Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
sie dich deshalb hergebracht?«
»Nein, du Schwein. Ich war ihre Führerin. Ich bin diejenige, die sie an deinen Drähten und Minenfeldern vorbeigebracht hat.«
Melyor schloss die Augen. »Maus -«
»Ah, ich verstehe«, sagte Marar. »Es gab wirklich nur eine einzige Erklärung. Wer sonst würde Melyor bei so etwas helfen? Du bist Gildriitin und gehörst zum Netzwerk.« Maus grinste. »Genau.«
»Dann darf ich nicht vergessen, unsere Gildriiten für ihren Anteil an dieser Sache zu bestrafen.«
Das Lächeln der Frau verschwand so rasch, wie es gekommen war. »Sie hatten nichts damit zu tun.«
»Nein?«, fragte er und zog die Braue hoch. »Es fällt mir schwer, das zu glauben. Wer hat euch den Weg durch meine Minenfelder gezeigt? Wer hat euch gesagt, wie ihr meine Patrouillen meiden sollt? Das konnte nur das Netzwerk von Stib-Nal. Sie werden dafür bezahlen.« »Du Mistkerl! Wenn du -«
»Ruhig, Maus«, sagte Melyor. »Er wird niemanden mehr bestrafen können. Seine Tage als Herrscher sind vorüber.«
»Das bezweifle ich«, sagte er. »Wenn Wiercia davon hört, was du heute getan hast, wird sie dich aus dem Rat werfen. Sie hasst Gildriiten sogar noch mehr als -«
Der Schlag erfolgte so rasch und mit solcher Wucht, dass er mehrere Sekunden brauchte, um zu begreifen, dass sie mit dem Ende einer ihrer Krücken zugeschlagen hatte. »Gibt es auch etwas, das du nicht in eine Waffe verwandeln kannst?«, fragte er und rieb sich über die gerötete Stelle an seiner Wange.
»Wenn Wiercia sich mir entgegenstellt«, sagte Melyor, »dann werde ich Jibb zum Herrscher von Stib-Nal machen, und sie wird nie wieder eine Abstimmung gewinnen.« Sie schüttelte den Kopf und sah ihn mit ihren grünen Augen an. »Aber ich bin sicher, dass es nicht so weit kommen wird. Sie weiß von Shivohn und von dem Attentat auf mein Leben. Sie wird mir bei allem zustimmen, was ich mit dir tue. Und nun versuche ich zu entscheiden, was das sein wird. Jibb hier will, dass du stirbst, und Premel ist selbstverständlich der gleichen Ansicht.« Sie grinste. »Und du hast dich nicht gerade angestrengt, Maus zu einer Verbündeten zu machen.«
Eine weitere boshafte Bemerkung lag ihm auf der Zunge, aber plötzlich fühlte Marar sich nicht mehr ganz so stark wie einen Augenblick zuvor.
Er befeuchtete sich die Lippen. »Der Vertrag vom Sternenkap verbietet in solchen Fällen Exekutionen.«
»Komisch, dass du dir plötzlich wegen Verträgen Gedanken machst. Du hast die Grüne Erklärung länger als ein Jahr ignoriert.«
»Ja, aber -«
»Und wie ich dir bereits sagte, Marar, wenn ich beschließe, dich zu töten, wird Wiercia nichts dagegen haben. Tatsächlich würde ich Jibb viel glücklicher machen, wenn ich dich einfach der SiHerr übergebe.«
Der General grinste finster, und Marar schauderte. »Andererseits«, sagte Melyor, »könnte ich auch an etwas so Banales denken wie Exil in Abborij.«
Er starrte sie an. »Tatsächlich?«
»Ich will nur wissen, wer dir aus Tobyn-Ser Gold schickt.« »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
Diesmal sah er den Schlag kommen, wenn er auch keine Möglichkeit hatte, um ihn aufzuhalten. Melyor zog die Krücke in einem chromblitzenden Bogen hoch und erwischte ihn diesmal an der Schläfe, was ihn zu Boden warf.
»Heb ihn auf«, hörte er Melyor sagen.
Einen Augenblick später packte ihn Jibb und hob ihn aufs Sofa zurück, als wäre er ein Kind.
»Wer gibt dir dein Gold, Marar? Und was gibst du ihnen dafür?«
Er schluckte. Er war an diesem Tag öfter geschlagen worden als selbst in seinen frühesten Tagen in den Blocks, und er hatte es damals besser vertragen.
»Du musst begreifen«, sagte er, »dass sie sich an mich gewandt haben -«
Sie schlug ihn ein drittes Mal, was ihn erneut zu Boden warf.
»Lüg mich nicht an, Marar«, sagte sie beinahe gelangweilt, als Jibb ihn wieder hochhob und abermals auf das Sofa warf. »Niemand in Tobyn-Ser hätte auch nur gewusst, an wen er sich wenden sollte. Aber es ist mir gleich, wie es begonnen hat, und ich will keine weiteren Lügen hören. Entweder beantwortest du die Frage oder ich lasse dich eine Weile mit Jibb allein.« Sie lächelte freundlich. »Er ist nicht so sanft wie ich.«
Der General nahm ein Messer vom Gürtel und begann damit zu spielen, den Blick auf Marar gerichtet.
»Also gut!«, sagte der Herrscher. »Also gut.« Er holte tief Luft. Er hatte von Reichtum und Macht geträumt, aber es schien kaum eine Möglichkeit zu geben, dass er das jetzt noch erreichen
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