Die Chroniken von Amarid 02 - Der Kristall der Macht
Realität dessen, was dem Orden in den nächsten Tagen drohen würde. Niall freute sich über Sartols Direktheit und seine Offenheit. Sie waren Kameraden in einem Kampf um das Überleben der Magie und des Landes. Sie mussten jetzt handeln, um beides zu retten. Es war einfach nicht der Zeitpunkt für Höflichkeiten.
»Beobachte sie und geh ihnen bis zur Stadtgrenze entgegen«, fuhr Sartol fort. »Sie werden aus dem Süden kommen; ich nehme an, dass sie eine der alten Brücken über den Larian nehmen.« Der Eulenmeister hörte auf, auf und ab zu gehen, und blieb vor Niall stehen. »Du wirst sie in meinem Namen auffordern, sich zu ergeben.« Niall blickte auf. »Aber so etwas wäre zweifellos die Aufgabe des Weisen oder in diesem Fall des vorläufigen Weisen.« Wieder begann Sartol, auf und abzugehen. Selbst jetzt, wo Sartol so angespannt war und über den polierten Holzboden hin und her tigerte, fiel Niall auf, wie beherrscht und elegant sich der andere bewegte. »Ich weiß«, erwiderte der hoch gewachsene Mann. »Aber ich versichere dir, Baden wird alles tun, um sich und seine Verbündeten zu retten. Er hat mich in Wasserbogen angegriffen, und dann hat ausgerechnet er behauptet, ich hätte den Orden verraten, und das vor den Stadtbewohnern! Er wird dasselbe tun, wenn er mich an der Brücke sieht. Die Angriffe auf Tobyn-Ser haben dem Vertrauen der Bevölkerung zum Orden bereits großen Schaden zugefügt. Jetzt den Menschen öffentlich vorzuführen, wie Baden und ich uns gegenseitig bezichtigen, würde alles nur noch schlimmer machen. Verstehst du das? Meine Anwesenheit dort würde nichts nützen, könnte aber viel schaden.«
Niall nickte. Es kam ihm alles vollkommen logisch vor. »Ich werde selbstverständlich tun, was du vorgeschlagen hast«, sagte er. »Vielleicht sollte ich den Wachtmeister mitnehmen.«
»Eine gute Idee. Du kannst auch zwei oder drei Diener der Halle mitnehmen, wenn du willst. Du solltest Orris' Ceryll konfiszieren und die beiden dann zu einem Gasthaus bringen und sie in getrennte Zimmer stecken, bis die Verhandlung beginnt. Und stell andere Magier vor ihren Zimmern als Wachen auf.«
»Erwartest du, dass sie Widerstand leisten?«
Sartol zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, was sie tun werden, also sollten wir auf alles vorbereitet sein.«
Dann ging der dunkelhaarige Eulenmeister erneut auf und ab. Als er zum zweiten Mal stehen blieb, holte er tief Luft, als müsse er sich gegen etwas wappnen. »Es gibt noch etwas, worum ich dich bitten muss«, begann er, »etwas noch Ungewöhnlicheres, vielleicht sogar Geschmackloses.«
Er ließ sich in den Sessel sinken, der neben dem von Niall stand. »Wenn du es nicht tun möchtest, hätte ich durchaus Verständnis dafür. Aber ich bin es mir schuldig, dich zu bitten, bevor ich mich an einen anderen wende.« Sartol zögerte und befeuchtete die Lippen, bevor er fortfuhr. »Wie ich schon gestern sagte, Niall, sind Verschwörungen gefährlich. Wir müssen uns vor unserer eigenen Neigung zu irrationaler Angst schützen. Aber gleichzeitig können wir die Tatsachen nicht abstreiten: Baden und Orris haben sich zusammengetan, um den Orden zu verraten und dieses Land in Gefahr gebracht. Und es mag durchaus sein, dass die Verschwörung nicht nur aus diesen beiden besteht. Sie arbeiten vielleicht mit anderen zusammen, von denen wir nichts wissen. Wenn das der Fall ist, müssen wir erfahren, wer diese anderen Verräter sind.«
»Du willst, dass ich ein Auge auf sie halte und herausfinde, wer sonst noch in die Sache verwickelt ist.« Sartol zögerte und sah Niall direkt in die Augen. Dann nickte er schließlich. »Das ist es. Wie ich schon sagte«, fügte er sofort hinzu, »wenn dir dabei nicht wohl ist, habe ich dafür volles Verständnis.«
Niall fand den Gedanken tatsächlich unangenehm, aber er begriff auch, dass Sartol Recht hatte. Und diese Logik besiegte schließlich sein persönliches Unbehagen. »Was genau soll ich tun?«, fragte er, und er war bewegt, als er sah, wie erleichtert der jüngere Eulenmeister über diese Worte zu sein schien.
Sartol lächelte und legte eine Hand auf Nialls Schulter. »Das sollte eigentlich ganz einfach sein. Aus der Ferne, vielleicht von einer Stelle aus, wo man dich nicht bemerken wird, solltest du Ausschau halten, wer sie besucht. Ich erwarte nicht, dass es viele sind - vielleicht überhaupt niemand. Aber falls jemand zu ihnen kommen sollte, dann solltest du diesen Personen folgen. Finde heraus, ob sie ihrerseits mit
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