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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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abgeschafft hatte. Hundert Jahre Arbeitslosigkeit hatten den Weihnachtsmann in einen gigantischen behaarten, stinkenden Marshmallow verwandelt. Einst ein anständiger, hart arbeitender, allseits beliebter Gesell, verkörperte er heute nur noch die unerfreulichsten Seiten der Feiertage: die gedankenlose Völlerei, die Zwistigkeiten, den mit falscher Herzlichkeit verhüllten feigen Eigennutz. Selbst der Umstand, dass die Adventszeit ständig ausgedehnt wurde (»Nur noch hundert Einkaufstage bis Weihnachten!«), machte sich bei dem Weihnachtsmann bemerkbar: Seine Korpulenz war keine sympathische Leibesfülle mehr, sondern eine graue, herzschädigende Schwabbeligkeit, Ergebnis einer Diät aus Früchtebrot und Minizuckerstangen, abgerundet durch ein auf Masturbation beschränktes Minimum an körperlicher Aktivität.
    Der Alte schwankte auf die Biberinnen zu. Naomi hatte die Arme verschränkt und machte ein missbilligendes Gesicht. »Wir haben uns schon gefragt, was aus dir geworden ist.«
    »Ich nicht«, fügte Ruth spitz hinzu.
    »Was ist mit deinen Rentieren passiert?«, fragte Naomi.
    »Gepfändet«, sagte der Weihnachtsmann. »Bis auf den Mutanten.« Er drehte sich um und brüllte in den Wald hinein: »Ja, Rudy, ich habe dich einen Mutanten genannt! Was sagst du dazu?«
    Ruth schnalzte mit der Zunge. »Und dein Schlitten steht aufgebockt in deinem Vorgarten, hab ich Recht?«
    »Ich verbitte mir diesen Ton«, lallte die Gestalt. »Ich bin der Weihnachtsmann, verdammt noch mal!«
    »Pass bloß auf, dass Asthma dich nicht so reden hört«, sagte Naomi.
    »Asthma kann mich mal...!« Er holte aus, als wollte er den viel kleineren Biberinnen einen Tritt versetzen. Sie stoben auseinander. »Recht so, lauft! Lauft um euer Leben... Blöde Wombats... Ungeziefer...«
    »Du kriegst uns nicht, Schweinachtsmann«, ätzte Ruth aus sicherer Entfernung.
    »Genau«, fügte Naomi hinzu. »Aber hübsche Flip-Titten hast du!«
    Der Weihnachtsmann sagte etwas, das - trotz CensorVision - bei weitem zu unanständig ist, um es in diesem Buch wiederzugeben. Die Biberinnen standen knapp außer Reichweite und lachten.
    »Wusstet ihr, dass ein mit Kohle gefüllter Strumpf die perfekte Mordwaffe ist?«, polterte der Weihnachtsmann. Sein Atem quoll in großen, alkoholgeschwängerten Schwaden aus seinem Mund. »Hinterlässt keine Spuren. Keinerlei Hinweis auf den Täter. Und ich kann sehr wohl durch euren Schornstein klettern...«
    Diese Drohung tat ihre Wirkung. Die Biberinnen hörten auf, den Mann zu ärgern. »Im Ernst jetzt: Asthma ist auf dem Weg«, sagte Naomi. »Er ist wieder da.«
    »Aaach, das erzählt er doch schon seit Jahren«, murrte der Weihnachtsmann. Niedergeschlagen nahm er einen Schluck. »Vielleicht hätte er zurückkommen sollen, bevor in diesem Rattenloch hier Weihnachten abgeschafft wurde.«
    »Mann, reiß dich mal zusammen«, sagte Ruth. »Bei Weihnachten geht es nicht nur um deinen Job. Es ist zufällig auch Asthmas Geburtstag, und es wird ihm nicht gefallen, dass du dich so gehen lässt. Wir treffen uns jetzt gleich mit ihm, und das Erste, was wir ihm erzählen werden, ist...«
    »Ich möchte dich daran erinnern, sprechender Wombat, dass ich weiß, wann ihr schlaft und wann ihr wach seid. Ich weiß, ob ihr hübsch artig gewesen seid oder nicht, also...«
    »Mit deiner Datenbank kannst du uns keine Angst einjagen«, sagte Naomi. »Und überhaupt... Du hast es nötig, von Artigkeit zu reden.« Der Weihnachtsmann verkörperte auch jenen Geist von Weihnachten, der Menschen dazu veranlasst, sich auf Betriebsfesten zu besaufen und in viel zu engen Besenschränken unbeholfenen Sex mit Kollegen zu haben und sich dabei fiese Krämpfe zu holen - in letzter Zeit eine seiner Hauptbeschäftigungen.
    Vielleicht war es echte Zerknirschung oder vielleicht auch nur die typischen Stimmungsschwankungen eines Säufers, aber ganz plötzlich schlug der Weihnachtsmann einen anderen Ton an. »Wirklich? Asthma ist wirklich wieder da? Ich bin sicher, er versteht das. Er liebt es, Leuten zu verzeihen.« Dann verfiel er in Selbstmitleid. »Kann ich doch nichts dafür, dass ich gefeuert worden bin«, sagte er. »Was soll ich denn ohne Weihnachten tun - auf Steuererklärungsmann umsatteln?«
    »Das wäre vernünftiger, als sinnlos betrunken im Wald herumzustolpern«, sagte Naomi.
    »Ach ja?«, sagte der Weihnachtsmann mit einem letzten Aufflackern von Kampfeslust. »Da bin ich aber anderer Meinung. Hoppla.« Er fiel hin und fing dann an zu flennen. »All

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