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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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kühlen Herbstmorgen, und in ihnen lagen eine Weisheit und eine Kenntnis der Wechselfälle und Grausamkeiten des Lebens, die weit über die Jahre des Mädchens hinausgingen. Er hatte diese Augen schon einmal gesehen, vor vielen Jahren, als diese junge Frau noch ein Kind gewesen war, verwaist nach einem Angriff der Fremden und misstrauisch gegenüber allen, die die waldgrünen Umhänge des Ordens trugen. Daher wusste er ihren Namen, bevor sie ihn aussprach.
    »Ich heiße Cailin.«
    »Ja, Cailin«, erwiderte Alayna. »Wir können uns an dich erinnern.«
    Die junge Magierin kniff die Augen zusammen. »Sind wir uns schon einmal begegnet?«
    »Einmal«, sagte Jaryd. »Vor langer Zeit, als du noch in der Großen Halle gewohnt hast.« Kurz nachdem deine Eltern und alle anderen Menschen, die du kanntest, getötet worden waren.
    Cailin schaute von einem zum anderen. »Ihr seid diejenigen, die mit Theron in seinem Hain gesprochen haben, nicht wahr?«
    Alayna nickte. »Ja.«
    »Welcher Stab war der des Eulenmeisters?«, fragte sie plötzlich mit einer Spur von Ehrfurcht in der Stimme. »Dieser hier«, antwortete Jaryd.
    Er hielt ihr seinen Stab hin, damit sie ihn nehmen und betrachten konnte, aber obwohl sie einen Schritt vorwärts tat, um genauer hinzusehen, schien sie das Holz nicht berühren zu wollen.
    »Ich heiße Jaryd, und das hier ist Alayna.« Er zeigte auf den Ratstisch. »Sollen wir uns nicht hinsetzen?«
    »Danke, nein.« Sie holte tief Luft. »Wer von euch ist der neue Weise?«
    Wieder sahen Jaryd und Alayna einander an. »Ich«, sagte Jaryd schließlich. »Alayna ist die Erste des Weisen.«
    »Wir haben schon gehört, dass der Orden ein neues Oberhaupt hat«, sagte Cailin. »Ich hoffe, dass Eulenmeister Radomil nichts zugestoßen ist. Nach allem, was ich gehört habe, scheint er ein anständiger Mann zu sein.«
    Jaryd zwang sich zu einem Lächeln, obwohl er spürte, wie sich sein Magen verkrampfte. »Danke für deine Besorgnis«, sagte er. »Es geht Radomil gut.«
    »Warum bist du dann Eulenweiser geworden?«
    »Bist du sicher, dass du dich nicht setzen möchtest, Cailin?«, warf Alayna ein. »Wenn nicht hier, dann in unserer Wohnung?«
    Cailin lächelte dünn. »Es gibt hier kaum weniger Vertrauen als in der Halle der Liga«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu den anderen. »Danke für eure Freundlichkeit«, fuhr sie einen Augenblick später fort und sah die beiden wieder an. »Aber ich bezweifle, dass ihr noch möchtet, dass ich mich hinsetze, wenn ich erst erklärt habe, wieso ich gekommen bin.«
    Sie ging zum Eingang der Halle, öffnete einen der schweren Torflügel und stieß einen einzelnen lauten Pfiff aus. Beinahe sofort hörte Jaryd das Flattern von Flügeln, und im nächsten Augenblick sah er etwas, das seine Welt auf eine Weise in sich zusammenbrechen ließ, die er sich nie hätte vorstellen können. In der Tür, größer und majestätischer als beinahe jeder Vogel, den er je erblickt hatte, stand ein Adler. Wie Rithlar war auch dieser Vogel dunkelbraun, wenn man von der Rückseite des Halses einmal absah, wo sich Gold ins Gefieder mischte. Der Adler hatte dunkle Augen, was seinem Blick eine Wildheit und Intelligenz verlieh, die Jaryd erschreckt hätten, hätte er nicht bereits das Gleiche von seinem eigenen Adler gekannt. Als er den Vogel ansah und versuchte zu begreifen, was das alles zu bedeuten hatte, musste Jaryd wieder an den seltsamen Traum denken, der ihn in der Nacht vor seiner eigenen Bindung heimgesucht hatte. Er hatte schon vor einiger Zeit begriffen, dass einer der beiden Adler, die er in diesem Traum bei einem Kampf bis zum Tod gesehen hatte, Rithlar war. Hier, so schien es nun, war der zweite Vogel. Wieder schaute er Cailin an und fragte sich, ob sie die Frau aus seinem Traum sein könnte. Aber trotz einer gewissen oberflächlichen Ähnlichkeit kam er schließlich zu dem Schluss, dass sie es nicht war. Es fehlte immer noch ein Stück dieses Rätsels. Es war keine echte Vision gewesen. Das hatte er damals schon gewusst. Aber beim Anblick dieses zweiten Adlers war er gezwungen gewesen, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass der Traum zumindest eine gewisse Wahrheit enthielt.
    »Ich kann mir vorstellen, wie erschrocken ihr jetzt seid«, hörte er Cailin sagen, obwohl er sich in Wahrheit kaum auf ihre Worte konzentrieren konnte. »Mir ging es ebenso. Um ehrlich zu sein, ich wusste nicht, was ich tun sollte. Aber Erland hat als Reaktion auf das Leuchten des Rufsteins auch die Magier

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