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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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Jahrzehnte vor dem Tod dieses Mannes hatte er sich hier an seinen ersten Falken gebunden. So war es gekommen, dass dieses Land nun am Tag dem Wind gehörte und nachts Sartols Geist.
    »Bist du sicher, dass dies der richtige Ort ist?«, fragte Tammen.
    Nodin schüttelte den Kopf. »Nein, das bin ich nicht. Ich habe nie behauptet, viel über Sartol zu wissen. Ich dachte, du wüsstest es.«
    Sie kniff die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen, schwieg aber.
    So war es schon den ganzen Tag gewesen. Es kam Nodin beinahe so vor, als hätten die Ereignisse des vergangenen Abends nie stattgefunden, als hätte er das alles nur geträumt. Nur dass die Erinnerung daran, wie sie sich geliebt hatten, viel zu lebendig für eine Vision war. Er spürte immer noch ihre Lippen auf seinen, er konnte immer noch den Geschmack ihrer Haut schmecken und sehen, wie ihr Gesicht im Feuerlicht ausgesehen hatte, die geschlossenen Augen, der geöffnete Mund, als seine Lippen über ihren Körper glitten. Der Rhythmus ihrer Bewegungen war an diesem Tag ebenso Teil von ihm gewesen wie sein Herzschlag und sein Atem. Ja, es war ein Traum gewesen, aber ein Wachtraum. Es war tatsächlich geschehen.
    Sie benutzte ihn nur. Er wusste es. Sie brauchte ihn - sie hatte Angst, sich Sartol allein zu stellen. Deshalb hatte sie ihm gestattet, sie zu lieben, nicht weil ihre Gefühle sich verändert hätten. Er war zu klug, sie nicht zu durchschauen, und selbst wenn er dümmer gewesen wäre, hätte Henryk, der sich ihnen schließlich doch wieder angeschlossen hatte, ihn rasch darauf hingewiesen, bevor er in die Nacht davonging, um sie allein zu lassen. Aber wenn dies die einzige Möglichkeit für ihn war, sie zu haben, dann sollte es eben so sein. Er hatte es sich lange genug verweigert. Vielleicht würde sie im Laufe der Zeit lernen, ihn zu lieben, wie er sie liebte. »Es weiß also keiner von euch, ob das hier der richtige Ort ist?«, fragte Henryk ungeduldig und angewidert, so wie er beinahe jeden Tag seit Prannai geklungen hatte.
    »Es ist der richtige Ort«, sagte Nodin leise. Er zeigte auf die verlassenen Bauernhäuser. »Sieh dich doch um. Die Leute, die hier gewohnt haben, wurden nicht vom Wetter vertrieben.« Er warf Tammen einen Blick zu. »Bist du immer noch sicher, dass du das tun willst?«
    Sie nickte, obwohl er bemerkte, dass sie die Arme verschränkt hatte, als wäre ihr kalt.
    »Also gut. Dann entzünden wir ein Feuer und essen etwas. Die Sonne wird bald untergehen.«
    Weder ihre Mahlzeit noch ihr Feuer halfen sonderlich. Sie hatten nicht viel Hunger, und bei dem wenigen Holz, das man auf der Ebene fand, mussten sie sich damit zufrieden geben, ein paar Bretter von den verfallenen Zäunen in der Nähe zu verbrennen. Sie hatten kurz daran gedacht, Holz von einem der verlassenen Häuser zu nehmen, aber Henryk hatte sich dagegen ausgesprochen.
    »Ich weiß, dass sie wahrscheinlich nicht zurückkommen werden«, erklärte der dunkelhaarige Magier. »Aber es wäre einfach falsch.«
    Tammen erklärte, Henryk sei ein Idiot, aber Nodin stimmte ihm zu. Sie ließen die Häuser in Ruhe.
    Dann saßen die drei Magier in nervösem Schweigen an ihrem Feuer und sahen zu, wie die Sonne hinter den Bergen verschwand und die Sterne über ihnen an einem tief dunkelblauen Himmel zu leuchten begannen.
    »Was wollen wir ihm sagen?«, fragte Nodin schließlich. Tammen zuckte die Achseln. »Das Gleiche, was wir zu Peredur gesagt haben.«
    Henryk schüttelte den Kopf und lachte schrill. »Genau. Immerhin hat es schon beim ersten Mal so gut funktioniert.« »Das hatte nichts mit dem zu tun, was wir gesagt haben«, erwiderte Tammen. »Er hätte uns ohnehin nicht geholfen. Er war Erster der Eulenweisen des Ordens, als er getötet wurde. Er hätte jede Hilfe, die er uns geben könnte, als Verrat am Orden betrachtet.« Sie fuhr sich durch das hellbraune Haar und verzog verärgert den Mund. »Er war einfach eine schlechte Wahl.«
    »Nein«, sagte Henryk. »Das hier ist eine schlechte Wahl. Wir sollten nicht hier sein. Ich glaube, wir befinden uns in großer Gefahr.«
    »Wir sind das doch alles schon durchgegangen«, sagte Tammen. »Wenn du nicht hier bleiben willst, dann geh. Aber ich möchte nicht mehr darüber sprechen.«
    Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde Henryk tatsächlich gehen, aber dann seufzte er tief und warf das letzte Zaunbrett aufs Feuer.
    Nodin schaute nach Westen, wo die letzten Reste des Tageslichts immer noch orangefarben schimmerten wie Kohlen in

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