Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
Schließlich war es deine Idee.«
Will schüttelte den Kopf. »Wir brauchen zwei gute Kommandanten für den Kampf«, sagte er, »und du bist besser als ich. Walt und ich werden etwas abseits stehen, um den Überblick zu behalten. Wir lassen Shigerus Senshi zunächst im Hintergrund und schicken sie erst los, wenn sie gebraucht werden.«
Horace musste unwillkürlich grinsen. »Ach ihr Waldläufer«, sagte er. »Ihr genießt es einfach, die Strippenzieher zu sein, was?«
Will wollte die scherzhafte Anspielung zurückweisen, doch dann breitete er mit einer entschuldigenden Geste die Arme aus.
»Hm, vielleicht hast du recht. Aber mit unseren Bögen sind wir auf die Entfernung hin besser und für den Nahkampf bist du der Fachmann.«
Horace musste zugeben, dass die Bogenkünste der beiden Waldläufer in einer Schlacht sehr wertvoll waren.
»Ich werde mich geehrt fühlen, eine Hyaku kommandieren zu dürfen«, sagte er. Plötzlich fiel ihm etwas ein. »Ach, ich muss aber erst noch die Kommandos lernen.«
»Nichts leichter als das. Wir haben alles ziemlich einfach gehalten, ganz nach dem Ratschlag, den Walt so gerne gibt: Richte dein Augenmerk auf ein paar einfache Sachen und mache diese richtig gut, statt dir komplizierte Manöver auszudenken, die in der Hitze des Gefechts fehlschlagen können.«
Horace nickte. Der Gedanke, etwas Nützliches tun zu können, war sehr befriedigend. Nach der Anspannung während der gefährlichen Flucht durch die Berge waren die letzten Wochen voller Untätigkeit, als seine angebrochenen Rippen heilen mussten, für ihn fast langweilig gewesen. Jetzt hatte er wieder eine Aufgabe und merkte, wie ihn neue Energie durchströmte. Er fasste nach seinem Schwertknauf und verzog das Gesicht, als er das ihm nicht vertraute Katana ertastete.
»Ich muss mir wegen der Waffe etwas überlegen«, sagte er. »Nach jahrelangem Training mit einem Schwert aus Araluen habe ich einfach noch kein Gefühl für das hier.«
Diese Gelegenheit kam früher als erwartet. Nachdem er noch ein paar Stunden mit Will und Selethen verbracht und sich Notizen zu den Kommandos gemacht hatte, kehrte Horace am Nachmittag in seine Hütte zurück. Ein Mann aus Shigerus Gefolge brachte ihm eine Mahlzeit und heißen Tee, und als Horace sich zum Essen setzte, verbeugte sich der Mann.
»Kurokuma, seine Exzellenz bittet, dass Ihr ihn nach dem Essen in seiner Unterkunft aufsucht.«
Horace wollte sofort wieder aufstehen, aber der Mann wehrte ab.
»Nein! Nein! Seine Exzellenz sagte, Ihr sollt vorher Eure Mahlzeit genießen. Er wird Euch willkommen heißen, wann immer es Euch passt.«
Lächelnd nahm Horace diese Botschaft zur Kenntnis und setzte sich wieder. Bei den meisten Herrschern bedeuteten die Worte »wann immer es euch passt« eigentlich »sofort und am besten schon vor fünf Minuten«. Bei Shigeru, das hatte er gemerkt, bedeutete es jedoch genau das, was er sagte. Der Kaiser wollte nicht, dass seine Untergebenen alles stehen und liegen ließen, um ihm bei dem kleinsten Mucks zu dienen. Das war einer der Gründe, warum seine Anhänger ihn so wertschätzten und liebten.
Dennoch war ein Kaiser ein Kaiser und Horace verlor bei seinem Mahl nicht unnötig Zeit. Sobald er gegessen und sich frisch gemacht hatte, legte er seine wärmere Robe an, band die Schärpe und steckte das Katana samt Scheide hinein. Seine Stiefel standen bereits auf der überdachten Stufe vor der Hütte und er zog sie an. Sie knirschten in dem trockenen Schnee, als er sich auf den Weg zu Shigeru machte. Dessen Unterkunft war etwas größer als die anderen Hütten. Shigeru hatte zwar Einwände gehabt und gesagt, er bräuchte nicht mehr Platz als die anderen, doch die Kikori waren über einen solchen Vorschlag entsetzt. Er war schließlich ihr Kaiser und nun hatten sie Gelegenheit, ihm zu zeigen, wie sehr sie ihn verehrten und respektierten. Deshalb besaß Shigerus Hütte eine überdachte Veranda und zwei Innenräume – einen großen Raum, wo er sich mit seinen Beratern traf, und einen kleineren, wohin er sich zurückziehen konnte.
Ein Senshi hielt auf der Veranda Wache. Er lächelte und verbeugte sich zum Gruß, als Horace näher kam.
» Kurokuma ! Guten Abend. Seine Exzellenz erwartet Euch.«
Horace erwiderte den Gruß des Mannes und blieb stehen, um seine schneebedeckten Stiefel auszuziehen. Dann bückte er sich und trat durch die niedrige Türöffnung. Shigeru saß im Schneidersitz auf einer Schilfmatte. Ein kleines, aber hell leuchtendes Kohlebecken
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