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Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)

Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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die wartenden Pferde. »Steigen wir auf. Wir haben Tennyson schon zu viel Vorsprung gelassen.«
    Horace nickte, denn Walt hatte natürlich recht. Außerdem, was sollte er über einem Grab von zwei Menschen sagen, von denen er nicht einmal die Namen kannte.
    Walt wartete, bis seine beiden Freunde aufgestiegen waren. »Also los«, sagte er dann und lenkte Abelard Richtung Süden. »Wir legen an Tempo zu, um den Zeitverlust wettzumachen.«
    Den restlichen Nachmittag ritten sie im leichten Galopp. Reißer und Abelard konnten ein solches Tempo notfalls noch viel länger beibehalten, und für einen Nachmittag schaffte das auch Kobold. Wolkenbänke zogen vom Westen herein und bedeckten den bislang klaren Himmel. Walt sog die Luft ein.
    »Es könnte heute Abend noch Regen geben«, meinte er. »Wäre gut, wenn wir bis dahin schon auf dem Pass wären.«
    »Wieso denn?«, wollte Will wissen.
    »Höhlen«, antwortete Walt lakonisch. »Davon gibt es in den Felswänden des Passes reichlich, und ich verbringe die Nacht lieber in einer warmen, trockenen Höhle als draußen im Regen.«
    Sie erreichten den Ein-Raben-Pass im letzten Tageslicht. Zuerst konnten Will und Horace ihn gar nicht gleich ausmachen. Erst bei genauerem Hinsehen erkannten sie, dass der Pfad wenige Schritte nach dem Durchgang um neunzig Grad nach links abknickte und man auf den ersten Blick nur die dahinter liegende Felswand sah. Vorsichtig ritten sie hinein, die Hufschläge hallten von den steilen Wänden wider. Anfangs war der Weg sehr schmal, kaum mehr als ein sich zwischen den hohen Bergen hindurchschlängelnder Pfad. Nach und nach öffnete er sich und war an manchen Stellen sogar bis zu
dreißig oder vierzig Schritte breit. Das Gelände stieg immer noch an und der Boden war uneben. Die Felsen warfen lange Schatten und das Fortkommen war schwierig. Kobold strauchelte einige Male und Walt hob schließlich die Hand.
    »Wir sollten das Nachtlager aufschlagen«, schlug er vor. »Die Pferde könnten sich unter diesen Bedingungen ein Bein brechen und dann säßen wir fest.«
    Will schaute sich um. »Ich habe noch keine dieser warmen, trockenen Höhlen entdecken können, die du erwähnt hast«, sagte er.
    Walt schnalzte verärgert mit der Zunge. »Die Markierungen auf der Karte deuten aber eindeutig auf kleine Höhlen hin.« Kopfschüttelnd zeigte er nach vorne. »Dann werden wir wohl mit diesem Felsvorsprung vorliebnehmen müssen.«
    Ein großer flacher Felsblock ragte aus der Steinwand hervor und bot ihnen ein kleines Dach über dem Kopf. Man konnte halbwegs aufrecht darunter stehen.
    »Zumindest hält er den Regen ab«, sagte Will.
    Sie schlugen ihr Lager auf. Will und Horace hatten ein wenig Feuerholz vom letzten Lagerplatz mitgenommen, und Walt entschied, dass sie es wagen konnten, Feuer zu machen. Ihnen war kalt und ihre Stimmung war auf dem Nullpunkt, sodass sie sich bei der geringsten Kleinigkeit anblaffen würden. Ein Feuer, warmes Essen und ein heißer Kaffee würden ihre Laune heben. Natürlich bestand immer das Risiko, dass jemand auf den Feuerschein und den Rauch aufmerksam werden würde, aber die vielen Windungen des Passes sprachen eigentlich dagegen. Außerdem hatten sie bisher kein Anzeichen dafür entdeckt, dass man sie verfolgte. Und auch für andere wäre es gefährlich, sich im Dunkeln über diesen
unebenen Boden zu bewegen. Alles in allem, entschied Walt, überwog der Nutzen mögliche Gefahren.
    Sie legten sich zeitig unter ihren Decken und Mänteln zum Schlafen, nachdem sie vorher das Feuer mit Sand gelöscht hatten. Horace bot an, die erste Wache zu übernehmen, was Will und Walt auch dankbar annahmen.

    Horace weckte Will aus einem tiefen, traumlosen Schlaf. Im ersten Moment fragte er sich, wo er war und warum ein Kiesel sich so schmerzend durch die Decke in seine Hüfte bohrte. Dann erinnerte er sich.
    »Bin ich mit der Wache dran?«, murmelte er schlaftrunken.
    Horace kauerte über ihm, den Finger über die Lippen gelegt, und bedeutete ihm zu schweigen. »Hör mal«, flüsterte er und deutete Richtung Pass.
    Will gähnte, schniefte und schob sich in seiner Decke hoch, um sich auf einem Ellbogen abzustützen.
    Ein langer, krächzender Schrei hallte von den Felswänden und setzte sich in einem vielfachen Echo fort, lange nachdem der Schrei bereits verstummt war. Will merkte, wie er eine Gänsehaut bekam. Es war ein Ruf voller Trauer, ein heiseres Krächzen voller Leid.
    »Was zum Teufel ist das?«, flüsterte er.
    Horace schüttelte den Kopf.

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