Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Welchen Widerstand seine Wachen auch geleistet haben mochten, er war gebrochen worden.
Melyor, sagte er sich. Es musste Melyor sein. Er versuchte sich hinzusetzen, aber er war nicht einmal sicher, ob er sich tatsächlich bewegt hatte, als ihn jemand fest packte, ihm den Werfer aus der Hand trat und ihn auf die Beine riss. Er konnte durch den Rauch kaum etwas sehen, und ihm war immer noch schwindlig von dem Schlag gegen den Kopf. Aber dann begannen die Männer, die ihn an den Armen hielten, ihn aus dem Zimmer zu führen, und einer von ihnen sagte: »Hier entlang, Herrscher.« Und er wusste, dass er Recht gehabt hatte. »Hallo, Premel«, brachte Marar heraus, bevor er einen Hustenanfall bekam.
»Woher kennt er deinen Namen?«, fragte der andere Gardist, genau wie Marar gehofft hatte.
»Das ist egal.«
»Ich kenne seinen Namen«, sagte Marar mühsam durch einen weiteren Hustenanfall hindurch, »weil er seit Anfang letzten Sommers für mich gearbeitet hat, nicht wahr, Premel?«
Der Mann sagte nichts, obwohl er Marars Arm noch fester packte. Sie befanden sich jetzt im Flur vor Marars Vorzimmer und stiegen über Trümmer und hin und wieder eine Leiche hinweg. Gregor lag dort, eine blutige, geschwärzte Wunde in der Brust, die blicklosen Augen zur Decke gerichtet. Marar verzog den Mund.
Der Rauch wurde dünner, und der Herrscher konnte langsam mehr erkennen und sah, was mit seinem Palast geschehen war. Die Mauern waren schwarz und halb eingestürzt. Als sie den Treppenabsatz erreichten, erkannte er, dass dort der größte Teil der Gemälde zerstört war. Verwundete Sicherheitsmänner lagen auf der Treppe und im unteren Stockwerk, aber Marar konnte nur zwei entdecken, die eindeutig tot waren. Irgendwie war es Melyor und ihren Männern gelungen, all das zu erreichen, ohne dass Marar auch nur erfuhr, dass sie auf dem Weg waren. Am liebsten hätte er sie alle getötet, angefangen mit der schönen Herrscherin, die zweifellos irgendwo in der Nähe war. Aber er hatte nur Premel, also er konzentrierte sich auf ihn.
»Wovon redet er da, Oberst?«, wollte der andere Mann schließlich wissen. »Stimmt das?«
Marar zwang sich zu einem Grinsen. »Selbstverständlich stimmt es«, sagte er, bevor Premel antworten konnte. »Warum, glaubst du wohl, ist er so still geworden.« »Oberst?«, sagte der Mann beinahe flehentlich.
»Still!«, befahl Premel. »Beide! Haltet den Mund! Herrscherin!«, rief er über das Geländer hinweg. »Wir haben ihn!« »Wir sind auf dem Weg«, erwiderte Melyor.
»Es ist nicht leicht, ein Verräter zu sein, wie, Premel?«, fragte Marar leise. »Du verrätst deine Herrscherin, deinen General, selbst deine Kameraden. Es muss sehr schwierig sein.«
Marar hörte die Schritte von mehreren Personen, die die Treppe heraufkamen. Er konnte die zerbrochenen Glastüren sehen, die in seinen Garten führten, und fühlte sich seltsam erleichtert, dass dem Garten nichts geschehen war. Premel starrte mit rotem Gesicht geradeaus, aber seine Miene war neutral. Der andere Mann, ein junger Gardist mit kantigem Kinn, kräftigen Armen und einem Stiernacken, starrte Premel an, wie ein Kind seinen Vater ansehen würde, nachdem es erfahren hat, dass er ein Mörder ist. Der Mann hielt Marars Arm so locker, dass der Herrscher kurz daran dachte, sich loszureißen und nach dem Werfer des Gardisten zu greifen. Aber Premel drückte Marars anderen Arm, als hielte er ihn für die Kehle des Herrschers. Jeder Fluchtversuch Marars hätte Premel nur eine Ausrede geliefert, ihn zu töten.
Also sprach er stattdessen weiter. Es war immerhin das, was er am besten konnte.
»Wie viel Gold habe ich dir bisher gegeben, Premel? Ich kann mich nicht mehr erinnern. Es reicht doch sicher, um dir -«
Bevor er den Rest herausbrachte, hatte Premel ihm einen Kinnhaken verpasst. Die Knie des Herrschers gaben nach und er wäre gestürzt, aber Premel hielt ihn immer noch am Arm und der junge Gardist am anderen. Premel schlug erneut zu, und Marar spürte, wie ihm Blut aus der Nase lief. »Premel, nein!«, hörte er Melyor rufen. Nun wurden die Schritte auf der Treppe schneller. Aber sie würden zu spät kommen, Premel würde ihn töten, bevor die anderen ihn erreichten. In den hellen Augen des Gardisten stand ungeheure Wut, und er hatte den Arm bereits gehoben, um Marar noch einmal zu schlagen. Der Herrscher zuckte zurück und schloss die Augen.
»Hör auf, Oberst!«, sagte der junge Mann.
Als Marar die Augen wieder öffnete, sah er das metallische
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