Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
verglich die Entfernung mit der, die sie bereits zurückgelegt hatten, und stieß einen leisen Pfiff aus.
»Das ist ein ziemlich weiter Weg«, sagte sie.
»Uns bleibt nichts anderes übrig«, sagte Alyss. »Wir müssen es einfach schaffen. Und zwar am Besten noch vor Einbruch der Dunkelheit. Zum Glück haben wir keinen starken Wind.« Sie wusste aus Erfahrung, wie schwierig es sein konnte, gegen den Wind zu paddeln. »Ich schätze, wir werden wohl fünf, vielleicht sogar sechs Stunden unterwegs sein.«
Evanlyn stöhnte leise. »Oje, bei dem Gedanken tun mir meine Arme und Schultern jetzt schon weh.«
»Es wird dir bald besser gehen«, sagte Alyss. »Die Schmerzen lassen nach, wenn deine Muskeln aufgewärmt sind und du sie bewegst.«
Evanlyn begann die Frühstücksutensilien einzusammeln und fühlte sich durch Alyss’ Bemerkung ein wenig ermuntert. »Na, das ist ja zumindest etwas.«
»Aber natürlich«, fügte Alyss ein klein wenig süffisant hinzu, »werden sie heute Abend noch viel mehr wehtun.«
Evanlyn hielt beim Packen inne. »Oh, vielen Dank für diese ermutigenden Worte«, sagte sie. »Jetzt weiß ich wenigstens, worauf ich mich freuen kann.«
Sie packten ihre Vorräte in das Kajak. Evanlyn stieg zuerst ein, und Alyss schob das Boot dann weiter ins Wasser, ehe sie ebenfalls hineinkletterte. Als das Boot diesmal unter dem Gewicht schaukelte, beunruhigte das Evanlyn nicht mehr so sehr wie tags zuvor. Ihr Einsatz mit dem Paddel ließ allerdings immer noch einiges zu wünschen übrig, und von Zeit zu Zeit ging ein Schlag daneben, was ihrer Begleiterin hinter ihr eine Dusche mit eiskaltem Wasser bescherte. Anfangs hatte Alyss mit eisiger Höflichkeit reagiert: »Vielen Dank auch, Eure Hoheit.«
Danach wurden ihre Bemerkungen immer knapper und schließlich brummte sie nur noch vor sich hin.
Jedesmal biss Evanlyn die Zähne zusammen und beschloss, nicht noch einmal den gleichen Fehler zu machen. Und dann passierte er doch wieder und sie musste sich erneut Alyss’ Protest anhören.
Sie machten alle halbe Stunde eine kurze Pause, um sich etwas auszuruhen. Als die Sonne den Horizont überschritten hatte, verkündete Alyss, dass nun Zeit für das Mittagsessen war. Während sie eine Kleinigkeit aßen und etwas tranken, gab es um sie herum nur das vertraute Schlagen der Wellen an den Rumpf. Es herrschte kaum Wind und auch keine Strömung, weshalb sie sich einfach so treiben lassen konnten. Sobald sie sich ausgeruht hatten und noch bevor Evanlyns Muskeln Zeit hatten, sich wieder zu verhärten, überprüfte Alyss mithilfe ihres Nordsuchers die Richtung und dann setzten sie ihren Weg fort. Als das kleine Boot losfuhr, blickte Evanlyn über die Schulter, um den richtigen Einsatz abzupassen, und setzte dann energisch das Paddel ein. Das Kajak machte einen Satz nach vorn und Alyss wurde erneut vollgespritzt.
»Vielen Dank auch«, brummte sie.
Evanlyn sagte nichts. Sie hatte sich schon so oft entschuldigt, dass ihr die Worte inzwischen bedeutungslos vorkamen. Außerdem wusste Alyss, dass sie es nicht absichtlich tat. Grimmig konzentrierte sie sich aufs Paddeln und beendete den Schlag, bevor sie das Blatt wieder hob. Diesmal verging mindestens eine halbe Stunde, bevor Alyss einen weiteren Schwung Wasser ins Gesicht bekam.
»Vielen Dank auch«, kam es von hinten.
Evanlyn wünschte, ihre Gefährtin würde sich mal etwas Neues einfallen lassen oder endlich ihr übellauniges Murren aufgeben.
Am späteren Nachmittag nahm der Wind zu und blies scharf aus Südwest. Alyss musste immer wieder den Nordsucher zu Rate ziehen, damit sie auf Kurs blieben. Der Wind verursachte aber auch zunehmend größere Wellen. Gischt sprühte ins Boot.
Anfänglich war das eiskalte Wasser, das um ihre Füße schwappte, lediglich unangenehm. Doch als das Boot mehr und mehr Wasser fasste, wurde es zusehends schwerer.
»Ich werde weiter rudern, du schöpfst Wasser«, ordnete Alyss an. Evanlyn verstaute ihr Paddel und nahm den ledernen Schöpfeimer zur Hand.
»Pass auf die Bootshaut auf«, warnte Alyss sie, während Evanlyn das Wasser im Kajak mit dem Eimer schöpfte und über Bord goss. Den ersten Eimer schüttete sie gedankenlos über die linke, dem Wind zugewandte Seite. Ein guter Teil davon wurde prompt zurückgeweht.
»Vielen Dank auch«, sagte Alyss.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Evanlyn und schüttete von nun an das Wasser nach rechts.
Es wurde ein nasser, kalter und anstrengender Nachmittag. Evanlyns Arme, Schultern und
Weitere Kostenlose Bücher