Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise
und gleichgültig zu ihr aufblickte. Sie fuhr erneut herum und starrte Rithlar an. »Aricks Faust!«, sagte sie abermals.
»Sie heißt Rithlar«, sagte Jaryd. »Ich habe mich an sie gebunden, kurz bevor du dich an Rithel gebunden hast.« Die junge Magierin nickte, starrte aber immer noch Jaryds Adler an. »Das erklärt natürlich auch, wieso ihr den Rufstein benutzt habt.« Dann schwieg sie wieder, stand reglos da und schaute Rithlar an. Schließlich wandte sie sich wieder Jaryd zu. »Was, glaubst du, hat das zu bedeuten?«
»Ich wünschte, ich wüsste es. Der offensichtlichste Schluss wäre wohl, dass die Liga und der Orden einander bekämpfen werden.«
Cailin wurde bleich und schüttelte den Kopf. »Das will ich einfach nicht glauben.«
Jaryd lächelte dünn. »Ich auch nicht.«
»Dann lasst es einfach nicht zu«, erklang eine dritte Stimme.
Jaryd und Cailin wandten sich zur Tür um, wo Alayna stand und sie anschaute. »Ihr seid beide Adlerweise«, fuhr sie fort. »Du, Jaryd, bist Oberhaupt des Ordens, und du, Cailin, wirst bald Oberhaupt der Liga sein. Nicht einmal Erland würde unter diesen Umständen deinem Anspruch widersprechen. Also liegt es in eurer Hand, einen Krieg zu verhindern.«
»Ist das tatsächlich so?«, fragte Cailin. »Die Götter haben uns Adler geschickt. Wenn sie Krieg wünschen, werden wir vielleicht nichts dagegen tun können.« Sie hielt inne und wandte den Blick ab. »Ich bin nicht einmal sicher, ob ich genügend Einfluss auf den Rest der Liga haben werde, und du erwartest von mir, dass ich mich dem Willen der Götter widersetze?«
»Ich glaube nicht, dass das notwendig sein wird«, sagte Alayna sanft. »Die Götter haben immer Adler geschickt, um Tobyn-Ser zu beschützen, nicht, um das Land zu zerstören. Und ich glaube auch nicht, dass es diesmal anders sein wird.«
Cailin blickte auf. »Was willst du damit sagen?«
»Die Götter haben zwei Adler geschickt, einen zu dir und einen zu Jaryd. Ich denke, sie wollen uns damit sagen, dass die Liga und der Orden sich zusammentun müssen, dass der Feind, dem wir gegenüberstehen werden, nur besiegt werden kann, wenn alle Magier des Landes sich zusammentun.«
»Das tröstet dich, oder?«, fragte Cailin.
Alayna lächelte. »Ja, so ist es.«
»Mir geht es ebenso«, sagte Jaryd. »Ist es bei dir etwa anders?«
Cailin schüttelte den Kopf. »Wenn du Erland so gut kennen würdest wie ich, würdest du so nicht denken. Er hasst den Orden mit größerer Leidenschaft, als ihr euch vorstellen könnt. Er wird niemals gestatten, dass sich die Liga mit euch zusammentut, ganz gleich, worum es geht.«
»Dann ist es umso wichtiger«, sagte Alayna, »dass du so bald wie möglich deinen rechtmäßigen Platz als Oberhaupt der Liga einnimmst.«
»Ihr begreift die Liga nicht!«, erwiderte Cailin, ging zur Feuerstelle und blickte zu Rithlar auf. Der Adler warf ihr einen kühlen Blick zu und begann sich dann zu putzen. »Erland ist für die Liga, was Amarid einmal für den Orden war. Er hat sie geschaffen, er führt sie, er beherrscht sie. Selbst die jüngeren Magier, von denen man wohl erwarten sollte, dass sie sich in einigen Punkten gegen ihn stellen, beugen sich ihm meistens.«
»Aber sie müssen dir gegenüber ähnlich empfinden«, sagte Jaryd. »Als du dich vor sieben Jahren der Liga angeschlossen hast, nahmen alle in Tobyn-Ser an, dass der Orden innerhalb eines Jahres verschwinden würde.«
Bei dieser Bemerkung drehte sie sich zu ihm um, und der Hauch eines Lächelns umspielte ihre Lippen. Sie wirkte so jung, kaum älter als ein Mädchen. Und dennoch hatten die Götter ihr einen Adler geschickt, genau wie ihm. »Du hast Recht«, sagte sie. »Das haben alle gedacht. Selbst Erland hat das geglaubt. Deshalb hat er sich so angestrengt, damit ich der Liga beitrete. Aber es kam nicht so, wie man es erwartet hätte. Es gibt den Orden immer noch, wenn er auch nicht mehr so stark ist, wie er einmal war. Aber er ist auch nicht deutlich schwächer geworden.« Sie gab ein leises Geräusch von sich, das vielleicht ein Lachen war, aber sofort danach verschwand ihr Lächeln. »Ich habe sie enttäuscht. Das haben sie sehr deutlich gemacht. Besonders Erland. Er wird seine Macht nicht abgeben, besonders nicht an mich.« »Aber du hast dich an einen Adler gebunden«, sagte Jaryd. »Es ist ohne Bedeutung, was sie von dir halten. Du bist ihre Adlerweise. Daran kann niemand etwas ändern.«
Cailin machte eine ungeduldige Geste. »Die Liga ist nicht der Orden. Du
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