Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)
Fürsorge so deutlich zum Ausdruck brachten.
»Ja, Waldläufer«, sagte er geduldig.
Will nickte mit einem Seufzer und ging in Gedanken noch einmal alles durch, was sie geplant hatten.
Stunden später, als die Sonne lange Schatten warf, war Lärm und Getöse von Süden zu hören. Will schob seinen Bogen über die Schulter, rückte den Köcher noch einmal zurecht und drehte sich zu Horace.
»Es geht los«, sagte er.
D er Lärm aus Süden verriet ihnen, dass Malcolm wie besprochen mit der ersten Ablenkung begann. Er hatte mindestens fünfzig seiner Leute außer Sicht-, aber innerhalb Hörweite von der Burg aufgestellt. Auf sein Kommando hin begannen sie zu heulen, zu schreien, zu singen oder Kochgeschirr aneinanderzuschlagen.
Es war ein ernüchternder Gedanke für einen Krieger wie Horace, dass zwischen dem Klang von Schwertern und dem Rasseln von Kochtöpfen kein großer Unterschied bestand.
Immerhin erfüllte der Lärm seinen Zweck und zog die Aufmerksamkeit der Wachen auf sich – zumindest für einige Minuten. Die Männer auf dem westlichen Wehrgang rannten in Richtung Süden, um herauszufinden, ob dort ein Großangriff stattfand.
»In Ordnung!«, rief Will. »Gehen wir!«
Gebückt kroch er unter das Dach des Karrens, gefolgt von Horace und den vier Nordländern, die ihre Plätze an den Achsen einnahmen.
»Los!«, rief er und sie schoben den Karren an. Es war nicht nötig, dass Will und Horace bei dieser Aufgabe halfen. Die vier stämmigen Nordländer schafften es mit Leichtigkeit, sodass die beiden Araluaner sich in die Mitte zwängten, um den Nordländern den meisten Platz zu lassen. Der Karren fing an zu rollen, zuerst langsam, denn sie mussten noch durch einen Streifen Unterholz. Dann waren sie auf freiem Gelände. Die Nordländer fielen in einen Laufschritt und riefen sich gegenseitig Kommandos zu, sodass der Karren auf dem unebenen Gelände ziemliche Fahrt bekam.
Trotz Malcolms Ablenkung konnten sie nicht hoffen, lange unentdeckt zu bleiben, und Will hörte bald erschrockene Alarmrufe der Wachen. Unvermittelt schlug ein Pfeil im Holzdach ein. Drei andere Pfeile folgten schnell nacheinander. Dann herrschte eine kurze Pause, ehe erneut vier Pfeile einschlugen.
Das legte den Schluss nahe, dass nur vier Bogenschützen auf dem westlichen Wall waren.
Die Schussfolgen wiederholten sich mehrere Male. Will zuckte unwillkürlich zusammen, als ein Pfeil nur eine Handbreit von seinem Kopf entfernt ins Holz fuhr. Er spähte durch ein sorgfältig hergerichtetes Guckloch – groß genug, um hinaussehen zu können, aber nicht groß genug, dass ein herkömmlicher Pfeil hindurchdringen konnte.
»Noch ein paar Wagenlängen!«, gab Will an die Nordländer weiter. Er wollte so nahe wie möglich herankommen, damit Horace und er nicht so viel freies
Feld überwinden mussten, wenn sie später in der Nacht ihren Angriff starteten. Andererseits setzte er die Nordländer größerer Gefahr aus, wenn er sie zu nahe an die Burg heranließ, weil sie ja zum Waldrand zurückrennen mussten. Inzwischen hatten sie fast die Hälfte des Weges zurückgelegt. Will fasste die Schnur, die das linke Rad lösen würde und wartete noch vier Schritte, bevor er nach einer kurzen Warnung daran zog.
Der Bolzen glitt heraus, das Rad machte noch eine oder zwei Umdrehungen, dann löste es sich auch schon von der Achse und die linke Seite des Wagens krachte wie geplant auf den Boden.
Sie hörten triumphierende Rufe von den Zinnen, als die Wachen sahen, wie der Angriff schiefging. Zwei weitere Pfeile schlugen in den Wagen ein, als er stand. Gut, dachte Will, das bedeutete, dass jetzt nur zwei Bögen mit Pfeilen bestückt waren.
»Lauft los!«, drängte er die Nordländer.
Die brauchten keine weitere Aufforderung. Auch sie hatten die beiden Pfeile gehört und wussten selbst, was das bedeutete. Sie krochen unter dem schiefen Karren hervor und rannten los. So schnell sie konnten, liefen sie Richtung Waldrand. Vom Wehrgang war lautes Gejohle zu hören, als die Wachen sahen, wie ihre Angreifer armselig um ihr Leben rannten.
Will sah einen Pfeil am Schild eines der Nordländer abprallen. Die Wucht des Geschosses brachte den Mann beinahe zum Stolpern.
Dann hatten die vier Männer es unversehrt zum Waldrand geschafft. Will seufzte erleichtert auf. Er machte es sich so gut es ging unter dem schiefen Karren gemütlich und grinste Horace an.
»So weit, so gut«, sagte er leise. »Mach es dir bequem. Jetzt müssen wir warten, bis es Nacht
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