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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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erwidern. Er rief Rithlar zu sich und zuckte zusammen, als er ihre Krallen spürte. Selbst mit dem zusätzlichen Polster an Ärmeln und Schultern hatte er immer noch das Gefühl, als zerrisse sie sein Fleisch. Aber in diesem Augenblick wollte er sie auf seinem Arm. Mit einem letzten Blick zu Alayna ging er zur Tür, öffnete sie und betrat den Saal.
    Die anderen in der Halle drehten sich zu ihm um, und das Rascheln ihrer Gewänder hallte unnatürlich laut von der Kuppeldecke wider. Jaryds Schritte und die von Alayna und Radomil hinter ihm hallten ebenfalls, aber keine anderen Geräusche drangen bis zu ihm. Reglos und schweigend saßen die anderen Magier da und starrten Jaryd an, oder genauer gesagt den großen Vogel, der auf seinem Unterarm saß und dessen Krallen ihm ins Fleisch drangen. Baden und Orris waren anwesend, ebenso wie Sonel und Trahn, Mered und Ursel. Das hier waren seine Freunde, die Menschen, die ihn gelehrt hatten, ein Magier zu sein, und nun erwartete man von ihm, dass er sie anführte. Er erkannte die Angst in ihren Augen - das war kaum zu übersehen -, und wie so oft seit seiner Bindung an Rithlar musste er sich anstrengen, um die Panik zu unterdrücken, die in ihm aufstieg.
    Als er den Stuhl des Weisen erreichte, der jetzt sein Stuhl war, blieb er stehen und sah sich am Ratstisch um. Es war viele Jahre her, seit Erland und Arslan ihre Anhänger aus der Halle herausgeführt und die Liga gegründet hatten, und dennoch war Jaryd immer noch nicht daran gewöhnt, eine so kleine Runde von Magiern an diesem großen Tisch zu sehen. Seltsamerweise musste er nun an die Größe des Tisches im Versammlungshaus der Liga denken. Hatte Erland einen kleineren Tisch bauen lassen oder erwartete der Erste Meister, dass eines Tages alle Magier von Tobyn-Ser an ihren Konklaven teilnehmen würden?
    Alayna und Radomil blieben neben ihm stehen, und Totenstille senkte sich über die Große Halle. Das Gebäude selbst schien den Atem anzuhalten, als wartete es darauf, was geschehen würde. Die Einzige, die das alles offenbar nicht interessierte, war Rithlar, die sich von einer Seite zur anderen drehte und neugierig die anderen Vögel betrachtete.
    »Die Götter haben uns einen Adlerweisen gesandt«, verkündete Radomil schließlich. »Jaryd ist nun das Oberhaupt des Ordens, und er hat Alayna zu seiner Ersten erwählt.« Der Hauch eines Lächelns umspielte seine Lippen. »Ich hielte das selbst dann für eine gute Wahl, wenn sie nicht seine Frau wäre.«
    Alle im Saal lachten und ein Teil der Spannung, die noch einen Augenblick zuvor alle umklammert hatte, verschwand. Jaryd grinste den rundlichen Magier anerkennend an und dachte bei sich, dass Radomil trotz seiner gegenteiligen Bemerkungen ein guter Eulenweiser gewesen war.
    »Ich überlasse es unserem Adlerweisen, diese Versammlung zu eröffnen«, sagte Radomil immer noch lächelnd. »Ich danke euch allen für eure klugen Anregungen und den Respekt, den ihr mir erwiesen habt, als ich euer Weiser war.« Er legte die Hand kurz auf Jaryds Schulter und nickte Alayna zu, dann ging er zu dem Stuhl, der vor seiner Amtszeit als Eulenweiser sein Platz am Tisch gewesen war. Alayna griff nach Jaryds Hand und drückte sie kurz. Dann setzte sie sich auf den Stuhl des Ersten.
    Jaryd sah sich im Saal um und holte tief Luft. »Das hier ist Rithlar«, sagte er und zeigte mit der freien Hand auf den Adler. »Ich habe mich vor ein paar Wochen an sie gebunden und mich sofort mit Radomil in Verbindung gesetzt, damit er euch alle nach Amarid ruft.« Warum haben die Götter mich auserwählt? »Ich wäre dankbar für jeden Rat, den ihr mir geben könnt. Ich weiß nicht, wieso dieser Vogel zu mir und nicht zu einem von euch gekommen ist, aber alle wissen, was es bedeutet, wenn einer von uns sich an einen Adler bindet.«
    Er sah sich am Tisch um, lud die anderen zum Sprechen ein. Zunächst tat das niemand, aber dann beugte Trahn sich vor und schaute von Jaryd zu den anderen Magiern.
    »Wissen wir das wirklich?«, fragte er. »Sicher, die Adler waren in der Vergangenheit stets Boten des Krieges. Aber bedeutet Jaryds Bindung, dass ein Krieg unvermeidlich ist, oder nur, dass einer möglich wäre?«
    »Ich bin nicht sicher, ob das einen großen Unterschied macht«, erklärte Orris grimmig. »Wir müssen auf jeden Fall das Schlimmste annehmen und entsprechende Vorbereitungen treffen.«
    Sonel nickte. »Orris hat Recht. Ich hoffe, der Krieg kann vermieden werden, aber wir wären dumm, wenn wir solchen

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