Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
gestaltet, dass sie uns glauben ließen, dass es echte Vögel waren. Aber wenn man die Kunstfertigkeit einmal vergisst, sind sie kaum mehr als ein besonders guter Hammer oder Pflug.«
»Mechanisierung«, wiederholte Jaryd, und das Wort hörte sich irgendwie unangenehm an. »Ich glaube, Mellorsiat ist mir lieber.«
Orris grinste. »Mir auch. Aber du siehst«, fuhr er an Alayna gewandt fort, »dass wir schon etwas über sie wissen.« »Wir wissen, dass sie über Fähigkeiten verfügen, die wir kaum begreifen können«, sagte Alayna ein wenig verzweifelt. »Das ist nicht gerade tröstlich.«
»Aber das ist noch nicht alles«, betonte Orris. »Wir wissen auch, dass sie nicht über Magie verfügen, wie wir sie kennen, und dass es etwas bei uns gibt, was sie dringend brauchen, denn sonst würden sie sich nicht solch komplizierter Intrigen bedienen.«
Alayna starrte ins Feuer und runzelte heftig die Stirn. »Ich nehme an, das ist schon etwas«, sagte sie bedrückt, »aber es kommt mir sehr wenig vor, verglichen mit dem, was sie offensichtlich von uns wissen.«
Wieder hatte sie damit Badens Gedanken Worte verliehen. »Alayna hat Recht«, sagte er so leise, dass er über das Geräusch des Windes hinweg kaum zu vernehmen war. »Sie wissen vom Orden, sie wissen, wie wir uns kleiden, welche Gegenstände und Tiere für uns wichtig sind. Sie haben ihre letzten drei Angriffe so geplant, dass alle Magier, die an der Versammlung teilgenommen haben, dadurch immer noch unter Verdacht geraten könnten. Sie wussten sogar genug, um Federn zurückzulassen.«
»Solches Wissen haben sie zweifellos von Sartol«, sagte Orris.
»Das ist möglich«, stimmte Baden zu. »Dennoch, sie wussten genug über Tobyn-Ser, um ihre Anstrengungen darauf zu konzentrieren, den Ruf des Ordens zu untergraben. Selbst dazu braucht es schon viel größere Kenntnisse über unser Land, als wir über ihres haben.« Er sah Orris an. »Ich komme jetzt mit großer Verspätung zu dem Schluss, dass du vielleicht die ganze Zeit Recht hattest. Die Zeit ist gekommen, dass der Orden das geistige Netz wieder einrichtet. Zum ersten Mal seit vierhundert Jahren gibt es Eindringlinge in Tobyn-Ser. Und wir haben es zugelassen.« Der Falkenmagier erwiderte Badens Blick, und seine Miene war im seltsamen Licht des Feuers und der Cerylle nicht zu deuten. Nach einiger Zeit nickte er.
Jaryd zeigte mit dem Ast, den er immer noch bei sich trug, aufs Feuer - mit dem Ast, der seinen leuchtenden saphirfarbenen Ceryll enthielt. »Was, wenn die anderen nicht der gleichen Ansicht sind?« Unter dem dichten Haar hinweg, das ihm in die Stirn fiel, starrte er seinen Onkel an. »Ich glaube selbstverständlich, was ihr uns erzählt habt, aber was, wenn die anderen es nicht tun? Nach allem, was ich bei der Versammlung gesehen habe, braucht es ziemlich viel, um den Orden dazu zu veranlassen, etwas zu unternehmen. Und dieses einzelne Glasauge wird die trägeren Meister sicher nicht überzeugen. Habt ihr noch etwas anderes?«
Baden griff in seinen Umhang und holte das schwarze Fragment heraus, das sie gefunden hatten, als sie zum Marktplatz zurückgekehrt waren. »Wir haben das hier gefunden«, sagte er und reichte es Jaryd. »Es ist ein Stück des Materials, aus dem die Federn der Vögel bestanden.« Er sah zu, wie die anderen das Stück weiterreichten.
»Das ist anders als alles, was ich je zuvor gesehen habe«, gab Trahn zu, »aber ich bin immer noch der gleichen Ansicht wie Jaryd. Auch ich zweifle nicht daran, dass das, was ihr erzählt habt, der Wahrheit entspricht. Aber für andere ist es vielleicht schwer, sich lebensechte Abbilder von Vögeln und flammenwerfende Waffen vorzustellen, wenn sie nur diese Glasscheibe und dieses Fragment sehen. Es gäbe ziemlich viel, was sie uns einfach nur glauben müssten.« Baden lachte freudlos und warf Orris einen Blick zu. »Ich weiß. Ich zähle auf Jaryds und Alaynas Anwesenheit und auf den Stab, den sie dabeihaben, um diese Kluft zu überbrücken. Wenn wir den Orden von Sartols Schuld überzeugen und sie dazu bringen können, sich anzuhören, was Theron zu sagen hatte, genügen diese Fragmente vielleicht, damit sie auch den Rest der Geschichte glauben.« Er zuckte resigniert die Schultern. »Das hoffe ich zumindest; es ist alles, was wir haben.«
Baden schaute zu den Sternen auf. Leora tanzte am nördlichen Himmel. Er war müde, ebenso vom Gespräch dieses Abends als von seinem Kampf am Abend zuvor und den vielen Tagen, die sie im Sattel verbracht
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