Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
wenden eine spezielle Technik an«, warf Walt ein. »Und sie verstehen es, außerordentlich harte Klingen zu schmieden. Die Waffenmeister unserer Waldläufer haben vor vielen Jahren von ihrer Kunst gelernt.«
»Ist das der Grund, weshalb eure Sachsmesser so unglaublich hart sind?«, fragte Alyss, die wusste, dass Sachsmesser sogar Kerben in Schwertklingen schlagen konnten.
»Es ist eine Waffenkunst, bei der mehrere Eisenstäbe erhitzt und geschmiedet, dann gefaltet und ineinander verdreht werden, um die Klinge zu vervollkommnen«, erklärte Walt.
»Unsere Schmiede in Dimascar beherrschen ganz ähnliche Verfahren, um besonders harte Klingen herzustellen«, warf Selethen ein.
»Ah, Ihr sprecht vom Dimascarener Schwert, nicht wahr?«, fragte Walt. »Ich habe davon gehört, aber noch nie eines gesehen.«
»Sie sind sehr teuer. Nicht viele Leute können sich so eine Waffe leisten«, antwortete Selethen.
Walt nickte nachdenklich und merkte sich diesen Hinweis für die Zukunft. Zu Evanlyn sagte er: »Es tut mir leid, wir sind vom Thema abgekommen. Fahr doch bitte fort.«
»Ja. Und um jeder weiteren Unterbrechung vorzubeugen …« Evanlyn warf einen vielsagenden Blick in Wills Richtung, den dieser als ziemlich ungerecht empfand. Immerhin waren es Walt und Selethen gewesen, die über besonders gehärtete Klingen geredet hatten, nicht er. Doch seine Empörung blieb unbeachtet und Evanlyn fuhr fort.
»Ich nehme an, alle Anwesenden sind mit dem System der Eilnachrichten des Silasianischen Rates vertraut?«
Alle nickten. Der Silasianische Rat war ein Kartell von Händlern, das nördlich des Ewigen Meeres beheimatet war. Er hatte den Handel vereinfacht, indem er ein zentrales Kreditsystem geschaffen hatte, mit dem Geld zwischen Ländern ausgetauscht werden konnte, ohne dass das Geld tatsächlich übers Land oder Meer gebracht werden musste. Dazu gehörte auch die schnelle Nachrichtenübermittlung. Man hatte ein Netzwerk von Schiffen, Brieftauben und schnellen Reitern geschaffen, um Botschaften von einem Ende der Welt zum anderen zu befördern. Entfernungen, die für ein Schiff oder einen einzelnen Reiter wochenlange Reisen bedeuteten, konnten durch das Netzwerk in wenigen Tagen zurückgelegt werden. Natürlich waren diese Dienste außerordentlich teuer, doch in Notfällen wog der Nutzen die Kosten auf.
»Wir haben vor einigen Wochen eine Botschaft erhalten«, sagte Evanlyn. »Sie war nur kurz und kam von einem abgelegenen Hafen in Indus, also sozusagen von der östliche Grenze des Nachrichtendienstes. Anscheinend gab es eine Rebellion gegen den Kaiser von Nihon-Ja, und Horace wurde darin verwickelt. Die Streitmacht des Kaisers ist in der Minderheit und er selbst ist auf der Flucht. Als er zum letzten Mal gesehen wurde, war er unterwegs nach Norden in die Berge, um sich in einem sagenumwobenen Fort zu verschanzen. Horace ist bei ihm.«
Will setzte sich zurück und stieß einen leisen Pfiff aus. Es war typisch Horace, sich aus Idealismus in eine solche Angelegenheit verwickeln zu lassen.
»Und was hast du vor?«, fragte er, obwohl er die Antwort bereits ahnte.
Evanlyn sah ihn herausfordernd an.
»Ich werde Horace suchen und finden«, sagte sie.
Acht
Nihon-Ja
A uf Horace’ Ankündigung folgte ein Proteststurm. Die lautesten Einwände kamen von George.
»Horace, du kannst nicht hierbleiben! Verstehst du denn nicht? Wir haben kein Recht, uns in die inneren Angelegenheiten von Nihon-Ja einzumischen!«
Horace sah seinen Freund und Landsmann stirnrunzelnd an. »Hier geht es nicht nur darum, George«, antwortete er. »Dies ist eine Rebellion gegen den rechtmäßigen Herrscher. Das kannst du nicht einfach als politische Angelegenheit bezeichnen. Das ist Verrat.«
George machte eine entschuldigende Geste in Richtung der beiden Anführer von Nihon-Ja, denn ihm war klar, dass seine Worte womöglich falsch aufgefasst werden konnten.
»Ich bitte um Entschuldigung, Eure Exzellenz«, sagte er hastig. »Eine Beleidigung lag keinesfalls in meiner Absicht.«
Shigeru nickte. »So habe ich das auch nicht aufgefasst, George-san. Ich verstehe Euren Standpunkt. Ob es sich nun um Politik oder um Verrat handelt, es ist eine Angelegenheit von Nihon-Ja.«
»Genau das meinte ich«, sagte George erleichtert und warf Horace einen vielsagenden Blick zu. »Es ist ja nicht so, als hätte Araluen ein offizielles Unterstützungsabkommen mit diesem Land. Du und ich, wir sind einfach nur als Diplomaten hier. Wir dürfen uns frei bewegen,
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