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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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Asthma kommen. Wenn der Eingang blockiert ist, grab dich mit deinen kräftigen Vorderklauen nach draußen.«
    »Aber ich habe keine...«
    Es war zu spät; Ruth war bereits ihrer Gefährtin gefolgt.
    Pete war inzwischen wach genug, um seine Geschwister herumzukommandieren. »Weg da«, sagte er. »Ich will was sehen.«
    »Ist mir nur recht«, sagte Sue und zog sich nach hinten zurück. Zu Loo sagte sie: »Da ist die Rückwand. Fang an zu graben.«
    »Super!«, jubelte Loo, denn sie hoffte, die Höhle würde einstürzen.
    Pete sah, dass die beiden Biberinnen sich einem schmutzigen, rot gekleideten Mann in den Weg gestellt hatten. Er trug einen Sack über der Schulter, aus dem eine Flüssigkeit tropfte. Bei jedem Schritt, den der Mann machte, klirrte es lustig. Weniger lustig war allerdings der Gestank, der von der Gestalt aufstieg wie Dampf aus einer Tasse heißem Tee. (Petes Geruchssinn legte eher den Vergleich mit heißem Urin nahe.) Der Mann hatte ein gerötetes Gesicht, einen ungepflegten Bart und ein dröhnendes, dreckiges Lachen, das sich häufig in einen trockenen Husten verwandelte. »Ho, ho, ho...«, murmelte er in sich hinein. Und dann, leicht verbittert: »HA!«
    Kann das sein, dachte Pete. Gibt es den Weihnachtsmann etwa wirklich? Er riss sich zusammen. Was für ein Gedanke für einen fast Dreizehnjährigen! Es gab keinen Weihnachtsmann. Dieser Kerl war bloß ein inkontinenter Gammler, der aus der Weihnachtsbegeisterung der Menschen Kapital schlug. Schade, dass Ed nicht da war. Man braucht einen Schwindler, um einen anderen Schwindler zu entlarven. Als der Wind drehte, trieben der Schweißgeruch und der Gestank von billigem Fusel Pete Tränen in die Augen. Trotzdem: Der Kerl sah wirklich aus wie der Weihnachtsmann...
    Der Mann nahm einen Schluck aus einer Flasche Flip, die er schlauerweise in einer speckigen Papiertüte versteckt hatte. Alle paar Meter kam ein Rentier zwischen den Bäumen hervorgetrottet und rammte dem Mann seine rote, beleuchtete Nase in den Hintern, sodass der ordentlich eine gewischt bekam. Pete sah, wie der Mann sich umdrehte und blind um sich schlug. Er stolperte, fiel fast hin und stieß dann eine Reihe von Flüchen aus, die außerhalb einiger inzwischen aufgelöster militärischer Spezialeinheiten noch nie jemand gehört hat.
    »Sie kennen aber hübsche Ausdrücke, Weihnachtsmann«, sagte Naomi.
    Der Mann in Rot blieb abrupt stehen und schaute hinunter zu den Biberinnen.
    »Hm. Wombats«, sagte er und kratzte sich. »Jetzt kommt mein Verstand mir also auf die harte Tour? Mit sprechenden Wombats, ja? Dem werd ich’s zeigen.« Der Weihnachtsmann warf die Flasche weg und schleuderte sein Bündel zu Boden. Er öffnete es und begann darin herumzusuchen. »Ihr seid doch bloß eine Ausgeburt meiner Phantasie. Gestern waren es kopulierende Käsestangen...«, murmelte er. »Wenn ich diesen neuen Schnaps trinke, Wombats, werdet ihr verschwinden...« Immer noch wühlte er in seinem Bündel herum. Offenbar war es voller zerbrochener oder undichter Schnapsflaschen. »Na los, komm schon. Ich kann diesen Gin-Flip nicht mehr sehen. He, Wombats«, sagte der Weihnachtsmann.
    »Wir sind Biberinnen«, sagte Ruth.
    Der Weihnachtsmann hörte nicht. »Kennt ihr mein Geheimrezept für Gin-Flip? Statt Eiern nimmt man Gin.« Der lustige alte Kerl zwinkerte. »Man kann aber auch den Flip weglassen und durch Gin ersetzen.« Er zog eine weihnachtlich aussehende Flasche aus dem Bündel, stand auf und nahm einen Schluck. »Igitt, Moosbeerenlikör.« Er verzog das Gesicht. »Passt zur Jahreszeit, aber geschmeckt hat er noch nie. Wollt ihr welchen? Kostet den Geist von Weihnachten!« Er gackerte über sein Wortspiel.
    »Nein, danke. Ich trinke nie vor acht Uhr abends«, sagte Naomi maliziös.
    »Ihr müsst ja nicht. Aber es gibt Schlimmeres. Zum Beispiel den selbst gebrannten Mistel-Brandy meiner Frau. In kleinen Dosen bringt das Zeug einen unweigerlich um... Aber wenn man sehr schnell genug davon trinkt, dann hebt sich die Wirkung wieder auf...« Das Rentier kam von hinten angesaust. »Arrgh!«, jaulte der Weihnachtsmann. »Rudolph, du verd... Wenn du das noch einmal machst, dann...« Erwürgte einen bonbongroßen Kloß Schleim hoch und spuckte ihn nach dem Rentier. Er verfehlte sein Ziel um mehrere Kilometer.
    Pete schaute bereits so lange mit offenem Mund zu, dass seine Zunge mit Raureif bedeckt war. Es war der Weihnachtsmann. Aber nicht der gütige alte Mann aus der Zeit, bevor die Königin das Weihnachtsfest

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