Die Chroniken von Araluen - Der Krieger der Nacht: Band 5 (German Edition)
klug genug zu wissen, dass dieser kleine Triumph wahrscheinlich der einzige wäre, den sie an diesem Abend genießen dürfte.
»Nein danke, bestimmt habt Ihr viel zu bereden. Da könnt Ihr mich sicher nicht brauchen.«
Delia entging nicht, dass Alyss keinerlei Anstalten machte, ihr zu widersprechen.
Will sagte etwas verlegen: »Na ja, wenn du meinst.« Er spürte die Spannung, hatte aber keine Ahnung, was er dagegen tun sollte.
Delia nahm bereits den kleinen Tontopf, in dem sie sein Abendessen gebracht hatte. »Den hier bringe ich zurück. Es ist nur ein Eintopf, und ich bin sicher, Mutter möchte etwas Besonderes für eine alte Freundin des Waldläufers zubereiten.«
»Das ist sehr nett«, erwiderte Will, der die Ironie hinter ihren Worten nicht bemerkte. Sein Blick war immer noch auf Alyss gerichtet.
Delia wartete ein oder zwei Sekunden, dann fragte sie: »Um welche Zeit möchtet Ihr denn essen?«
Will blickte fragend zu Alyss, die für ihn antwortete. »Ich habe zuerst noch eine Verabredung mit dem Baron. Und zuvor würde ich mich gern in mein Zimmer zurückziehen und ein Bad nehmen. Vielleicht in zwei Stunden?«
»Dann in zwei Stunden«, erwiderte Delia und fügte an Will gerichtet hinzu: »Soll ich Denis bitten, noch etwas Wein abzufüllen?« Denis war der Kellermeister im Gasthaus.
Will lächelte Delia erfreut an. »Das wäre wunderbar. Vielen Dank, Delia.«
Delia erwiderte sein Lächeln, nickte Alyss zum Abschied zu, drehte sich um und lief mit schnellen Schritten in Richtung Dorf. Warum, um Himmels willen, hast du das denn vorgeschlagen?, schalt sie sich selbst. Du scheinst alles daranzusetzen, die Sache für dich noch schlimmer zu machen. Vielleicht solltest du zum Essen auch gleich noch ein paar romantische Kerzen anzünden?
Sie blickte sich noch einmal um, bevor sie hinter der Biegung verschwand, doch Will und Alyss achteten nicht mehr auf sie. Zu ihrem Verdruss bemerkte Delia, dass die beiden wieder Händchen hielten.
»Du hast dir ja einen ganz schönen Namen gemacht«, sagte Alyss und lächelte Will über den Tisch hinweg beim Abendessen an.
Er zögerte, als er ihr ein weiteres Glas des ausgezeichneten
Weißweins eingoss. Delia hatte den besten Wein ausgesucht, den sie im Keller ihrer Mutter finden konnte.
»Ich tue einfach meine Arbeit, mehr nicht«, erwiderte er.
Alyss’ durchdringender Blick verriet ihm, dass sie seine vorgebliche Gleichgültigkeit durchschaute. »Die Mannschaft eines Wolfsschiffs zu einem Bankett einzuladen?« , entgegnete sie. »Eine blutige Schlacht verhindern, indem man ein paar Tiere und ein paar Schläuche Wein anbietet? Ich würde sagen, du hast die Sache sehr gut geregelt.«
»Ach, es ist gar nicht so schwer, mit den Nordländern zurechtzukommen, sobald man sie einmal kennt«, antwortete Will. Dann grinste er, denn im Grunde war er doch recht stolz auf die Art und Weise, wie er die Lage gemeistert hatte. »Außerdem«, fügte er hinzu, »war es ein Genuss, die steifen Hofdamen und Ritter zu sehen, wie sie sich mit einer Mannschaft blutrünstiger Piraten an einen Tisch setzten.«
Alyss runzelte die Stirn und fuhr mit dem Finger über den Rand ihres Weinglases. »War das nicht ein bisschen riskant?«, fragte sie. »Schließlich hätte in dieser zusammengewürfelten Gesellschaft alles Mögliche passieren können.«
Will schüttelte den Kopf. »Nicht, nachdem Gundar mir sein Wort gegeben hatte. Kein Nordländer wird ein solches Versprechen jemals brechen. Und ich wusste, Norris würde seine Leute ebenfalls im Griff haben – das war das Mindeste, was er tun konnte«, fügte er nachdrücklich hinzu.
Alyss nahm die unausgesprochene Nachricht auf und hob fragend die Augenbrauen.
Will zögerte einen Moment, dann als Mitglied des Diplomatischen Dienstes war Alyss daran gewöhnt, wichtigere Dinge zu hören als Beschwerden über schlampige Sicherheitsvorkehrungen. Dann sagte er: »Norris und der Baron haben die Dinge hier etwas schleifen lassen. Sie hätten in einer Schlacht keine Chance gehabt. Ihre Männer sind schlecht ausgebildet und überhaupt nicht in Form. Zumindest Norris war sich darüber klar und hat die Idee von dem Bankett sofort unterstützt.«
»Dann war es umso mehr eine gute Idee«, sagte Alyss leise.
Will schob nachdenklich die Lippen vor. »Ich denke, es hat geholfen, dass ich selbst schon die Sturmweiße See überquert habe. Mir wurde klar, dass sie keine Vorräte hatten und so keinen Winter überstünden. Indem wir es so geregelt haben,
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