Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise
der Liga nach Amarid gerufen, und daher hatte ich das Gefühl, etwas unternehmen zu müssen. Und ich dachte, ich sollte erst hierher kommen, da ein Adlerweiser traditionell Oberhaupt des Ordens wird.«
Jaryd schaute Alayna an, aber sie hatte den Blick noch auf den Vogel gerichtet und schien ihn nicht zu bemerken. »Wie heißt sie?«, brachte Jaryd schließlich heraus und wandte sich ebenfalls wieder dem Adler zu. Er wusste nicht sicher, was die Bindung eines zweiten Magiers an einen Adler zu bedeuten hatte, aber er hatte gewisse Ideen, und keine davon war sonderlich angenehm.
»Rithel.«
»Und wann hast du dich an sie gebunden?«
»Etwa vor vier Wochen.«
Nach meiner eigenen Bindung, dachte er, obwohl das wenig half, um ihn zu beruhigen.
»Ich weiß nicht, was wir jetzt tun sollen«, begann Cailin abermals mit offensichtlichem Unbehagen. »Möchtest du es den anderen Magiern des Ordens sagen oder soll ich es tun?«
Bei diesen Worten blickte Alayna schließlich wieder auf. »Ihnen was sagen?«
Cailin blinzelte. »Dass es eine Adlerweise gibt. Dass ich Oberhaupt des Ordens sein werde.«
»Deshalb bist du hergekommen?«, wollte Alayna wissen. »Weil du glaubst, wir werden einfach beiseite treten und zulassen, dass die Liga den Orden übernimmt?«
Cailins Miene wurde eisig. »Das habe ich nicht gesagt!« Dann hielt sie inne und holte tief Luft. »Versteh doch«, sagte sie nun ruhiger, »die Götter haben mir einen Adler geschickt, und wir wissen alle, was das zu bedeuten hat. Tobyn-Ser steht ein Krieg bevor. Das hier ist nicht der Zeitpunkt für Kleinlichkeiten und Rivalität. Zumindest im Augenblick müssen wir zusammenarbeiten. Sobald wir den Feind besiegt haben, könnt ihr wieder euer eigenes Oberhaupt wählen.«
»Hast du eine Ahnung, wer unser Feind ist?«, fragte Jaryd. Cailin wandte sich ab. »Nein. Ich hoffe, Erland und die anderen werden eine Antwort auf diese Frage finden.«
Dann sah sie ihn wieder an. »Und ich wäre auch dankbar für eure Ideen und die eurer Kollegen.«
Jaryd setzte zu einer Antwort an, aber dann hielt er inne, denn ihm war etwas aufgefallen. »Sagtest du, dass du als Erstes zu uns gekommen bist?«, fragte er.
»Ja. Ich -«
»Also wissen Erland und die anderen noch nichts davon?«
Wieder wandte sie sich ab. »Nein. Meine Position in der Liga ist... nicht mehr das, was sie einmal war.«
»Und du hast geglaubt, dass es dich in eine bessere Position bringen würde, wenn du ihnen als neues Oberhaupt des Ordens gegenübertreten würdest«, stellte Alayna fest. »Deshalb bin ich nicht gekommen!«, sagte die junge Frau. Sie stand einen Augenblick beinahe reglos da und starrte Alayna an. Dann schüttelte sie den Kopf. »Ich hätte überhaupt nicht herkommen sollen.«
Sie wandte sich ab und ging zurück zur Tür. »Cailin, warte«, rief Alayna.
Cailin wandte sich mit offensichtlichem Zögern um und schaute Alayna wieder an. Sie wirkte missmutig, aber sie sagte nichts.
Alayna lächelte. »Es tut mir Leid, aber wir mussten sicher sein.«
»Sicher?«, fragte Cailin skeptisch.
»Entscheide du«, sagte Alayna zu Jaryd. »Aber ich glaube nicht, dass uns etwas anderes übrig bleibt.«
»Ich bin ganz deiner Meinung«, sagte er und nickte. Er sah Cailin an. »Komm, und bring auch deinen Vogel mit.« Cailin warf Alayna einen nervösen Blick zu, aber dann ging sie zusammen mit Jaryd auf die Rückseite der Halle zu.
»Bitte sei hier leise«, sagte Jaryd, als sie sich der Wohnung näherten. »Unsere Tochter schläft nebenan.«
Cailin lächelte. »Wie alt ist sie?«, fragte sie leise.
»Sie ist gerade sieben geworden.«
Das Lächeln der jungen Frau verschwand abrupt, und Jaryd erinnerte sich daran, dass Cailin selbst sieben Jahre alt gewesen war, als die Fremden ihr Zuhause zerstörten. An der Wohnung angekommen, schob Jaryd die Tür auf und bedeutete Cailin einzutreten. Zögernd ging sie an ihm vorbei, und er folgte ihr nach drinnen. Rithlar, die immer noch auf dem Kaminsims saß, blieb vollkommen reglos hocken und betrachtete Cailin misstrauisch.
Zunächst bemerkte Cailin sie nicht einmal. »Um was geht es denn nun?«, fragte sie und sah sich im Zimmer um. »Ich kann nichts -« Dann endlich bemerkte sie den Adler, keuchte und wich zur Tür zurück, wobei sie beinahe mit Jaryd zusammengestoßen wäre. »Aricks Faust!«, flüsterte sie. Sie fuhr zu Jaryd herum, die Augen weit aufgerissen. »Wie ist das -« Sie hielt inne, als ihr eigener Adler in Sicht kam, auf der Zimmerschwelle landete
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