Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Herzen ließ die körperliche Qual geringfügig erscheinen. Der Geist des Eulenmeisters hatte zwei Tage Vorsprung, und Tammen war jung und kräftig. Sie konnte Sartol rasch durch Tobyn-Ser tragen, wohin immer er auch wollte. Wahrscheinlich nach Amarid. Dort hatten sich der Orden und die Liga versammelt. Wenn Sartol sie besiegen und sich zum einzigen Meister der Magie machen wollte, würde er dort beginnen müssen. Nodin wusste nicht, wie er den Geist des Eulenmeisters aufhalten sollte. Er war ungebunden und halb tot aufgrund seiner Brandwunden. Und er glaubte auch nicht, Tammen retten zu können. Er hatte Sartols gelbes Feuer in ihren Augen gesehen, bevor sie den Stab gehoben und versucht hatte, ihn zu töten. Tammen weilte nicht mehr unter ihnen.
Aber er hatte sie geliebt, und sie hatte ihn auf ihre eigene Art gern gehabt; ihre einzige Nacht zusammen hatte ihn davon überzeugt. Also musste er es versuchen. Das war er ihr schuldig. Und selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre - er schuldete es sich selbst. Er würde nicht zulassen, dass die Geschichtsschreiber einmal behaupten würden, Tammen hätte gestattet, dass Sartol das Land vernichtet.
Und so kroch er weiter, die Sonne hinter sich, und warf seinen eigenen tierähnlichen Schatten vor sich. Zumindest brannte die Sonne jetzt nicht mehr so auf den Wunden, die Sartols Feuer verursacht hatte. Nodin hatte seinen Stab mit einem Arm an sich gedrückt und hielt oft inne, um ihn auf die andere Seite zu wechseln, damit er sich nie zu lange auf einen Arm stützen musste, aber stets den violetten Stein vor sich sah, als böte ihm dieses Leuchten einen gewissen Trost und die Versicherung, dass er immer noch lebte. Sein ganzer Körper tat weh. Seine Knie waren beinahe der einzige Teil von ihm, der nicht verbrannt war, und sie wurden mit jedem Augenblick wunder. Und seine Hände, die beinahe unheilbar verbrannt waren, bereiteten ihm einen derart Übelkeit erregenden Schmerz, dass er, selbst wenn er etwas zu essen gefunden hätte, wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen wäre, es bei sich zu behalten.
Er spürte die Hufschläge, bevor er sie hörte. Sie zuckten durch den Boden der Ebene wie Pulsschlag, strömten durch seine Knie und seine Hand.
Er richtete sich mit einer Anstrengung auf, die ihm ein Keuchen aus der Brust riss. Der Reiter befand sich im Süden, war ebenfalls in Richtung auf den Wald unterwegs und schien Nodin nicht zu bemerken. Der Magier hob den Stab hoch über den Kopf, nahm alle Macht, die ihm noch geblieben war, zusammen und ließ seinen Ceryll leuchten.
Beinahe sofort wandte sich der Reiter ihm zu, und bald war er abgestiegen und kniete an Nodins Seite. »Aricks Faust!«, flüsterte der Mann. Sein Gesicht und seine Stimme waren jung, aber Nodin war kaum im Stande, mehr wahrzunehmen. »Was ist passiert, Sohn Amarids?«
Der Magier hatte nicht darüber nachgedacht, was er anderen erzählen würde. Ein Teil von ihm hatte einfach nicht daran geglaubt, dass er je wieder mit einem lebenden Menschen sprechen würde. Würden die Leute ihm glauben? Würden sie denken, er hätte vor Schmerz und Hunger den Verstand verloren? Und wenn sie ihm glaubten, würde die Nachricht, dass Sartol wieder das Land durchstreifte, befreit von den Einschränkungen, die ihm Therons Fluch bisher auferlegt hatte, und bewaffnet mit seiner Magie, nicht das ganze Land in Panik versetzen?
»Ich wurde von einem anderen Magier angegriffen.« Er musste sich anstrengen, laut genug zu sprechen, dass der andere ihn verstehen konnte. »Sie hat den Verstand verloren, und ich muss sie finden, bevor sie noch mehr Menschen verletzt.«
»Du brauchst einen Heiler, Magier«, sagte der Mann. »Oder noch besser, einen anderen von deiner Zunft, der sich um dich kümmern kann. Der Rest kann warten.«
»Nein!« Nodin zuckte zusammen. Selbst das Sprechen tat weh. Der Mann hatte Recht. »Entschuldige«, flüsterte er. »Ich danke dir für deine Freundlichkeit, und ich wäre dankbar, wenn du mich zu einem Heiler bringen könntest. Aber wir müssen uns beeilen. Diese Magierin muss aufgehalten werden.«
Der Mann nickte. »Kannst du aufstehen?«
»Mit deiner Hilfe.«
»Und kannst du reiten?«
Nodin schluckte. Er wusste, was es ihn kosten würde, aber er wusste auch, dass er kaum eine Wahl hatte. »Ich werde es versuchen.«
Es stellte sich heraus, dass das Reiten so schmerzhaft war, dass Nodin praktisch schon beim ersten Schritt des Tieres das Bewusstsein verlor. Aber das war im Grunde ein Segen.
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