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Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)

Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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gut, und Malcolm holte schon Luft, um eine knappe Antwort zu geben. Doch dann besann er sich.
    »Nein«, antwortete er geduldig. »Es geht ihm gar nicht gut. Reich mir bitte meine Medizintasche, Horace.« Die Tasche befand sich für ihn in Reichweite, aber Malcolm wollte dem jungen Mann das Gefühl geben, helfen zu können.
    Horace reichte Malcolm die Ledertasche, und der Heiler tastete mit flinken Fingern darin herum, bis er die Phiole gefunden hatte, die er gesucht hatte. Sie enthielt eine hellbraune Flüssigkeit. Malcolm zog mit den Zähnen den Stöpsel heraus.
    »Halt seinen Mund auf«, bat er knapp. Horace kniete sich auf Walts andere Seite und öffnete mit beiden Händen seinen Mund. Walt wehrte sich dagegen und warf den Kopf hin und her. Doch er war geschwächt und kam nicht gegen Horace an. Malcolm beugte sich über ihn und ließ ein paar Tropfen der braunen Flüssigkeit auf Walts Zunge fallen. Wieder bäumte sich der Waldläufer dagegen auf und versuchte, sich loszureißen.
    »Halte seinen Mund geschlossen, bis er geschluckt hat«, sagte Malcolm. Horace gehorchte und zwang mit seinen großen Händen den Waldläufer, den Mund zu schließen. Walt stöhnte, doch seine Kehle bewegte sich, daher wusste Malcolm, dass er die Medizin geschluckt hatte.
    »In Ordnung«, sagte er. »Du kannst ihn loslassen.«
    Horace nahm seine Hände wieder weg. Walt hustete und versuchte, sich aufzurichten. Horace fasste seine Schultern und drückte ihn vorsichtig, aber unnachgiebig wieder nach unten. Nach etwa einer Minute wurden Walts Bewegungen schwächer, er hörte auf zu stöhnen und schien einzuschlafen.
    Malcolm nickte Horace aufmunternd zu. Auf der Stirn des jungen Ritters standen Schweißperlen, und die kamen, wie der Heiler wusste, nicht von der Anstrengung, sondern von der übergroßen Sorge um Walt.
    »Malcolm«, sagte Horace. »Was passiert denn gerade mit ihm?«
    Malcolm hatte ihnen zwar erzählt, dass Walt verschiedene Phasen durchmachen würde, aber er hatte diese letzte Phase nicht genau beschrieben. Horace wusste allerdings inzwischen, dass jegliche Veränderung zum jetzigen Zeitpunkt nur Schlimmes bedeuten konnte. Walt war verwirrt, und Horace wollte wissen, wie schlimm die Situation war.
    Malcolm begegnete seinem besorgten Blick.
    »Ich will dich nicht anlügen, Horace. Er ist jetzt ruhiger, weil ich ihm dieses Medikament gegeben habe. Die Wirkung hält etwa eine Stunde an, dann wird er erneut anfangen, um sich zu schlagen. Und jedes Mal, wenn er das tut, pumpt er das Gift durch seinen Kreislauf und das beschleunigt sein Ende.«
    »Wie lange kannst du ihn denn noch mit dieser Medizin ruhigstellen?«, fragte Horace. »Will müsste ja bald zurückkommen.«
    Malcolm zuckte mit den Schultern. »Vielleicht noch zwei Mal. Vielleicht drei Mal. Aber er ist schwach, Horace, und es
ist eine starke Droge. Wenn ich sie ihm zu oft verabreiche, kann sie ihn genauso töten wie das Gift.«
    »Kannst du denn sonst gar nichts tun?«, fragte Horace und merkte, dass ihm Tränen in den Augen brannten. Er fühlte sich so … so hilflos, so nutzlos. Wenn der Waldläufer in einer Schlacht wäre, umgeben von unzähligen Feinden, würde Horace ihm zur Hilfe eilen und ihn heraushauen. Solche Gefahren kannte und verstand er. Damit konnte er umgehen.
    Aber das hier! Dieses furchtbare Händeringen, dieses Warten und Zusehen. Das war schlimmer als jede Schlacht, die er sich vorstellen konnte.
    Malcolm schwieg. Es gab nichts, was er hätte sagen können. Er las die Angst in Horace’ Augen, sah, wie sein Gesicht sich vor Zorn rötete.
    »Ihr Heiler! Ihr seid doch alle gleich! Ihr habt eure Salben und Sprüche und Getue, und zum Schluss nützt es doch alles nichts! Alles, was ihr tun könnt, ist abzuwarten !«
    Dieser Vorwurf war ungerecht. Malcolm war nicht wie die meisten Heiler, und er war ganz bestimmt kein Scharlatan. Er wusste genau über den menschlichen Körper Bescheid und wie man ihn mit Kräutern und gewissen Rauschmitteln behandeln konnte. Zweifellos war er der Mann mit dem größten Heilwissen in ganz Araluen.
    Doch manchmal reichten Wissen und Können einfach nicht aus. Das wusste natürlich auch Horace. Und Malcolm, der wusste, dass Horace es wusste, war nicht beleidigt. Der Zorn des jungen Ritters richtete sich gegen die Situation, gegen sein eigenes Gefühl der Hilflosigkeit und nicht gegen Malcolm.
    »Es tut mir leid, Horace«, sagte er einfach.
    Horace stieß einen langen Seufzer aus und ließ die Schultern hängen. Seine

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