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Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht

Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht

Titel: Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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ohnehin überrascht.
    Und das erklärte nun vielleicht auch die andere Empfindung, mit der er rang, während er Baden und Sartol weiter beobachtete. Seit der Versammlung hatte er Jaryd und Alayna ihre Plätze in der Delegation zu Therons Hain missgönnt. Sie waren gerade erst flügge geworden, sie beherrschten ihre Kräfte noch nicht. So mächtig sie vielleicht auch eines Tages einmal sein würden und was immer ihre Bindungen an Amarids Falken bedeuteten, es gehörte sich einfach nicht, sie an einer so wichtigen Unternehmung teilnehmen zu lassen. Das hatte er zumindest gedacht. Er hatte Jaryd sogar offen als »den Jungen« bezeichnet, erinnerte er sich, und nun schämte er sich plötzlich für seine Arroganz. Immerhin stand er heute Abend dem Beweis für die Kraft der Visionen des »Jungen« gegenüber. Die Fremden, die er gesehen hatte, entsprachen exakt der Beschreibung, die Jaryd von dem Magier gegeben hatte, von dem er in den Bergen nahe Taima geträumt hatte. Es war nicht so, dass Orris selbst nie Visionen gehabt hätte. Er war ein Falkenmagier, und Visionen zu haben gehörte zur Magie. Aber er hatte zwar Dinge erblickt und daraus auf zukünftige Ereignisse geschlossen, aber in all seinen Jahren als Magier hatte er nie eine Vision gehabt, die so wörtlich zu nehmen war, und schon gar nicht in einer Angelegenheit von solch ungeheurer Wichtigkeit. Als er daran dachte, begann er um die beiden jungen Leute zu trauern, nicht nur wegen ihrer Kraft und ihrer Einsicht, die in diesem Kampf gebraucht würden, und auch nicht nur als Reaktion auf die Tragödie, die ihr Tod darstellte. Er trauerte um sie, weil er sich gern entschuldigt und anerkannt hätte, dass er sich im Hinblick auf sie geirrt hatte.
    Er schüttelte den Kopf. Nein, an solche Gefühle war er nicht gewöhnt. Ein ältere Magier hatte ihm einmal gesagt, dass die Zeit zwischen Bindungen zwar schwierig und erschreckend, aber auch eine gute Gelegenheit der Selbsterforschung und des Wachstums sein könnte. Orris war damals jünger gewesen, hatte sich gerade erst an seinen ersten Vogel gebunden gehabt und war wenig geneigt gewesen, solchen Worten Beachtung zu schenken. Nun allerdings musste er, als er sich an dieses Gespräch erinnerte, über seine eigene Eitelkeit grinsen. Der Magier, dessen Namen er längst vergessen hatte, hatte natürlich vollkommen Recht gehabt.
    Auf der Hauptstraße von Wasserbogen führte Sartol die Dorfbewohner auf die qualmenden Überreste ihrer Häuser zu, drei andere Männer zerrten Baden zum Gefängnis, und niemand kümmerte sich um die toten Fremden und ihre Vögel. Orris wartete, bis die Magier und die Dorfbewohner nicht mehr zu sehen waren, dann schlich er sich zu der Stelle, wo die Toten auf der Straße lagen, und deckte seinen Ceryll auf, so dass er im Licht des Kristalls die verkohlten Leichen untersuchen konnte.
    Von der Kleidung und den Gesichtern der beiden Männer war wenig übrig geblieben. Aber als Orris sich dem Vogel zuwandte, der von Badens magischem Feuer zu seinem Herrn zurückkatapultiert worden war, verharrte er verblüfft und verstört von dem, was er sah.
    Was er für einen Falken gehalten hatte, war überhaupt kein Vogel. Tatsächlich war dieses Ding anders als jedes andere Geschöpf, jeder andere Gegenstand, den Orris je erblickt hatte. Seine Federn - oder was wie Federn aussah - bestanden aus einer seltsamen Substanz, die offenbar unter der Hitze von Badens magischem Feuer flüssig geworden und nun in einer grotesk deformierten Form erstarrt war. In gewisser Weise ähnelte das Material Eisen oder Gold. Aber dessen Leichtigkeit und Biegsamkeit ließen eher darauf schließen, dass es sich nicht um Metall handelte, jedenfalls nicht um eines, das in Tobyn-Ser zu finden war. Tiefer im Körper des Geschöpfs, wo eigentlich Blut, Knochen und Organe hätten sein sollen, gab es seltsame metallische Fäden, Plättchen und Glaskügelchen und noch mehr von dieser Substanz, aus der die Federn bestanden hatten. Die Krallen und der Schnabel bestanden tatsächlich aus Metall, ebenfalls von einer Art, die Orris nicht kannte. Es war erstaunlich dünn, aber fest und rasiermesserscharf.
    Das Bemerkenswerteste allerdings waren die Augen des Vogels. Er war offensichtlich in der Lage gewesen zu sehen - das war bei dem Angriff deutlich geworden. Dennoch wirkten seine Augen nicht echt. Sie waren beide von Badens Salve aus den Höhlen gerissen worden, oder vielleicht vom Aufprall des Vogels. Orris spähte durch einen Riss in den Kopf des

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