Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Titel: Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
Vom Netzwerk:
sich daran zu gewöhnen. Als er schließlich wieder richtig sehen konnte, erkannte er, dass sie sich in einer Gasse zwischen zwei großen Gebäuden befanden. Die Straße war nass, aber es regnete nicht mehr. Gwilym bemerkte, dass die Gasse derjenigen aus seinem Traum sehr ähnlich sah. Zu ähnlich. Er seufzte. Sein Führer erklärte, dass sie noch nicht einmal im richtigen Bezirk waren, und schon hatte er eine Gasse gefunden, die den wenigen Einzelheiten entsprach, an die er sich aus seiner Vision erinnerte. Die Frau hatte Recht gehabt: Aufgrund dessen, was er gesehen hatte, würden sie die richtige Stelle niemals finden können. Bring mich einfach raus auf die Straße, hatte er gesagt. Die Götter werden sich schon um den Rest kümmern. Er hatte es tatsächlich geglaubt, als er diese Worte ausgesprochen hatte, aber nun kamen sie ihm arrogant und dumm vor. »Steig ein«, sagte der Mann und öffnete die Türen eines kleinen, schäbigen Transporters. Gwilym eilte hinter ihm her und versuchte, sein Misstrauen zu verbergen, als er das Fahrzeug näher betrachtete.
    Aber so heruntergekommen er aussah, der Transporter setzte sich sofort in Bewegung, und noch bevor Gwilym die Tür richtig hinter sich geschlossen hatte, waren sie schon auf dem Weg zur nächstgrößeren Straße. Von dort aus fuhren sie auf eine Straße auf Pfeilern, die der Führer »die Höhe« nannte und die ihnen gestatten würde, das Südostende des Einundzwanzigsten Bezirks in einem Bruchteil der Zeit zu erreichen, die es gebraucht hätte, wenn sie durch die einzelnen Blocks gefahren wären.
    Von der Höhe aus hatte man einen erstaunlichen Blick auf das Nal. Gwilym konnte die präzise Symmetrie und geisttötende Gleichheit der Blocks erkennen, die sich endlos in alle Richtungen erstreckten. Als er aufblickte, bemerkte er auch, wie nahe sie den dichten braunen Wolken waren, die ununterbrochen über dem Nal hingen. Sie erinnerten ihn an die schweren grauen Sturmwolken, die sich im Winter auf das Dhaalmargebirge herabsenkten. Er lächelte traurig in sich hinein und fragte sich, wieso ausgerechnet diese Masse schmutziger Luft der Aspekt des Nal sein sollte, der ihm noch am vertrautesten vorkam.
    Sie blieben länger als eine Stunde auf der Höhe, bis sie weit im Süden eine breite, schlammige Ebene erkennen konnten.
    »Das ist der Schutzsumpf«, sagte sein Führer, als Gwilym danach fragte. »Wir sind nun schon über dem Einundzwanzigsten, aber ich möchte uns noch ein wenig näher zum Rand des Nal bringen, bevor ich von der Höhe abbiege.« Gwilym nickte, aber er hörte dem Mann eigentlich nicht mehr genau zu. Sein Herz hatte angefangen, laut zu schlagen - nicht schneller als üblich, aber lauter, als müsse es sich mehr anstrengen, weil sein Blut dicker geworden war. Es fiel ihm schwer, den Blick auf etwas zu konzentrieren, und er fragte sich einen Moment, ob er wohl krank war. Aber er wusste es besser. Denn obwohl sein Blick getrübt war, schienen seine übrigen Sinne viel schärfer geworden zu sein. Irgendwie wusste er, dass der blonde Zauberer hier war, ganz in der Nähe, und sich durch das Gitterwerk von Straßen und Häusern bewegte, das unter ihnen lag. Und trotz der Anspannung in seiner Brust, trotz der plötzlichen Trockenheit in seiner Kehle musste Gwilym lächeln. Offenbar standen ihm die Götter immer noch bei.
    »Wir brauchen nicht mehr viel weiter zu fahren«, sagte Gwilym leise, während er immer noch aus dem Fenster starrte. Er spürte, wie der Transporter langsamer wurde.
    »Was sagst du da?«, fragte der Mann.
    Auch ohne sich umzudrehen wusste Gwilym, dass sein Führer ihn anstarrte. »Er ist ganz in der Nähe«, sagte Gwilym. »Wir müssen bald zu dieser Gasse kommen.« »Wer ist in der Nähe?«, wollte der Mann wissen. »Woher weißt du das auf einmal?«
    Gwilym sah ihn an. »Ich weiß es einfach. Der Mann, um dessentwillen ich hergekommen bin, ist da unten im Nal. Wir müssen von der Höhe herunter.« Er hatte seine Stimme nicht erhoben, aber etwas in seiner Haltung schien sich dem Mann zu vermitteln, denn er nickte und lenkte bei der nächsten Gelegenheit den Transporter von der Höhe herunter und auf die Blocks zu.
    Am Ende der Abfahrt hielt der Mann den Transporter an und wandte sich an Gwilym. »Welche Richtung, Steinträger?«
    Wieder lächelte Gwilym innerlich. Zum ersten Mal an diesem Tag hatte der Mann ihn mit einer gewissen Hochachtung angesprochen. »Hier entlang«, antwortete Gwilym und zeigte in die entsprechende Richtung.

Weitere Kostenlose Bücher