Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
konnte. Und unter diesen Umständen war die Aussicht auf ein Exil in Abborij recht angenehm. »Es kommt von ihren Tempeln, den Kindern der Götter, wie sie sich nennen.« Er leckte sich die Lippen und wandte den Blick ab. »Und ich schicke ihnen dafür Waffen.«
»Aricks Faust!«, hauchte Maus.
Aber Melyor nickte nur. »So etwas hatte ich mir schon gedacht.« Sie drehte sich um und ging auf die Tür zu, dicht gefolgt von Maus. »Nimm ihn mit, Jibb. Es wird Zeit, dass wir hier rauskommen. Ruf nach meinem Lufttransporter; ich werde auf keinen Fall den ganzen Weg zurücklaufen.« Jibb packte Marar am Genick und zwang ihn vom Sofa. »Kann ich wenigstens ein paar von meinen Sachen mitnehmen?«, rief Marar Melyor hinterher. »Kann ich wenigstens ein bisschen Gold mitnehmen?«
Sie blieb im Flur stehen. »Gold? Was willst du im Gefängnis mit Gold anfangen?«
»Aber du sagtest doch, ich würde ins Exil gehen dürfen, wenn ich es dir verrate.«
»Ich habe gelogen.« Sie drehte sich wieder um und ging weiter auf die Treppe zu. »Du solltest dankbar sein, dass ich dich nicht umgebracht habe, Marar«, rief sie über die Schulter zurück. »Ich würde es gerne tun, aber Maus hat mich versprechen lassen, dass ich es nicht tue.« »Ja«, warf Maus ein, ohne sich auch nur nach ihm umzudrehen. »Obwohl ich mir inzwischen wünsche, ich hätte es nicht getan.«
11
I ch schreibe im Auftrag des Adlerweisen Jaryd und aller anderen Mitglieder meines Ordens, um dich um deine Hilfe beim Kampf gegen diese Gefahr für die Sicherheit von Tobyn-Ser zu bitten. Ich weiß, dass der Orden und die Tempel lange Zeit Rivalen waren, obwohl ich diesen Umstand ebenso bedaure wie der Adlerweise. Die Beziehungen des Ordens zur Liga von Amarid waren ebenfalls angespannt, und dennoch befindet sich, während ich diesen Brief schreibe, der Adlerweise zusammen mit dem Ersten Meister Erland und der Adlermeisterin Cailin auf einer ungemein wichtigen Reise. Das wird dir vielleicht deutlich machen, wie besorgt wir alle wegen Sartols Rückkehr sind.
Ich weiß, dass du diese Angelegenheit mit den Hütern deiner Tempel besprechen musst. Zweifellos wirst du dich gegen viele von ihnen durchsetzen müssen, wenn du dich unserer Sache anschließen willst; der Adlerweise Jaryd und ich mussten das Gleiche tun, bevor wir diese Bitte an dich formulierten. Aber ich bitte dich trotzdem, dir nicht zu viel Zeit zu lassen und nicht zu gestatten, dass sich dieser Prozess zu lange hinzieht. Ich fürchte, dass Sartol schon bald seine gewaltige Macht gegen die Menschen unseres Landes einsetzen wird.
Alayna, Erste des Weisen des Ordens der Magier und Meister an Brevyl, Ältester der Kinder der Götter, im Frühling des Gottesjahres 4633
Tammen stand vor ihm auf der Ebene, ihr seidiges Haar wehte im Wind, und der Hauch eines Lächelns umspielte ihre Lippen. Er konnte Sartols helles Feuer in ihren Augen erkennen wie eine Herdflamme, die über Nacht niedergebrannt ist, aber das war ihm egal. Sie war bei ihm. Und als sie ihren Umhang auszog und ins Gras fallen ließ und dann das Hemd über den Kopf zog und die Hose abstreifte, ihre vollendeten Brüste und die sanfte Rundung ihrer Hüften enthüllte, konnte er nichts anderes tun, als vorwärts zu stürmen und sie in die Arme zu nehmen. Aber als er sie erreichte, als er ihre weiche Haut unter seinen Händen spürte und ihren Hals mit seinen Lippen schmeckte, hörte er sie mit Sartols Stimme lachen, und sie ging in Flammen auf und verbrannte ihn. Er versuchte zu schreien, aber es gab keine Luft für seine Lungen. Nur Feuer. Überall Feuer. Nodin erwachte schaudernd, und als er die Augen öffnete, sah er den niedrigen hölzernen Rand des Wagens und die Segeltuchdecke. Die Sonne fiel durch die Wipfel von Tobyns Wald und warf unregelmäßige Schatten auf das Tuch. Er konnte Vögel singen hören, die Hufschläge des Ackergauls und das Rattern des Wagens, und mit einiger Anstrengung stützte er sich auf einen Arm hoch und schaute hinten aus dem Wagen hinaus in den Wald und auf die Straße, auf der sie unterwegs waren.
»Du hast wieder geträumt«, sagte Ianthe vom Bock des Wagens her.
»Ja.«
»Von deiner Freundin? Von der, die Sartol genommen hat?«
Die Heilerin war während ihrer ganzen Reise recht kühl zu ihm gewesen, und sie hatte beinahe jeden Tag solch neugierige Fragen gestellt. Aber sie hatte ihm das Leben gerettet - dessen war er ganz sicher -, und sie hatte ihr Dorf und ihre Leute zurückgelassen, vielleicht sogar
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