet gesagt, sich mit der Hand über den glatt rasierten Kopf gestrichen und dabei den Blick seines einen guten Auges und die leere, vernarbte Augenhöhle auf Calbyrs Gesicht gerichtet. »Wir sind Visionäre. Wir sehen nicht nur die Zukunft, sondern auch den bisher noch nicht gerodeten Weg, der uns dorthin führen wird.« Er hatte seine große, aber feinknochige Hand auf Calbyrs Schulter gelegt. Die Hand eines Künstlers, hatte Calbyr damals gedacht. Die Hand eines Mörders. »Du wirst diesen Weg roden, mein Freund. Ich gebe dir die Werkzeuge, die Mittel, die du

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