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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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lassen, um diesen Schwur zu halten.
    Bei den Gelegenheiten, bei denen ihm keine andere Wahl blieb, als zu kämpfen, tat er es defensiv und nutzte seine Macht nur, um sich zu schützen, bis er sich davonmachen konnte. Er hatte noch keinen seiner Angreifer getötet, war allerdings selbst mehrere Male verwundet worden. Und obwohl er gerne den Mann, der Anizir vor drei Jahren getötet hatte, erwischt hätte, wusste er, dass seine eiserne Einhaltung des Schwurs ihm nicht einmal diese Befriedigung erlauben würde.
    Er konnte nichts anderes tun, als weiterzuziehen und wenn möglich seine Dienste denen anzubieten, die sie entgegennehmen würden. Selbstverständlich war auch das durch die Existenz der Liga schwieriger geworden. Im Lauf der vergangenen Jahre war er in jedem Teil des Landes gewesen. Er hatte sich in buchstäblich hunderten von Dörfern und Städten aufgehalten und in etwa der Hälfte von ihnen die blauen Fahnen der Liga flattern gesehen. Ein paar weniger als die Hälfte der Siedlungen blieben dem Orden treu, und eine wachsende Anzahl ließ sich nur noch von jenen Magiern helfen, die behaupteten, keiner der beiden Gruppen verpflichtet zu sein.
    Diese so genannten freien Magier waren eine relativ neue Erscheinung, aber sie kamen Orris viel gefährlicher vor als die Liga. Diese Männer und Frauen brauchten niemandem Rechenschaft abzulegen. Wenn ein Magier des Ordens versuchte, sich mit Hilfe der Magie Reichtum oder Macht zu verschaffen, würde er vom Rest des Ordens verurteilt und bestraft werden. Und obwohl die Anführer der Liga die Angriffe auf Orris ermutigten oder sie zumindest duldeten, gingen sie mit anderen Verstößen gegen Amarids Gesetz ebenso um wie der Orden. Tatsächlich hatte es im Lauf der vergangenen tausend Jahre wenig Verstöße gegen die Gesetze des Ersten Magiers gegeben, und in dem schwerwiegendsten Fall, dem Verrat des Magiers Sartol, hatte der Orden quälend langsam gehandelt. Aber zumindest in der Theorie mussten die Magier sowohl der Liga als auch des Ordens für ihr Verhalten Rechenschaft ablegen. Die freien Magier hingegen waren keinen Verhaltensregeln unterworfen. Sie leisteten keine Eide, und es gab keine Prozedur, um Abtrünnige zu disziplinieren. Orris schauderte bei dem Gedanken, was geschehen wäre, wenn Sartol kein Mitglied des Ordens, sondern ein freier Magier gewesen wäre. Er war am Ostrand von Tobyns Ebene entlang nach Norden unterwegs gewesen, und nun hielt er inne und schaute nach Westen, wo die Sonne, riesig und orangefarben und zum Teil von einer dünnen Linie dunkler Wolken verborgen, langsam hinter dem Horizont verschwand. Beinahe sofort wurde der Wind, der über das Gras und das bebaute Land fegte, kälter. Orris schauderte in seinem Umhang und ging weiter, fiel sofort wieder in den Rhythmus, der ihm jetzt so vertraut war. Er konnte schon den Gotteswald vor sich sehen, vielleicht noch eine Meile entfernt. Es würde dunkel sein, ehe er den Waldrand erreichte, aber am östlichen Himmel schien schon der Mond, gelb und beinahe voll. Er würde Orris den Weg beleuchten, wenn das Tageslicht vergangen war, und wenn das nicht genügte, konnte der Magier immer noch das Leuchten seines Cerylls verstärken. Er warf einen Blick auf den Stein und grinste. Seine Gedanken reisten nach Westen, nach Lon-Ser. Er hatte einmal einen Stein gehabt, der bernsteinfarben leuchtete. Aber vor sieben Jahren in Bragor-Nal hatten er und Melyor seinen und ihren Stein benutzt, um Cedrych hinters Licht zu führen, den Oberlord, der für die Angriffe auf Tobyn-Ser verantwortlich gewesen war. Der Trick hatte nur kurze Zeit funktioniert, aber es hatte genügt. In dem darauf folgenden Kampf hatten sie Cedrych getötet, ihn aus dem Fenster seiner Wohnung auf die Straße tief unten stürzen lassen. Aber Orris' Stab war mit ihm gefallen, und der Ceryll des Magiers war in tausend Splitter zerbrochen.
    Nachdem er nach Tobyn-Ser zurückgekehrt war, hatte Orris bei seinem Freund Crob, einem Kaufmann aus Abborij, einen neuen Ceryll gekauft. Aber als Crob Orris den neuen Stein in die Hand drückte, war das Licht, mit dem der Ceryll zu leuchten begann, ein wenig anders gewesen als die Farbe seines ersten Cerylls. Es war nur eine geringfügige Veränderung, die außer Orris kaum jemandem aufgefallen wäre. Und als er später darüber nachdachte, wurde ihm klar, dass es ihn eigentlich nicht hätte überraschen sollen. Seit er seinen ersten Stein in den Höhlen von Ceryllon gefunden hatte, war er weiser, geduldiger und

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