Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
Räuberhorden, menschenverschlingende Monster. Und was noch schlimmer war: Geister von früheren Bewohnern der Stadt tauchten auf und verbreiteten Angst und Schrecken. Immer mehr Einwohner flohen, bis schließlich die Stadt ganz aufgegeben wurde. Seitdem wohnen hier nur noch die Geister, die keine Ruhe finden können. Und manchmal kommen ganz Mutige wie ihr hierher, um dann doch nur den Verstand zu verlieren.“ Wieder kicherte er leise in sich hinein. Den Grünhäuten wurde nun einiges klarer. Die Geister waren letztlich nur arme Schweine, durch einen Fluch auf ewig an diese Welt gebunden. Das machte sie natürlich nicht weniger gefährlich. Aber sie konnten sie nun besser verstehen. „Was ist mit dir geschehen, Ragum Dahb?“, hakte Snip nach. „Wie gesagt, ich war ein angesehener Kaufmann. Zusammen mit meinem Partner Metib habe ich dieses Handelshaus betrieben, in dessen Ruinen ihr gerade steht. Wir verstanden uns nicht nur als Partner, sondern auch als Freunde. Aber dann befiel die Gier auch Metib. Unter einem Vorwand lockte er mich hierher in diesen Raum und erschlug mich hinterrücks, um sich meinen Anteil am Geschäft einzuverleiben. Meinen Leib hat er dann verschwinden lassen. Kurz darauf fand ich mich als Geist wieder, der an dieses Gebäude gebunden ist.“ „Das tut mir leid.“, antwortete Snip nach einem kurzen Moment des Schweigens. Und der Ausdruck in seinen Augen zeigte, dass er es absolut ernst meinte. „Gibt es denn keine Möglichkeit, euch zu erlösen?“, mischte Bikka sich in das Gespräch ein. Der Geist zuckte kurz zusammen. Seine Augen leuchteten auf. „Doch, die gibt es. Jemand müsste meinen Leib finden und ihn nach dem alten Ritus unseres Volkes bestatten. Wenn das geschehen ist, kann ich endlich meine Ruhe finden.“ „Dann machen wir das doch einfach.“, schlug der Wolfsreiter unbekümmert vor. „Nicht so schnell!“, fuhr ihm da Snip in die Parade. Er hatte gelernt, dass voreilige Handlungen oft unvorhergesehene Probleme nach sich zogen. „Wir wollen nichts versprechen, was wir nicht halten können.“, versuchte er die Euphorie des Wolfsreiters und die Hoffnungen des Geistes ein wenig zu dämpfen, „Und für unseren Einsatz erwarten wir auch eine angemessene Gegenleistung.“ Ragum Dahb nickte. Schließlich kannte er als Kaufmann solche Spielchen. „Was wollt ihr haben? Reichtümer sind hier schon lange nicht mehr zu holen. Aber ihr sagtet, dass ihr das Grab des Mach Na Dun sucht. Da könnte ich euch sicher weiterhelfen.“ Snip jubilierte innerlich, ließ sich aber nichts anmerken. „Das ist akzeptabel. Vielleicht könntest du uns noch weitere Informationen zum Verbleib deines Leibes geben? Und wie funktioniert der alte Ritus, von dem du sprichst?“ Der Geist kam ein paar Schritte näher. Jetzt konnten sie noch besser erkennen, welch tiefe Furchen die Gram in sein Gesicht gegraben hatte. „Ich bin euch sehr dankbar, dass ihr mir helfen wollt. Und ich will das Meine gerne dazu beitragen. Wo mein Körper ist, kann ich nicht genau sagen. Aber ich spüre, dass er nicht weit weg ist. Vermutlich hat Metib ihn versteckt. Vielleicht sucht ihr zuerst in seinem Haus. Er hat direkt hier nebenan gewohnt. Was den Ritus anbetrifft, so kenne ich den exakten Wortlaut nicht. Aber der müsste im Tempel zu finden sein.“ Nach ein paar weiteren erklärenden Worten zur Stadt und ihren Eigenheiten verließen die Grünhäute das Handelshaus und wendeten sich dem benachbarten Gebäude zu. Metibs Haus musste einmal eine große und prächtige Villa gewesen sein. Nun lag das meiste davon in Trümmern. Um zum Eingang zu gelangen, mussten die drei über einige große Trümmerstücke steigen. Verwitterte Inschriften und Malereien schienen durch den Staub hindurch. Der Eingang führte direkt in einen großen Innenhof. Mehrere Türen gingen davon ab. In der Mitte des Hofes zeugte ein steinerner Wasserspeier von einem Springbrunnen, der einmal hier gestanden hatte. Weitere Überreste lagen am Boden verstreut. Ein süßlicher Duft hing in der Luft. Etwas unschlüssig schauten sie sich um. Dann wandten sie sich der nächstbesten Tür zu . Ein Knirschen ließ sie in der Bewegung innehalten. Ruckartig fuhren sie in Richtung auf das Geräusch herum. Offenbar kam es von dem Brunnen. Wieder knirschte es. Der steinerne Wasserspeier erwachte zum Leben. Als ob er aus einem langen Schlaf erwachte, reckte und streckte er seine Glieder und breitete die Flügel aus. Dann stieß er ein Fauchen aus und bleckte spitze
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