Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
beeinträchtigt hätte, aber es genügte, ihm die Scharfsicht und Klarheit zu geben, von denen er in diesen Augenblicken so abhing. »Behaltet sie im Auge«, befahl er seinen Leuten. »Es wird jetzt nicht mehr lange dauern.«
Gwilym starrte aus dem Fenster des Transporters die Gebäude des Nal und die weit entfernten Berge an und spürte die Last des Schweigens, das zwischen Orris und Melyor herrschte. Er war enttäuscht und ungeduldig und ein bisschen verzweifelt. Er war immer noch sicher, dass der Zauberer die letzte Hoffnung war, um die Verfolgung seiner Leute zu beenden. Und in den vergangenen paar Tagen war er zu der Ansicht gelangt, dass auch diese seltsame schöne Frau einen Platz in der Zukunft der Gildriiten hatte. Er hatte keine Ahnung, welche Rolle sie spielen würde, aber er war der Steinträger, und er hatte gelernt, sich in solchen Angelegenheiten auf seinen Instinkt zu verlassen. Aber ganz gleich, wie seine beiden Begleiter bei der Rettung der Gildriiten helfen würden, für die er sein altes Leben und die Frau, die er liebte, zurückgelassen hatte - er wusste, sie würden nichts erreichen, wenn sie nicht zusammenarbeiten konnten.
Sehr zum Unbehagen des Steinträgers gab es wenig Anzeichen, dass sie dazu in der Lage waren. Jedes Mal, wenn Gwilym glaubte, der Zauberer und der Nal-Lord stünden kurz vor einer Einigung, geschah etwas, um sie wieder auseinander zu treiben. Nach ihrem Gespräch im Transporter am vergangenen Abend, als Melyor zugegeben hatte, Teil einer Verschwörung zu sein, deren Ziel es war, Tobyn-Ser zu erobern, war Gwilym überzeugt, dass sie schließlich all ihre Geheimnisse offenbart hatte. Wenn die beiden nach einer solchen Enthüllung weiter miteinander sprechen konnten, dann gab es doch sicher nichts, was ihre Beziehung noch verschlimmern würde.
Aber er hatte sich geirrt. Und das wusste er, sobald sie die Wohnung von Melyors Leibwächter erreichten und begriffen, wer dieser Jibb war, von dem sie gesprochen hatte. Orris hatte Jibb ebenfalls sofort als den Anführer der Männer erkannt, die ihn in der Gasse angegriffen hatten. Das wurde deutlich an dem zornigen Blitzen in den Augen des Zauberers und an der Art, wie er sofort eine Kampfstellung einnahm und mit seinem Stab auf das Herz des Leibwächters zielte. Selbst der Vogel des Zauberers schien zu wissen, wer Jibb war, wenn man nach dem schrillen Krächzen ging, das der Falke beim Anblick des Mannes ausstieß.
Gwilym sah zu, wie Orris und Jibb einander misstrauisch anstarrten, er hörte den flehentlichen Ton von Melyors Stimme, als sie mit dem Zauberer in seiner eigenen Sprache sprach, und er wusste nicht, wer von beiden dümmer war. Wenn man bedachte, was Melyor vor kurzem gestanden hatte, hätte es Orris nicht überraschen sollen, dass sie die Männer, die versucht hatten, ihn zu töten, kannte und ihnen vertraute. Aber wenn man bedachte, wie schwer es für Melyor gewesen war, das Vertrauen des Zauberers zu gewinnen, hätte sie sie wirklich nicht unbedingt in diese Wohnung bringen sollen. In diesem Augenblick war Gwilym versucht gewesen, einfach aufzugeben. Den beiden war nicht mehr zu helfen. Und dennoch, er brauchte sie ebenso, wie sie ihn brauchten. Also hatte er den ersten Schritt getan, um so etwas wie einen Waffenstillstand im Wohnzimmer des Leibwächters herbeizuführen. Er war auf Jibb zugegangen und hatte die Hand ausgestreckt. Nach einem kurzen Zögern und einem raschen Blick zu Melyor, als wollte er sich überzeugen, dass er auch wirklich alles richtig machte, hatte Jibb lächelnd Gwilyms Hand ergriffen. Widerstrebend war Orris dem Beispiel des Steinträgers gefolgt, aber er hatte sich den Rest des Abends geweigert, irgendetwas zu sagen, außer dass er Melyor hin und wieder bat, Gwilym etwas zu übersetzen. Die Spannung zwischen den beiden hatte auch den Morgen über angehalten, selbst nachdem sie Jibbs Zuhause verlassen und die Transporter gewechselt hatten. Sie fuhren nun, soweit Gwilym sehen konnte, auf die Berge zu, die im Norden aufragten und durch den braunen Dunst, der über dem Nal hing, kaum zu erkennen waren. Irgendwie war es Orris und Melyor zumindest gelungen, sich darauf zu einigen. Aber ansonsten hatten sie wenig gesprochen, und es blieb Gwilym überlassen, so gut wie möglich mit dem mürrischen Schweigen der beiden zurechtzukommen, während er allein auf der Rückbank des Transporters saß.
»Wohin fahren wir?«, fragte der Steinträger schließlich, obwohl er glaubte, die Antwort bereits zu
Weitere Kostenlose Bücher