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Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes

Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes

Titel: Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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Orris, dass er Melyor zwar nicht direkt ansah, sich aber all ihrer Gesten und Blicke sehr wohl bewusst war. »Und was ist mit dir?«, fragte sie abrupt und blickte einen Moment zum Himmel auf, als wollte sie sehen, wo die Sonne stand.
    »Was ist mit mir?«
    »Hast du Verwandte? Eine Frau? Kinder?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Da bin ich dir ganz ähnlich. Ich war das einzige Kind. Mein Vater wurde krank und starb, als ich noch klein war, und meine Mutter ist vor ein paar Jahren gestorben, ebenfalls an einer Krankheit.« »Keine Frau?«
    »Nein.«
    »Freunde?«
    »Ein paar«, sagte er und dachte an Jaryd, Alayna und Trahn und seltsamerweise auch an Baden.
    »Nun«, meinte sie, »vielleicht sind unsere Länder doch nicht so verschieden.«
    »Nein, erwiderte Orris. »Unsere Länder sind sehr verschieden. Nur du und ich sind einander ähnlich.«
    Sie legten am Nachmittag eine kurze Rast ein und aßen ihre letzten Vorräte, dann machten sie sich wieder auf den Weg. Ein paar Stunden später erreichten sie das Ende des Vorgebirges und standen am Rand einer weiten, unfruchtbaren Ebene, auf der es Flecken niedrigen, trockenen Grases und ein paar dürre Büsche gab. Die Sonne hing tief am westlichen Himmel, riesig und orangefarben, wenn auch zum Teil von dem braunen Dunst verdeckt; das Nal, das von einer hohen Metallmauer umgeben war, ragte vor ihnen auf. Wie Gwilym schon gesagt hatte, würden sie beim letzten Abschnitt ihres Weges ohne jegliche Deckung sein und daher warten müssen, bis es dunkel war.
    Als Orris Oerella-Nal aus dieser Entfernung sah, erkannte er, dass es Bragor-Nal weniger ähnlich war, als er zunächst angenommen hatte. Ja, die Luft war schmutzig, aber nicht so schmutzig. Er hatte nie gesehen, dass das Sonnenlicht durch den Dunst über Bragor-Nal gedrungen wäre, aber hier glitzerte das Licht der untergehenden Sonne auf dem Stahl und dem Glas der Gebäude und gab der riesigen Stadt etwas Schimmerndes, das Bragor-Nal gefehlt hatte. Wie Bragor-Nal gab es auch hier eine erhöhte Straße, aber diese hier schimmerte im Sonnenlicht wie ein weißer Knochen. Über der Straße bemerkte Orris ein Objekt, das sich rasch über den Himmel bewegte. Es erinnerte ihn ein wenig an Melyors Transporter, aber es hatte Arme wie ein Mensch, und an den Enden, wo die Hände gewesen wären, wirbelnde Klingen, die sich so schnell drehten, dass man sie nur verschwommen sehen konnte. Das Objekt war rot, und es reflektierte das Sonnenlicht wie ein Spiegel. Wie alles andere, was Orris sah, wirkte es sauber und gepflegt. Vielleicht war dieses Nal ja tatsächlich besser als Bragor-Nal. Orris mochte über den Anblick des Nal erleichtert sein, aber Anizir war es nicht. Sie gab abermals dieses jämmerliche Geräusch von sich, und dann sandte sie Orris ein Bild des Orts, an dem sie sich aneinander gebunden hatten, vom felsigen Strand des Unteren Horns, wie sie es schon mehrmals in den letzten Tagen gemacht hatte, wenn sie fürchtete, dass ihre Zeit in den Bergen zu Ende gehen würde. Ganz ruhig, sendete er. Deshalb sind wir hergekommen. Wir haben hier eine Aufgabe.
    Der Magier hörte, wie Gwilym leise mit Melyor sprach, und einen Augenblick später legte die Frau sanft eine Hand auf Orris' Schulter.
    »Der Steinträger sagt, du sollst dir keine Gedanken machen«, erklärte sie. »Dieses Nal ist nicht so schlimm wie Bragor-Nal. Und er erinnert sich daran, hier Vögel gesehen zu haben. Graue, wie sie sie in Bragor-Nal gefressen hat.« »Danke«, antwortete Orris. Und dann sah er Gwilym an und bedankte sich bei dem Mann in Gwilyms eigener Sprache, was sowohl den Steinträger als auch Melyor lächeln ließ. Sie hatten nichts mehr zu essen, also setzten sie sich einfach unter die letzten niedrigen Bäume der Bergausläufer, wo sie vor allen Beobachtern, die die Ebene überwachten, verborgen waren, und warteten auf den Anbruch der Dunkelheit. Sie sprachen wenig, und trotz Gwilyms tröstlicher Bemerkungen über Oerella-Nal spürte Orris, dass sie alle drei nervös waren. Wenn sie die Herrscherin von Oerella- Nal nicht auf ihre Seite ziehen konnten, würden ihnen nicht mehr viele Möglichkeiten offen bleiben. Selbst wenn sie sicher nach Bragor-Nal zurückgelangen sollten, hätten sie dort kaum eine Hoffnung, Cedrych aufzuhalten, wenn der Herrscherrat ihnen nicht half. Sehr wahrscheinlich, schloss Orris, war dies seine letzte Chance, einen neuen Angriff auf Tobyn-Ser zu verhindern. Und obwohl er nicht wusste, was es brauchte, um die

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