Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise
Zimmer. Und denkt ein bisschen schneller, Jungs. Wir brauchen einen Plan.«
Das Warten kam Marar unendlich lange vor, obwohl er inzwischen eigentlich daran gewöhnt sein sollte. Premel hatte sich in der letzten Zeit immer erst mit einiger Verspätung auf seinen Ruf gemeldet. Das sagte ihm überhaupt nicht zu. Er würde dem Mann deutlich machen müssen, dass zweifellos auch ein anderes Mitglied von Melyors Sicherheitskräften daran interessiert wäre, sich so viel Gold zu verdienen, selbst wenn es Premel nicht mehr reizen sollte.
Der Herrscher war sich inzwischen darüber im Klaren, dass Premels Widerspenstigkeit begonnen hatte, als er ihn angewiesen hatte, Jibb zu töten. Offenbar fühlte sich Premel der Aufgabe nicht gewachsen. Vielleicht würde er angesichts seines Versagens, Melyor beim ersten Versuch zu töten, auch nicht im Stande sein, sich um die Gildriitin zu kümmern. Marar war so erfreut gewesen, dass es ihm gelungen war, Jibbs Stellvertreter zu rekrutieren, dass er sich nie gefragt hatte, ob Premel der richtige Mann für diese Aufgabe war. Der Gardist hatte das Gold nur zu gern genommen, und er hatte immer wie jemand gewirkt, der Melyor zutiefst ablehnte. Andererseits hatte Premel seit mehr als zehn Jahren zu Jibbs Sicherheitsteam gehört. In so langer Zeit baute man zweifellos ein gewisses Maß an Loyalität auf, vielleicht mehr, als selbst Gold ausradieren konnte.
Es war enttäuschend, weil Marars Pläne in anderer Hinsicht recht gut verliefen. Er hatte seit dem Abend der Ratssitzung noch zweimal mit Wiercia gesprochen, und obwohl die Herrscherin von Oerella-Nal sich noch zu keinem Bündnis verpflichtet hatte, hatte sie sich doch recht interessiert an der Idee gezeigt. Und sie legte keine Anzeichen an den Tag, sich wieder an Melyor wenden zu wollen. Wenn man dann noch hinzufügte, dass der Sicherheitsmann aus Oerella- Nal, den er rekrutiert hatte, sehr aufmerksam war - immerhin hatte er Vorsorgen wollen, falls sich Wiercia in der Zukunft als nicht umgänglich erwies - und er zusätzlich gerade von Gregor die letzten Berichte über Goldlieferungen aus Tobyn-Ser erhalten hatte, konnte Marar sein Entzücken wirklich kaum bremsen. Das einzige Problem war Premel.
Wie als Reaktion auf diesen letzten Gedanken erwachte Marars Sprechschirm plötzlich zum Leben und zeigte das Gesicht des Gardisten. Der Mann sah noch bleicher aus als sonst. Ein nervöser Blick lag in seinen grauen Augen, und er wirkte überraschend jung und verwundbar, als wäre der große Goldreif in seinem linken Ohr nur ein Witz. Irgendetwas war geschehen.
»Du hast mich gerufen, Herrscher?«, sagte er.
»Ja, und zwar schon vor einiger Zeit«, erwiderte Marar ungeduldig.
»Ja. Ich ... es tut mir Leid. Es war nicht einfach, mich loszureißen.«
»Premel, ich frage mich wirklich, ob du immer noch der richtige Mann für diese Aufgabe bist. Sollte ich mich nach jemand anderem umsehen, der mir hilft?«
Der Mann schüttelte den Kopf und schluckte. »Nein, Herrscher. Es ist alles in Ordnung. Alles ist in Ordnung.« »Gut. Ich hoffe, dass ich nicht wieder warten muss, wenn ich das nächste Mal mit dir sprechen möchte.«
Premel nickte, aber er schwieg.
»Und?«, sagte Marar schließlich. »Berichte. Hast du dich schon um sie gekümmert?«
»Noch nicht. Aber morgen um diese Zeit sollten sie tot sein.«
Der Herrscher zog in echter Überraschung die Brauen hoch. »Morgen?«
»Ja. Jibb und Melyor werden in die Blocks gehen, um mit einem Nal-Lord zu sprechen, der der Herrscherin Ärger gemacht hat. Ich habe mich mit einem Unabhängigen in Verbindung gesetzt, der dafür sorgen wird, dass ein Feuergefecht beginnt, und ich werde dabei sein, um dafür zu sorgen, dass Melyor und Jibb es nicht überleben.«
»Aber Jibb ist doch verletzt! Warum sollte er dabei sein?« »Tatsächlich, Herrscher, ist genau das der Grund, weshalb Melyor sich persönlich um die Sache kümmern wird. Ansonsten würde Jibb es für sie erledigen. Aber da ich nun für die SiHerr zuständig bin, fühlt sie sich nicht wohl dabei zurückzustehen. Und wo sie hingeht, da geht auch Jibb hin.« Marar nickte. »Ich muss sagen, Premel, ich bin angenehm überrascht. Nach unseren letzten Gesprächen hatte ich schon fast angenommen, dass du unwillig oder nicht in der Lage bist, meine Befehle auszuführen.« Er lächelte. »Ich freue mich, dass ich mich geirrt habe.«
Einer von Premels Mundwinkeln zuckte ein wenig, aber ansonsten reagierte er nicht. Und zum zweiten Mal hatte Marar das
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