Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
kaum möglich. Trotzdem fesselten die Goblins ihre Hände auf den Rücken und legten ihnen Fußfesseln an, deren anderes Ende sie an den Balken der Hütte festbanden. Das ganze erinnerte Snip ein wenig an die Wölfe, die sie beim Betreten des Lagers gesehen hatten. Noch ein letzter Blick, dann verließen die Goblins die Hütte und schlossen hinter sich die Tür.
Kapitel 8
Lord Cedric stiefelte auf dem kostbaren Teppich des blauen Salons immer wieder hin und her. Die Hände hatte er hinter dem Rücken verschränkt. In seinem hageren und doch fein-edel anmutenden Gesicht zeichnete sich eine unbändige Wut ab. Um seine Mundwinkel zuckte es immer wieder, und seine Augen versprühten ein Feuer, das wohl am liebsten den ganzen Palast in Brand gesetzt hätte. Der Baron war ein hoch gewachsener, drahtiger Mann, seine Muskeln stets angespannt wie bei einem Panther, der sich zum Sprung bereit machte. In seine schulterlangen schwarzen Haare mischten sich einige graue Strähnen, die ihm ein noch interessanteres Erscheinungsbild verliehen. Gekleidet war er vollständig in schwarz. Ganz so, wie es sich einem trauernden Vater geziemte. Dennoch achtete er sehr genau darauf, dass er in seinen Kleidern elegant erschien. Äußerlichkeiten bedeuteten ihm nun mal sehr viel. Als er wieder in der Mitte des Raumes angekommen war, fuhr er ruckartig herum und zeigte mit dem Finger auf Barocha de la Cruz, der alleine und in demütiger Stellung vor ihm auf dem Steinfußboden stand. Die leuchtend blauen Augen des Barons schienen den Zauberer regelrecht durchbohren zu wollen . „Wie kannst du es wagen“, brüllte Lord Cedric sein Gegenüber an, „mir mit solch einer schlechten Nachricht unter die Augen zu treten?“. Der Zauberer taumelte leicht, als wäre er von einer mächtigen Schallwelle getroffen worden. Dabei sank er noch ein wenig mehr in sich zusammen. „Eure Hoheit, ich, euer untertänigster Diener, bin untröstlich.“, brachte er mit zitternder Stimme hervor. „Es ist selbstverständlich allein mein Fehler, dass ich den Mörder eures Sohnes habe entkommen lassen. Und was auch immer ihr mit mir zu tun gedenkt, ich habe es verdient.“ An dieser Stelle machte er eine kurze, aber ganz bewusste Pause. Dann fuhr er fort: „Aber bedenkt auch dies: Ich habe wertvolle Hinweise sammeln können, die mir dabei helfen werden, diese Kreatur zu finden und sie zu euch zu bringen. Dann könnt ihr eure Rache an ihr auskosten. Ihr werdet ihn bekommen. Das schwöre ich, so wahr ich Barocha de la Cruz heiße.“ Während er sprach, richtete sich der Zauberer allmählich wieder auf. Von Demut keine Spur mehr. Die altbekannte Arroganz und Selbstherrlichkeit hatte sich wieder breit gemacht. Lord Cedric musterte Barocha noch eine Weile, ohne etwas zu sagen. Er kannte den Zauberer gut und wusste um seine Qualitäten. Natürlich beabsichtigte er nicht, ihn zu töten. Noch nicht. Denn er wusste nur zu genau: Wenn jemand diesen Goblin finden könnte, dann dieser arrogante Schnösel. Insofern würde er sich seine Dienste weiter sichern. Allerdings musste er ihn auch wissen lassen, wer hier das Sagen hatte. Theatralisch ließ er seinen Arm sinken und ging einen Schritt auf Barocha zu. „Nun gut, ich will noch einmal Gnade vor Recht ergehen lassen. Aber wage es nicht noch einmal, mich zu enttäuschen. Bringe mir den Mörder. Und vor allem: Bringe mir das Amulett. Was auch immer du dafür an Ausrüstung und Begleitung benötigst, wirst du bekommen.“ Der Zauberer atmete erleichtert auf. Zugegeben, er hatte nicht mit einer wirklichen Gefahr für sich gerechnet, aber er wusste auch, dass Lord Cedric bisweilen unberechenbar sein konnte. Und dann würde es unangenehm, selbst für einen so grandiosen Magier wie ihn. Deshalb verbeugte er sich artig so tief er nur konnte, bedankte sich und verließ den Raum, um den Meister des Arsenals zu suchen. Schließlich galt es eine Expedition zusammenzustellen. Wenige Stunden später verließ Barocha de la Cruz auf seinem rotbraunen Hengst das Schloss des Barons. Mit ihm ritten ein halbes Dutzend zwielichtige Gestalten. Offenbar handelte es sich nicht um Soldaten, zumindest trugen sie keine Uniformen. Sie alle machten einen entschlossenen Eindruck und wirkten, als wüssten sie sehr genau, was sie zu tun haben. Der Magier gab seinem Pferd die Sporen und preschte voran. ‚Na warte, du kleines grünes Biest. Bald schon wirst du mir gehören. Und dann gibt es keine Gnade.’
Kapitel 9
Die Nacht in der Hütte
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