Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
versprach unruhig und unbequem zu werden. Nogg und Rabb versuchten zum wiederholten Male, ihre Fesseln zu lösen oder zu zerreißen. Ohne Erfolg. Snip überprüfte währenddessen die Stabilität der Hütte. Sie war solide genug, um die Gefangenen drin zu behalten. Keine Chance auf eine Flucht. So legten sie sich schließlich desillusioniert und mit vielen offenen Fragen im Kopf auf die spärlichen Strohlager und versuchten, in gefesselter Stellung zu schlafen, was ihnen am Ende auch gelang. Wie lange sie dann tatsächlich schliefen, konnte keiner von ihnen sagen. Allerdings fühlten sie sich alles andere als ausgeruht und entspannt, als sie wieder erwachten. Oberarme, Schultern und Rücken schmerzten gewaltig, und sie hatten nicht einmal die Möglichkeit, sich zu strecken oder die Arme zu massieren. Kurz darauf öffnete sich die Tür. Tageslicht fiel in die dunkle Hütte, so dass die Gefangenen erstmal die Augen zusammenkneifen mussten, um nicht allzu sehr geblendet zu werden. Gegen das Licht konnten sie vier Gestalten erkennen, die zu ihnen herein kamen. Sie gehörten zu den freien Goblins. Zwei von ihnen hatten sie vorher schon gesehen: den älteren mit dem opulenten Kopfschmuck und denjenigen, der sie in die Falle gelockt hatte. Die anderen beiden schienen Krieger zu sein, die Speere und Schilde trugen. Der ältere und der junge setzten sich den Gefangenen direkt gegenüber; gerade so weit entfernt, dass sie sich außer Reichweite des Fußfesselradius befanden. Die Krieger flankierten sie auf beiden Seiten und hielten ihre Speere einsatzbereit. Eine ganze Weile herrschte Schweigen, auch wenn es Snip nicht leicht fiel. Denn er wollte endlich wissen, was die anderen von ihm und seinen Gefährten wollten. Aber er wusste auch, dass das erste Wort nicht ihnen gebührte, sondern den Wolfsreitern. Endlich unterbrach der ältere Goblin die Ruhe. „Mein Name ist Tirzipp, ich bin der Häuptling vom Stamm der Roten Kralle . Das hier ist mein Sohn Bikka, den ihr ja schon kennengelernt habt.“ Bei diesen Worten umspielte ein kurzes Lächeln seine Lippen. „Ihr seid in unser Territorium eingedrungen. Und wir würden gerne erfahren, was ihr hier zu suchen habt.“ Snip fiel auf, dass Tirzipp seine Worte an die Orks richtete. Auch Nogg und Rabb schienen das zu merken und wurden zusehends unsicherer. Sollten sie dem Häuptling antworten? Und wenn ja: Was sollten sagen? Hilflos sahen sie erst sich gegenseitig und dann Snip an. Der konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, was im gefesselten Zustand eher kläglich wirkte . „Werter Häuptling Tirzipp, mein Name ist Snipgutt, und das“, dabei deutete er mit seinen gefesselten Händen auf die beiden Orks und machte eine Kunstpause, „sind meine Begleiter Nogg und Rabb.“ Der Häuptling wirkte überrascht und wandte seinen Blick abrupt Snip zu. „Wie, ihr seid der Anführer der Gruppe? Ein Goblin?“ „In der Tat!“, antwortete Snip, „Es soll auch Goblins geben, die sich nicht von Orks herumkommandieren lassen.“ Tirzipp fiel in diesem Moment vor Staunen die Kinnlade herunter und Bikka brach in schallendes Gelächter aus. Die Anwesenden schauten sich kurz gegenseitig an, um dann ebenfalls in das Lachen mit einzustimmen. Das Eis war gebrochen. Snip überlegte kurz, was er sagen sollte. Mit erfundenen Lügengeschichten konnten sie sich schnell in noch größere Probleme befördern. Und weil es letztlich auch keinen ernsthaften Grund gab, nicht die Wahrheit zu sagen, erzählte er den beiden Goblins eine kurze Version ihrer Erlebnisse der letzten Wochen. Natürlich ließ er dabei bestimmte Details wie zum Beispiel das Amulett oder sein Monokel bewusst aus. Die beiden Wolfsreiter hörten ihm aufmerksam zu. Schließlich schloss Snip seine Ausführungen mit den Worten „Und so sind wir jetzt auf dem Weg in Richtung Osten, um auf der anderen Seite des Gebirges eine Zuflucht und ein neues Zuhause zu finden.“ Tirzipp und Bikka schwiegen eine Weile. Offenbar dachten sie über das Gehörte nach. „Das ist wahrhaft die abenteuerlichste Geschichte, die ich seit langem gehört habe.“, nahm Tirzipp den Gesprächsfaden wieder auf. „Abenteuerlich, aber in sich schlüssig.“, ergänzte Bikka. Der Häuptling nickte. „Wir haben euer Gepäck durchsucht. Und das sieht tatsächlich nach Flucht aus. Keiner, der sich auf einer normalen Reise befindet, nimmt so viele wertvolle und auch merkwürdige Sachen mit sich. Unser Schamane würde sich sicher darüber freuen, diese Dinge einmal
Weitere Kostenlose Bücher