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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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möglich, dass ein anderer Geist uns eine andere Antwort geben wird.« Er brauchte eine Minute. Dann riss er plötzlich die Augen auf und wich sogar einen Schritt zurück. »Sprichst du etwa von Sartol?«
    »Ja.«
    Er schüttelte heftig den Kopf und befeuchtete sich nervös die Lippen. »Nein«, sagte er schließlich. »Das ist zu gefährlich. Du hast gehört, was Peredur gesagt hat: Sartol hat Peredur und seinen Vogel umgebracht. Er hat das Land verraten.«
    »Er hat mir das Leben gerettet! Er hat Wasserbogen gerettet! Ich habe gesehen, wie er es getan hat! Ich habe gesehen, wie er die Männer tötete, die meine Eltern umgebracht haben!«
    »Ich weiß«, sagte Nodin. »Aber das hat er getan, um sich selbst zu retten.«
    Tammen wandte sich von ihm ab. »Das behauptet der Orden.«
    »Tammen -«
    »Nein«, sagte sie, »es ist mir egal, was du sagst. Henryk wird ohnehin niemals zustimmen. Ich gehe allein. Du kannst mit ihm zu den freien Dörfern weiterziehen.«
    Nodin schwieg lange Zeit, und Tammen blieb reglos stehen, wandte ihm den Rücken zu und wartete. In Wahrheit wollte sie es nicht allein tun. Bei all ihrem Beharren darauf, dass Sartol ihnen helfen würde und dass er nicht der Ausbund des Bösen war, als den ihn die Ordensmagier darstellten, hatte sie dennoch Angst. Peredurs Geist gegenüberzustehen war schlimm genug gewesen, und Sartol war lebendig sehr viel furchterregender gewesen als der Erste.
    Nodin war immer noch irgendwo hinter ihr. Sie spürte seine Unsicherheit und dass er sie nicht allein lassen wollte. Zuvor war seine Zuneigung zu ihr eine Last gewesen, aber nun erkannte sie die Möglichkeiten, die darin lagen.
    Sie drehte sich wieder um, ging auf ihn zu, stellte sich auf die Zehenspitzen, küsste ihn auf die Lippen und achtete darauf, dass ihre Brüste dabei kurz seinen Körper berührten. »Leb wohl, Nodin«, flüsterte sie. »Du wirst mir fehlen.«
    Sie setzte dazu an weiterzugehen, aber er gestattete ihr kaum einen einzigen Schritt.
    »Tammen, warte!«
    Sie drehte sich zu ihm um und verkniff sich ein Lächeln. Vielleicht hätte sie ihn auch auf eine andere Art überzeugen können, vielleicht war das, was sie getan hatte, falsch gewesen. Aber in gewisser Weise mochte sie ihn tatsächlich. Und sie war lieber mit ihm zusammen als allein. »Ich gehe mit dir«, sagte er. »Ich will nicht, dass du das allein tust.«
    Was würde es schon ausmachen?, fragte sie sich und sah, wie er zu lächeln begann. Welchen Schaden konnte es schon anrichten, wenn sie einige Zeit zusammenblieben? »Danke, Nodin. Es ist schön, dich bei mir zu haben.« Er lächelte noch strahlender. Wie falsch konnte so etwas denn schon sein?

11
     
    S eit mehreren Jahren streben die Mitglieder meines Ordens nun zumindest theoretisch eine Versöhnung mit der Liga an. Wir alle erkennen, wie gefährlich diese Kluft zwischen Magiern sein kann, und viele sind auch der Ansicht, dass es die Schuld des Ordens war, dass es überhaupt zu dieser Spaltung kam, und dass es daher unsere Aufgabe ist, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Ich muss allerdings zugeben, wenn man mir heute die Möglichkeit gäbe, die Magier wieder zu vereinen, hätte ich gewaltige Bedenken. Nach allem, was ich erlebt habe, fällt es mir schwer, mir vorzustellen, dass ein Ligamagier mein Freund oder auch nur ein Kollege sein könnte. Und obwohl die anderen im Orden nicht von der Liga verfolgt wurden wie ich, bin ich sicher, dass ich nicht als Einziger solche Gefühle hege. Wir werden sehen, ob eine Versöhnung zu meinen Lebzeiten überhaupt in Frage kommt. Die Magier der Liga haben auf unzählige Arten gezeigt, dass sie nichts mit dem Orden zu tun haben wollen. Sollte sich allerdings eine Gelegenheit ergeben, sei es in der nahen Zukunft oder vielleicht in Jahren, glaube ich, dass jene, die sich für eine Wiedervereinigung von Liga und Orden aussprechen, in beiden Gruppen mit Widerstand zu rechnen haben.
    Falkenmagier Orris an Melyor i Lakin, Herrscherin und Steinträgerin von Bragor-Nal, im Frühling des Gottesjahres 4633
     
    Baden starrte Jaryd und Alayna an. Ihm fehlten einfach die Worte, und er fragte sich, ob es möglich war, dass zwei Personen gleichzeitig von der gleichen geistigen Verwirrung befallen wurden. Der Totenstille ringsumher entnahm der Eulenmeister, dass die anderen in der Halle sein Staunen teilten. Er wandte den Blick dem riesigen braunen Vogel zu, der neben Jaryds Stuhl hockte, und schüttelte bedächtig den Kopf. Dass sich ein Adler an einen Magier

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