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Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)

Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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Annehmlichkeiten des Lagerdaseins, die auf ihn warteten.
    »Leise, mein Junge«, flüsterte Will Reißer ins Ohr. Er schob seinen Langbogen nun auch über die Schulter und griff in seine Jackentasche nach seinen zwei Handschlägern. Die beiden Messingzylinder waren so konstruiert, dass man sie miteinander zu einem Stück verbinden konnte. Auf dem Rücken eines Pferdes war das eine knifflige Angelegenheit, aber schließlich hatte er es geschafft. Er wiegte sie prüfend in der rechten Hand, denn sie konnten auch als Wurfgeschoss verwendet werden. Allerdings müsste er zuerst auf eine Reichweite von etwa zwanzig Schritten herankommen  – und das konnte sich als schwierig erweisen.
    Will sah, dass der Genovese schon fast den Kamm erklommen hatte. Ein sechster Sinn warnte ihn, dass der Mann sich ganz oben noch einmal umdrehen würde. Er hielt Reißer sofort an, glitt aus dem Sattel, zog an den Zügeln und ließ sich zu Boden fallen. Reißer wusste, was zu tun war. Er ging auf die Knie und rollte sich im Gras auf die Seite, wo er
bewegungslos liegen blieb. Will schlang den Arm um seinen Hals. Zusammen harrten sie schweigend aus, getarnt durch das hohe Gras. Unter seiner Kapuze hervor sah Will, wie der Genovese tatsächlich innehielt und sich umdrehte. Doch es war nur ein flüchtiger Blick. Da er bisher nie Anzeichen eines Verfolgers gesehen hatte, rechnete er auch jetzt nicht damit.
    Das hatte Walt seinem Lehrling während seiner Ausbildung sehr oft klargemacht. In neunzig Prozent der Fälle sehen die Leute nur das, was sie zu sehen erwarten. Der Genovese erwartete keine Verfolger, also entdeckte er sie auch nicht.
    Nachdem er weg war, wartete Will trotzdem noch ein wenig. Der älteste Trick war, anscheinend davonzureiten und dann plötzlich wieder aufzutauchen. Aber sein Gegner schien das nicht für nötig zu halten.
    Will tippte Reißer an der Schulter an und das Pferd rollte sich zur Seite und kam wieder auf die Füße. Will stieg sofort auf und ließ Reißer jetzt im Galopp laufen.
    Als sie über den Kamm ritten, stieß Will überrascht die Luft aus, beeilte sich dann aber sofort, Reißer zu beruhigen.
    »Nur weiter!«, sagte er und das Pony galoppierte voran.
    Die Landschaft hatte sich verändert. Statt der Hügellandschaft breitete sich vor ihnen ein großes breites Tal aus. Und ganz am Ende erstreckte sich Tennysons Lager. Zumindest vermutete Will das. Es war sehr groß und bot mehr als hundert Menschen Platz.
    Will hatte jetzt nicht die Zeit, sich mit dieser Frage zu beschäftigen, er musste sich um den Genovesen kümmern, der mittlerweile nur noch etwa zweihundert Pferdelängen von ihm entfernt war. Bisher hatte er unwahrscheinliches Glück gehabt, dass der Söldner Reißers Hufschläge im
Gras noch nicht vernommen hatte und sich immer noch im Schritttempo bewegte.
    Da sah Will, wie der Kopf des Mannes plötzlich hochfuhr und er sich dann umdrehte. Will war nahe genug, um seinen Schreckensruf zu hören und zu sehen, wie er dem Pferd die Fersen in die Seiten stieß und es zu einem Galopp antrieb. Das war ein taktischer Fehler. Der Mann hatte eine Armbrust, also wäre es für ihn ein Leichtes gewesen, abzusteigen und sich seinem Verfolger zu stellen.
    Will sah das blasse Oval des Gesichts, als der Mann über die Schulter blickte. Reißer holte kräftig auf und der Mann trieb sein Pferd verzweifelt mit Fersenstößen an, aber der schwerfällige Gaul hatte keine Chance gegen ein schnelles Waldläuferpony.
    Der Genovese versuchte jetzt, seine Armbrust von der Schulter zu holen. Als Will das sah, steckte er die Handschläger in den Gürtel und nahm seinen Langbogen. Der Söldner legte einen Bolzen an. Will bekam eine trockene Kehle, als er an die vergifteten Bolzen dachte. Unter normalen Umständen hätte er zuerst geschossen. Alle Vorteile lagen auf seiner Seite. Sein Gegner musste sich erst im Sattel drehen, um einen Schuss anzubringen, während Will sofort schießen konnte. Auf diese Entfernung hatte er ein leichtes Ziel.
    Aber er brauchte den Mann lebend.
    Der Genovese hatte es schließlich geschafft, die Armbrust zu laden. Er bemühte sich, den ungleichmäßigen Schritt des Pferdes auszugleichen. Er drehte sich nach rechts, also lenkte Will Reißer mit den Knien nach links und zwang den Genovesen so, sich noch weiter im Sattel zu drehen, was ihm das Zielen erschweren würde.
    Der Genovese merkte, was er vorhatte, und drehte plötzlich ebenfalls nach links. Aber da war Will schon wieder nach rechts ausgewichen.

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