Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise
verhängen. Ich wurde von einem Abtrünnigen getötet, einem Mann, der nicht nur die Magie und den Orden, sondern das ganze Land verraten hat. Und trotz aller Regeln und Prozesse, die wir für solche Fälle vorgesehen hatten, war die gesamte Macht aller Magier des Ordens vonnöten, um ihn aufzuhalten. Wie könntet ihr denn einen eurer freien Magier< aufhalten, der etwas Ähnliches plant?«
Sartol. Er sprach von Sartol. Tammen musste gegen den Drang ankämpfen, zornig zu antworten.
»Die freien Magier haben sich verpflichtet, dem Volk von Tobyn-Ser zu dienen und es anzuleiten, Eulenmeister«, erklärte Nodin mit solchem Stolz, dass Tammen unwillkürlich lächeln musste. »Wir sind Teil einer großen Bewegung - der Volksbewegung -, die versucht, die fremden Einflüsse wieder aus dem Land zu verdrängen, die schon so viel Schaden angerichtet haben.« Abermals schaute er Tammen an, und als er bemerkte, dass sie lächelte, lächelte er ebenfalls.
»Davon habe ich nichts gehört«, sagte der Geist. »Ich habe gesehen, dass Bäume abgeholzt wurden, und ich sah seltsame Waffen in den Händen von Tempelmännern. Aber eine Volksbewegung?« Er schüttelte seinen schimmernden Kopf. »Aber du hast den Rest gesehen«, sagte Tammen, »die Waffen und die Zerstörung von Tobyns Wald, und dann ist dir doch sicher auch klar, wie viel Gutes eine solche Bewegung haben könnte.«
Der Geist zögerte. »Mag sein«, gab er schließlich zu. »Um was geht es da genau?«
Nodin holte tief Luft. »Unsere Bewegung braucht Hilfe, Erster. Wir freien Magier sind der Liga und dem Orden zahlenmäßig noch unterlegen. Es gibt zu wenige von uns, um gegen die Männer des Tempels zu kämpfen, vor allem nun, da sie Waffen aus Lon-Ser haben. Viele in der Bevölkerung unterstützen uns, aber wir können jene, die das tun, nicht verteidigen.« Er schluckte, und selbst in dem seltsamen Licht ihrer Cerylle und des unbehausten Geistes vor ihnen konnte Tammen erkennen, wie er bleich wurde. »Vor wenigen Tagen sind in einem Dorf namens Prannai sechzehn Menschen gestorben, weil wir nicht stark genug waren, um sie zu beschützen.«
Peredur starrte sie an, und seine Miene war so kalt wie ein Winterwind. »Wenn ihr sie nicht beschützen könnt, habt ihr kein Recht, sie in eure Sache zu verwickeln! Als Magier solltet ihr das wissen!«
»Sie haben uns um Hilfe gebeten!«, sagte Tammen.
»Dann hättet ihr euch weigern sollen!«
Tammen setzte zu einer Antwort an, aber Nodin hielt sie mit einer Handbewegung zurück.
»Du magst vielleicht Recht haben, Erster«, gab er zu. »In unserem Bedürfnis, das Land zu schützen, haben wir vielleicht übereilt gehandelt. Wir sind jung, und wir müssen noch viel lernen. Aber das beweist nur, was ich zuvor gesagt habe. Wir brauchen nicht nur Hilfe, um uns stärker zu machen, sondern auch Anleitung, wie wir der Volksbewegung am besten dienen können.«
Tammen nickte. Wenn er wollte, konnte Nodin ausgesprochen klug sein. »Nodin hat Recht«, sagte sie. »Wir können von dir und den anderen Unbehausten viel lernen. Und außerdem«, fügte sie hinzu und senkte bescheiden den Blick, »entschuldige ich mich für das, was ich vorhin gesagt habe.«
Der Geist warf ihr einen raschen Blick zu, aber seine Miene zeigte nicht, was er dachte. Dann sah er Henryk an. »Was ist mit dir, Magier? Du lässt deine Begleiter reden. Du hast noch kein einziges Wort gesagt. Bist du bereit, dich ebenfalls mit den Unbehausten zu verbünden?«
Der dunkeläugige Mann warf Tammen und Nodin einen Blick zu. »Ich unterstütze die Bewegung aus ganzem Herzen«, antwortete er schließlich und sah dem Geist in die leuchtenden Augen. »Und wenn die Unbehausten uns helfen können, unsere Ziele zu erreichen und das Land zu schützen, ja, dann bin ich bereit, euch als Verbündete zu akzeptieren.«
Peredur grinste. »Gut gemacht, Magier.« Nun wandte er sich wieder an Nodin. »Du hast hier einen guten Freund. Er hat ernste Zweifel an dem, was ihr tut, aber er ist bereit, euch zu unterstützen. Es ist bedauerlich, dass seine Loyalität stärker ist als seine Vernunft.«
»Ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Ihr versucht, Kräfte zu nutzen, die ihr nicht im Geringsten versteht, und all das um einer Bewegung willen, die am Ende mehr schaden als helfen wird.«
»Das weißt du doch nicht!«, sagte Nodin.
»Ach ja? Du kannst mich mit deiner Schmeichelei und deiner angeblichen Unterwürfigkeit nicht täuschen. Euch geht es nicht um Anleitung. Ihr wollt die Hilfe
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