Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Sie ist eine Steinträgerin.«
Die junge Frau schüttelte den Kopf. »Was ist eine Steinträgerin?«
»Eine Steinträgerin ist eine Nachfahrin von Gildri, einem von Therons Anhängern, die Tobyn-Ser nach dem Fluch und Therons Tod verlassen haben.
Sie sah ihn verwirrt an.
»Melyor lebt in Lon-Ser, Cailin. Ich bin ihr begegnet, als ich dort war.«
Sie riss die Augen auf. »Sie ist eine Fremde?«
»Ja. Sie ist jetzt Herrscherin von Bragor-Nal.« Nun war es an Orris, den Blick abzuwenden. »Es tut mir Leid, wenn dich das stört.«
»Nein, das tut es nicht. Früher einmal wäre es vielleicht so gewesen, aber jetzt nicht mehr.« Sie hielt inne, als müsste sie darüber nachdenken, was er ihr gesagt hatte. »Tatsächlich«, fuhr sie einen Augenblick später fort, »macht es die Sache nur einfacher. Wir sind so verschieden, dass ich mich in keiner Weise mit ihr vergleichen kann.«
»Nun, wie ich schon sagte, ihr seid euch in einigen Dingen sehr wohl ähnlich. Ihr seid beide sehr stark, intelligent und schön. Aber ich denke, ich verstehe, was du meinst.« Sie seufzte wieder, dann hakte sie sich bei ihm ein und legte den Kopf an seine Schulter. Er erstarrte und fragte sich, ob sie wohl versuchten wollte, ihn zu überreden.
»Entschuldige«, sagte sie und hob den Kopf. »Wäre es dir lieber, wenn ich das nicht tue?«
»Nein, das ist schon in Ordnung. Solange du begreifst, dass es zwischen uns nicht mehr geben kann.«
Sie nickte und legte den Kopf erneut an seine Schulter. »Ja, ich verstehe.«
Er schaute nach Westen. »Wir sollten bald zu den anderen zurückkehren.«
»Ich weiß. Nur noch ein paar Minuten.« Sie schwieg, aber nur kurz. »Wie habt ihr euch kennen gelernt?«
Orris grinste und zuckte die Achseln. »Sie hat ein paar Leute geschickt, die mich umbringen sollten, und von da an ging es irgendwie weiter.«
Sie setzte sich aufrecht hin und lächelte. »Tatsächlich? Du meinst, wenn Kovet die Wahrheit gesagt hätte und ich tatsächlich diese drei Magier geschickt hätte, um dich zu töten, hätte ich eine Chance gehabt?«
Wieder lachte er. »Das kann ich nicht sicher sagen, aber wir sollten es lieber nicht versuchen herauszufinden.« Er stand auf und hielt ihr die Hand hin, um ihr aufzuhelfen. Sobald sie stand, ging sie einen Schritt auf ihn zu und küsste ihn sanft auf die Lippen.
Er runzelte die Stirn. »Cailin ...»
»Ich weiß«, sagte sie, lächelte und wurde rot. »Aber ich musste es einfach tun.«
»Komm«, sagte er, sprang vom Felsen und ging zu seinem Pferd. »Wir müssen zu den anderen zurückkehren.«
Sie kletterte vom Felsen und stieg in den Sattel, aber dann blieb sie regungslos stehen.
Orris war schon ein Stück weitergeritten, und nun zügelte er sein Pferd und schaute zu ihr zurück. »Was ist los?« »Ich bin nicht gerade versessen darauf, Erland wiederzusehen.«
»Das kann ich dir nicht übel nehmen, Cailin. Aber ich habe ihm ... ich habe allen gesagt, dass er Unrecht hatte, dass es zwischen uns nichts gibt.«
»Das spielt kaum eine Rolle«, sagte sie. »Er hatte einfach kein Recht, so etwas zu sagen.«
»Das stimmt. Er hatte kein Recht dazu. Aber es ging ihm um mich und nicht um dich.«
»Nun, er hat auch kein Recht, dich einen Verräter zu nennen.«
»Mag sein, aber im Augenblick ist das alles ohne Bedeutung. Du bist Adlermeisterin und du musst ihm zeigen, dass er seinen Zorn vielleicht nicht um des Landes willen beiseite schieben kann, du aber sehr wohl.« Er lächelte. »Und jetzt komm. Es wird bald dunkel sein.«
Sie erwiderte sein Lächeln und nickte, und dann kehrten sie zurück zu Rhonwens Bindungsort.
Sie fanden die anderen gerade, als die letzten Sonnenstrahlen schräg in den Wald fielen. Erland schaute auf, als sie unter den Bäumen hervorritten, und wandte den Blick dann rasch wieder ab. Orris und Cailin sahen einander an, und dann zuckte Orris die Achseln, was Cailin ein Grinsen und ein Kopfschütteln entlockte.
Jaryd kam auf sie zu und hielt die Zügel von Cailins Pferd, während sie abstieg. »Ich bin froh, dich zu sehen, Adlermeisterin.«
»Danke«, sagte sie und wurde rot. »Es tut mir Leid, dass ich davongeritten bin.«
Der Adlerweise schüttelte den Kopf. »Es braucht dir nicht Leid zu tun.«
Vawnya kam zu ihnen und sah erst Jaryd und dann Cailin an. »Was ist unser Plan?«, fragte sie.
»Im Augenblick haben wir im Grunde keinen«, erwiderte Jaryd. »Wir müssen herausfinden, wie es Sartol gelungen ist, sich von seinem Bindungsort zu befreien, und was
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