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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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zum Einbruch der Dunkelheit zu warten, wenn die Bürger der Stadt Rithlar nicht bemerken würden. Sie hatten während ihrer Reise durch Tobyn-Ser Städte und Dörfer gemieden, und wenn es unmöglich war, Begegnungen mit Fremden aus dem Weg zu gehen, hatte Jaryd den großen Adler angewiesen, davonzufliegen und sich nicht in der Gegenwart des Magiers sehen zu lassen. Zu viele Menschen in Tobyn-Ser wussten, was das Auftauchen eines Adlers bedeutete, und das Letzte, was die Magier im Augenblick brauchten, war eine landesweite Panik. Während der Reise war es ihnen gelungen, Myn diese Dinge auf eine Art zu erklären, die dem Kind keine Angst machte, aber sosehr die Begeisterung der Kleinen wuchs, Amarid wiederzusehen, so groß war auch ihre Ungeduld, die Stadt zu erreichen. Und bei dieser Gelegenheit genügten schließlich Jaryds und Alaynas beiläufige Erklärungen nicht mehr. Am Ende hatte Jaryd das Gefühl, es bliebe ihm nichts anderes übrig, als ihr zumindest zum Teil die Wahrheit zu sagen.
    »Wir wollen warten, bis es dunkel wird, Myn, weil wir nicht wollen, dass andere Rithlar sehen.«
    »Warum nicht?« Das Mädchen sah ihn fragend an. »Die Leute könnten Angst vor ihr bekommen«, sagte er und blickte zu dem Vogel auf, der hoch über ihnen kreiste, ein dunkler Fleck am leuchtend blauen Himmel. »Manchmal haben die Menschen Angst vor Adlern.«
    »Glauben sie, dass Adler böse sind?«
    Jaryd holte tief Luft und warf Alayna einen Blick zu. Irgendwie wollte seine Erklärung nicht so recht gelingen. »Die Menschen haben Angst vor Adlern«, erklärte Alayna ernst, »weil sich Adler normalerweise nur an Magier binden, wenn ein Krieg bevorsteht.«
    »Krieg?«, flüsterte Myn und wurde bleich. »Haben wir jetzt Krieg?«
    Alayna lächelte. »Nein, Myn-Myn. Wir haben keinen Krieg.«
    Jaryd zwang sich ebenfalls zu einem Lächeln und hoffte, dass Alaynas Antwort seine Tochter zufrieden stellen würde. Ein Jahr zuvor wäre das vielleicht auch so gewesen. »Wird es Krieg geben?«
    Alaynas Lächeln verschwand ebenso wie das seine. »Das wissen wir nicht, Myn«, sagte er. »Wir kommen nach Amarid, damit wir mit Onkel Baden, Trahn, Orris und den anderen zusammen daran arbeiten können, einen Krieg zu verhindern. Aber im Augenblick wollen wir den Leuten in der Stadt nicht unnötig Angst machen. Verstehst du das?« Das Mädchen nickte, die hellen Augen weit aufgerissen. Der Bergwind zupfte an ihrem langen kastanienbraunen Haar. »Gegen wen würden wir in einem Krieg kämpfen?«, fragte sie einen Augenblick später.
    »Ich weiß es nicht, Liebes«, sagte Jaryd leise. »Das wissen wir alle nicht.«
    Sie verbrachten den Rest des Tages an einer abgelegenen Ecke des Dacia-Sees an den Ausläufern des Vorgebirges, und die Rast und das Spielen mit Myn halfen dabei, auch Jaryd und Alayna ein wenig abzulenken. Erst als die Sonne hinter den Bergen verschwand, machten sie sich auf zur Stadt des Ersten Magiers. Sie erreichten das Ufer des Larian mehrere Stunden später, überquerten den Fluss auf einer der kleinen uralten Brücken zum alten Stadtkern und ritten unbehelligt zur Großen Halle weiter. Myn, die vor Alayna auf dem Pferd saß, war längst eingeschlafen, und selbst nachdem Alayna sie Jaryd heruntergereicht hatte, wachte sie nicht auf. Rithlar neben sich, den Stab mit dem saphirfarbenen Ceryll unter den Arm geklemmt, trug Jaryd das Mädchen zu den großen hölzernen Toren des Kuppelgebäudes und klopfte. Es dauerte einen Augenblick, bis eine der blau gewandeten Dienerinnen der Halle einen Torflügel einen Spaltbreit öffnete. Das Gesicht der jungen Frau war verquollen vom Schlaf, aber sie erkannte Jaryd offenbar sofort.
    »Falkenmagier«, sagte sie überrascht, »was kann ich für dich tun?«
    »Falkenmagierin Alayna und ich brauchen einen Schlafplatz«, antwortete er. Und mit einem Blick auf die schlafende Myn fügte er grinsend hinzu: »Und unsere Tochter auch.«
    Die Dienerin runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht. Sind die Gasthäuser voll?«
    Offensichtlich hatte Radomil Jaryds Geheimnis sehr gut gewahrt. »Vielleicht solltest du den Eulenweisen fragen«, sagte Jaryd freundlich. »Er wird wissen, was zu tun ist.« »Der Weise schläft schon, Falkenmagier«, sagte die Frau und starrte ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Alle in der Halle schlafen.«
    Jaryd starrte die Frau ein paar Sekunden lang an, dann holte er tief Luft und beschwor ein helleres Licht in seinem Kristall herauf, so dass der Schein auf Rithlar fiel,

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