Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
ein Dummkopf«, sagte Shivohn verächtlich. »Aber er ist schlau genug, um zu wissen, dass er besser dran ist, wenn er erlaubt, dass Bragor-Nal Tobyn-Ser einnimmt, als dass er Durell dazu provoziert, Stib-Nal zu erobern. Ich fürchte, von ihm könnt ihr keine Hilfe erwarten.« Wieder schüttelte sie den Kopf und sagte noch einmal: »Es tut mir Leid.«
Angespanntes Schweigen breitete sich aus, und es wurde zur allgemeinen Überraschung schließlich vom Steinträger gebrochen, der kein Wort gesagt hatte, seit sie den Palast betreten hatten. »Verzeih, Herrscherin«, begann er ehrfurchtsvoll. »Ich habe nur wenig von dem verstanden, was ihr hier besprochen habt, aber es scheint mir klar zu sein, dass du uns - aus welchem Grund auch immer - deine Hilfe verweigerst.«
Die Herrscherin nickte. »Ja, Steinträger. Das habe ich leider getan.« »Warum hast du uns dann herbringen lassen?«, fragte Gwilym. »Wieso verschwendest du unsere und deine Zeit?« Shivohn starrte ihn an, und für einen Augenblick glaubte Melyor, Gwilym hätte die Herrscherin verärgert. Aber dann lächelte Shivohn traurig. »Ich habe von einer Legatin, auf die ich mich verlassen kann, gehört, dass ihre Männer drei Fremde in den unterirdischen Gängen am Rand des Nal gefangen genommen haben. Einer war ein Steinträger, der andere scheinbar ein Zauberer aus Tobyn-Ser. Und die dritte war eine Frau aus Bragor-Nal, die eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit einem berüchtigten Nal-Lord aufwies. Wie hätte ich euch nicht herholen können?« Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß, das ist keine besonders gute Antwort, aber es ist die Wahrheit.«
»Und was hast du jetzt mit uns vor?«, wollte der Steinträger wissen.
»Ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Wir haben dein Nal verbotenerweise betreten. Melyor ist, wie du sagst, ein berüchtigter Nal-Lord aus einem Nal, das du als feindselig betrachtest. Darüber hinaus ist sie Gildriitin, ich bin Gildriite, und Oerella-Nal ist zwar nicht so schlimm wie seine Nachbarstädte, war aber auch niemals sonderlich freundlich zu meinen Leuten. Und Orris ist ein Fremder in einem Land, das bisher wenig Toleranz für Fremde an den Tag gelegt hat. Also frage ich dich noch einmal: Was hast du mit uns vor?«
»Ich werde euch als Ehrengäste der Matriarchie betrachten«, antwortete die Herrscherin, ohne zu zögern. »Ihr seid willkommen, so lange in Oerella-Nal zu bleiben, wie ihr möchtet. Ich werde euch Zimmer hier im Palast geben. Und ihr seid frei zu gehen, wohin ihr wollt.« »Du solltest wissen, dass uns vielleicht Attentäter gefolgt sind«, sagte Melyor. »Man hat versucht, uns umzubringen, kurz bevor wir Bragor-Nal verließen, und wir glauben, dass man uns auch über das Gebirge verfolgt hat.«
Shivohn nickte. »Ich habe so etwas schon von Wiercia gehört. Ihr habt es gegenüber ihren Leuten erwähnt, glaube ich«, fügte sie hinzu und zog die Brauen hoch, »gleich nachdem ihr euch als Gäste der Herrscherin ausgegeben habt.« Melyor spürte, wie sie rot wurde. »Es tut mir Leid, Herrscherin. Es kam mir zu diesem Zeitpunkt notwendig vor.« Shivohn lächelte spöttisch und ging zu einem kleinen Schreibtisch in einer Ecke des Zimmers, wo sie auf einen Knopf an der Wand drückte. »Ich werde euch einen meiner Leibwächter und ein paar Männer von meiner Sicherheitstruppe zur Verfügung stellen. Das sollte genügen.« »Können wir auch unsere Waffen zurückbekommen? Meinen Werfer und das Messer? Orris' Messer und die Stäbe?« Shivohn antwortete nicht. Es klopfte an einer kleinen Tür neben dem Schreibtisch, und ein junger Mann mit dunklem Haar und schlankem, muskulösem Körperbau kam herein. »Du hast gerufen, Herrscherin?«, sagte er und verbeugte sich vor ihr.
»Ja, Iwan. Ich möchte, dass du dich um meine Gäste kümmerst. Sorge dafür, dass sie alles erhalten, was sie brauchen, und begleite sie auf ihren Wegen. Nimm Sicherheitsleute mit - wir haben Grund anzunehmen, dass man ihnen aus Bragor-Nal gefolgt ist.«
»Ja, Herrscherin.«
Shivohn warf Melyor einen grimmigen Blick zu. »Und bring ihnen ihre Waffen, Iwan. Sie können sie vielleicht brauchen.« »Sehr wohl, Herrscherin.« Dann war der Mann auch schon wieder verschwunden.
»Normalerweise würde ich das nicht erlauben, Melyor, nicht jemandem mit deinem Ruf. Aber unter diesen Umständen beuge ich mich deinen Wünschen.«
Melyor nickte. »Ich verstehe, Herrscherin. Danke.«
»Du solltest allerdings wissen«, fuhr Shivohn streng fort, als hätte sie
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