Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Glitzern des Werfers des jungen Mannes. Er zielte auf Premel, der die Waffe mit großen Augen anstarrte, die Faust immer noch erhoben. Andere Gardisten hatten sich um sie versammelt, und es war auch eine junge Frau dabei. »Schon gut!«, rief Melyor dem Gardisten zu, als sie die Treppe heraufkam, begleitet von einem großen, kräftigen Mann, der wohl Jibb war. Und dann bemerkte Marar etwas, das bewirkte, dass ihm schwindlig wurde: Sie ging auf Krücken. Es war ihr gelungen, ihm all das anzutun, ohne dass sie auch nur vernünftig laufen konnte. Marar spürte, wie ihm übel wurde.
»Nein, Herrscherin«, sagte der Gardist, als Melyor vor ihnen stehen blieb. »Nichts ist gut. Herrscher Marar sagt, der Oberst sei ein Verräter.«
Die anderen Gardisten starrten Premel ebenso an wie der junge Mann zuvor. Nur Melyor und Jibb schienen von der Neuigkeit nicht beeindruckt zu sein.
»Tatsächlich«, sagte Melyor mit dünnem Lächeln und einem Blick zu Marar, »glaubt Marar das nur. Premel hat sich sofort mit mir und dem General in Verbindung gesetzt, als Marar ihn zum ersten Mal angesprochen hat. Er hat das Gold des Herrschers genommen, weil wir ihn angewiesen haben, das zu tun.«
Marar riss den Mund auf. Sie log. Er wusste es, weil Jibb ebenso erstaunt dreinschaute wie er selbst. Aber ihre Männer hatten keinen Grund, an ihren Worten zu zweifeln. Schließlich senkte der junge Gardist die Waffe. »Es tut mir Leid, Oberst«, sagte er.
Premel murmelte etwas, aber Marar konnte es nicht verstehen. Und in diesem Augenblick war es ihm auch vollkommen egal.
»Du lügst!«, sagte er matt, aber er wusste selbst, wie verzweifelt und unglaubwürdig er klang. »Premel hat dich verraten! Er hat euch alle verraten!«
Melyor lachte. »Und wieso sollte ich ihn dann bei einer solchen Mission mitnehmen?«
Marar öffnete den Mund, dann schloss er ihn wieder, und er ballte die Fäuste so fest, dass ihm die Knöchel wehtaten. »Premel, nimm die Männer mit und sichere weiter den Palast ab. Jibb und ich gehen mit Marar an einen ruhigen Ort, wo wir uns unterhalten können.«
Premel nickte und sah dabei zutiefst dankbar aus. »Selbstverständlich, Herrscherin.«
»Ich würde gern dabei sein, wenn ich darf«, sagte die dunkelhaarige Frau.
Melyor sah sie einen Augenblick an, dann zuckte sie die Achseln. »Gern.«
Jibb packte Marar am Genick und führte ihn, gefolgt von Melyor und der jungen Frau, in eines der Wohnzimmer am anderen Ende des Flurs. Nachdem die Frau die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, stieß Jibb Marar nach vorn, so dass der Herrscher auf ein dick gepolstertes Sofa fiel. Aber statt sich dann auf ihn zu stürzen, wie Marar erwartet hatte, fuhr der General zu Melyor herum.
»Wie konntest du das tun?«, tobte er. »Wie konntest du so lügen?«
»Ich möchte nicht, dass Premel gedemütigt wird«, antwortete sie ruhig. »Und ich werde ganz bestimmt nicht zulassen, dass er« - sie nickte zu Marar hin - »entscheidet, wann und ob ich Premels Verbrechen den anderen gegenüber eingestehe. Das ist meine Entscheidung und nicht die eines anderen. Nicht einmal deine, Jibb.« »Es stimmt also«, murmelte die dunkelhaarige Frau. »Das muss unter uns bleiben, Maus«, sagte Melyor mit einem kurzen Blick zu ihr.
Die Frau nickte.
Die Herrscherin schwang sich auf den Krücken vorwärts, bis sie direkt vor Marar stand. »Und was dich angeht, Herrscher, solltest du froh sein, dass Jibb und ich rechtzeitig aufgetaucht sind. Premel hätte dich wahrscheinlich getötet.«
Er setzte sich aufrecht hin und schüttelte den Kopf. »Ich hatte die Situation unter Kontrolle. Dieser junge Gardist war bereit, ihn zu töten, bis du deine kleine Geschichte erzählt hast.«
»Nun, dann hattest du noch mehr Glück«, sagte Melyor kalt. »Denn wenn das geschehen wäre, hätte ich dich auf der Stelle umgebracht.«
Marar lächelte dünn. »Ich wusste nicht, dass er dir so viel bedeutet. Ist er vielleicht dein Geliebter? Ich hoffe nicht. Das wäre eine schreckliche Enttäuschung. Seit ich hier sitze, habe ich mir schon die wunderbarsten Szenen mit dir und deiner jungen Freundin dort vorgestellt.«
Er sah Maus an, und sein Lächeln wurde breiter.
»Was hat er da gerade gesagt?« Die junge Frau stürmte auf Marar zu.
Melyor hob die Hand, um sie aufzuhalten. »Immer mit der Ruhe, Maus. Er wartet nur auf eine solche Reaktion. Tu ihm nicht den Gefallen.«
»Maus«, sagte Marar. »Was für ein entzückender Name. Bist du das Schoßtierchen der Herrscherin? Hat
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