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Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Titel: Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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Bragor-Nals Lebensmittelzufuhr unterbrechen und uns erobern wollen. Oder einer der anderen Oberlords könnte versuchen, den Hof als Druckmittel zu benutzen, um sich größere Macht oder mehr Land zu verschaffen.«
    »Würdest du so etwas tun?«
    »Nein«, hatte ihr Vater geantwortet und lächelnd den Kopf geschüttelt. »Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe.« Er hatte ihr einen Kuss auf die Stirn gedrückt, die Decke zurechtgezupft und ihr Gute Nacht gesagt. Dann hatte er noch erwähnt, dass er früh am nächsten Tag eine Besprechung hatte, aber zum Abendessen mit ihr wieder da sein würde. Sie hatte ihn nie wieder gesehen. Am nächsten Morgen hatte die Bombe eines Attentäters den Transporter ihres Vaters zerfetzt, ihren Vater sofort getötet und den Mann, der den Attentäter bezahlt hatte, zum Oberlord gemacht. Dieser Mann starb dann mehrere Jahre später auf ganz ähnliche Weise als Opfer eines Attentäters, den Cedrych angeheuert hatte, der danach seinerseits Oberlord wurde. Melyor war nach dem Tod ihres Vaters zu dessen Schwester gezogen, die in einem anderen Teil des Nal lebte. Melyors Mutter war bei einem fehlgeschlagenen Attentatsversuch auf ihren Mann umgekommen, als Melyor noch sehr klein gewesen war, und so war diese Tante Melyors nächste überlebende Verwandte gewesen.
    So ging es in Bragor-Nal nun einmal zu, dachte Melyor, als sie durch die rauchfarbenen Fenster ihres Transporters auf die Glastürme des Hofs hinausschaute. Hier war sie - eine Frau, die Attentäter zu einer Waisen gemacht hatten, auf dem Weg zu einem Mann, der durch Attentate aufgestiegen war, um darüber zu sprechen, dass sie selbst am Abend zuvor ein Attentat auf einen Rivalen verübt hatte. Zu anderen Zeiten, unter anderen Umständen, wäre ihr die Situation erheiternd vorgekommen.
    Sie warf einen Blick auf den Zeitanzeiger, der über dem Fenster angebracht war. Es war über eine halbe Stunde her, seit sie mit Cedrychs Gardisten gesprochen hatte, und es würde noch mindestens eine weitere halbe Stunde dauern, bis sie den Palast des Oberlords erreichen würden, selbst auf der Höhe. Cedrychs Bezirk, der Erste, grenzte im Süden an den ihren, und Melyors Wohnung lag auch im südlichen Teil des Vierten, aber Bragor-Nal war riesig, und sie mussten an diesem Morgen eine beträchtliche Entfernung zurücklegen. Sie spürte, wie ihr Pulsschlag sich abermals beschleunigte; Cedrych war nicht gerade für seine Geduld bekannt.
    »Es ist immer noch früh«, versuchte Jibb, der offenbar ihre Nervosität bemerkt hatte, sie zu beruhigen. »Und Cedrych weiß, wie lange es dauert, um von deinem Bezirk zu seinem zu gelangen.«
    Melyor nickte und versuchte zu lächeln, dann schaute sie wieder aus dem Fenster. Das ist es, was ich wollte, sagte sie sich wieder einmal und kam sich vor wie eine Geistliche, die ihre Litanei wiederholte.
    Die Fahrt zur Wohnung des Oberlords kam Melyor endlos vor, und als die beiden Transporter endlich vor dem beeindruckenden Marmorgebäude mit seinen verspiegelten Fenstern, Stahltüren und kunstvoll gemeißelten Ziersimsen stehen blieben, warf sie sich beinahe aus dem Fahrzeug und hastete auf den Eingang des Gebäudes zu. Jibb und seine Männer beeilten sich, um mit ihr Schritt zu halten, aber das war nicht notwendig. Einer von Cedrychs Gardisten hielt sie am Ende der Marmortreppe auf.
    »Nal-Lord«, grüßte er. »Er erwartet dich. Ich kann allerdings nur drei Männern von deiner Truppe Zugang gewähren; die anderen werden hier draußen warten müssen.« »Selbstverständlich«, erwiderte Melyor. »Daran hätte ich denken sollen.«
    Sie warf einen Blick zurück zu Jibb und nickte ihm zu. Jibb sprach leise mit den anderen Männern. Einen Augenblick später kehrte er zurück, nickte ebenfalls, und sie wandte sich wieder dem Gardisten zu. »Wir sind bereit.«
    Cedrychs Mann sprach in einen Transmitter, den er an der Schulter seiner schwarzen Uniform trug. Sofort öffnete sich die polierte Metalltür mit einem leisen Klicken. Der Mann schob sie auf und winkte Melyor hinein. Der Nal-Lord holte tief Luft und ging nach drinnen. Jibb folgte, zusammen mit den beiden Männern, die in Melyors Transporter mitgefahren waren. Drinnen wurden die vier von einem Kontingent von sechs Gardisten erwartet, die sie zu einem geräumigen Heber führten, der innen geschmackvoll mit Messing, Spiegeln und dunklem Holz dekoriert war. Einer von Cedrychs Männern berührte einen unbeschrifteten roten Kreis ganz oben auf der Schalttafel des Hebers.

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