Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Stunde, nachdem sie am nächsten Morgen aufgebrochen waren. Die SiHerr hatte nie Messerdraht benutzt, weil er sich gegen alle, die das Nal betreten oder verlassen wollten, als relativ wirkungslos erwiesen hatte. Es war kaum mehr als eine lang gezogene Spirale festen, rasiermesserscharfen Metalls. Den Draht anzufassen war unmöglich, denn er schnitt bei der leichtesten Berührung durch Fleisch und sogar durch Knochen. Andererseits konnte Werferfeuer ihn aber leicht durchtrennen und schmelzen, und obwohl diese erste Barriere tatsächlich aus mehreren Drahtspiralen bestand, die aufeinander getürmt waren und sich nach links und rechts so weit erstreckten, wie das Auge reichte, stellte sie für Jibb und seine Männer kein echtes Hindernis dar.
Die Gefahr lag laut Maus in der Tatsache, dass Marars Sicherheitsmänner außer dem Draht auch noch üppig bestückte Minenfelder verwendeten, die bis zu einem halben Block breit sein konnten. Also gingen sie nicht direkt durch den Draht weiter, sondern warteten eine Weile, während die junge Gildriitin eine Stelle suchte, die sie für gefahrlos hielt. Die Männer beäugten sie zweifelnd, während sie weitersuchte, aber als sie schließlich gefunden hatte, was sie gesucht hatte, drängten sie sich dicht um sie, um es ebenfalls zu sehen. Dann machten sie Platz für Melyor, damit sie auf ihren Krücken näher kommen konnte.
»Was hast du gefunden?«, fragte sie und beugte sich über Maus, die am Boden kniete, die Spur eines Lächeln auf den Lippen.
Die Frau blickte auf und zeigte auf einen kleinen Kreis aus Kieselsteinen neben dem Draht. Es war nichts, was einer von ihnen bemerkt hätte. Es hätte Zufall sein können. Und das war selbstverständlich das Gute daran.
Maus stand wieder auf, und die Männer ließen sie durch. Sie ging ein paar Schritte weiter am Draht entlang, dann hockte sie sich abermals hin. Melyor folgte ihr und sah dort einen zweiten Kreis aus Kieselsteinen.
»Wir müssen hier durch«, sagte Maus. »Auf der anderen Seite sollte es einen Korridor geben, der uns durch das Minenfeld bringt.«
Melyor starrte die Steine einen Augenblick an, dann schüttelte sie den Kopf. »Woher konnten sie das wissen?«, flüsterte sie. »Woher erhalten sie diese Informationen?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Maus. »Aber wenn du solche Informationen brauchst, um zu überleben und deine Familie zu schützen, tust du, was du kannst, um sie zu erhalten.« Sie hob die Steine auf, verstreute sie und machte dann mit dem anderen Kreis das Gleiche. »Ich möchte nicht, dass Marars Leute diese Kreise finden, wenn sie entdecken, was wir mit dem Draht gemacht haben«, erklärte sie. Dann wandte sie sich den Männern zu. »Worauf wartet ihr noch? Schafft den Zaun weg.«
»Jibb«, sagte Melyor, ohne sich zu bewegen.
Sofort gab der General einen Befehl, und seine Männer begannen mit ihren Werfern, den Draht zu zerteilen. Kurz darauf waren sie auf der anderen Seite und warteten, während Maus die Markierungen des Netzwerks für den Weg durch Marars Minenfeld suchte. Wieder waren es Steine, diesmal Paare, die in regelmäßigen Abständen auf beiden Seiten des Weges lagen. Und wieder hätte man sie nicht bemerkt, wenn man nicht danach gesucht hätte.
Sie durchquerten das Minenfeld, so schnell sie konnten, mit Maus und Premel auf beiden Seiten in Führung, den Blick zu Boden gerichtet und nach weiteren Markierungen suchend. Das Ende des Minenfeldes wurde von zwei weiteren Kieselkreisen markiert, die Maus unberührt ließ, damit sie später den Weg nach draußen wiederfinden konnten. Bis zum frühen Nachmittag fanden sie drei weitere Drahtzäune, die alle an Minenfelder grenzten. Aber da Jibbs Leute nun wussten, wonach sie suchen sollten, war es viel einfacher geworden, den Weg zu finden.
»Ich glaube, das hier war das Letzte«, sagte Maus, nachdem sie das vierte Minenfeld hinter sich gebracht hatten. »Bist du sicher?«
»Nicht vollkommen. Aber wenn ich mich irre, werden wir vorher auf weiteren Draht stoßen. Wenn ich Recht habe, müssen wir jetzt wegen der Patrouillen aufpassen.« Melyor wandte sich Jibb zu, der sich wie abgesprochen den ganzen Tag in ihrer Nähe gehalten hatte. »Sag lieber den Männern Bescheid.«
Er nickte, pfiff einmal und winkte die Gardisten zu sich. Während Jibb mit seinen Leuten sprach, reichte Maus Melyor ihren Stab zurück.
»Du solltest lieber eine Möglichkeit finden, den hier zu tragen«, sagte sie. »Wir könnten meinen Werfer brauchen, und ich will nicht,
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