Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
näher unter die Lupe zu nehmen. Gewiss würde er Spannendes darunter finden.“ Bei diesen Worten beobachtete er die Reaktion des fremden Goblins sehr genau. Und wie erwartet zuckte er ganz leicht zusammen. Bingo! „Nur leider ist unser Schamane schwer erkrankt.“, fügte Tirzipp hinzu, und Wehmut machte sich bei ihm breit. „Er wird es schon schaffen. Onkel Snoddrig ist ein harter Hund und hat schon so einiges durchstanden. Und die Götter werden uns auch beistehen.“, versuchte Bikka seinen Vater aufzumuntern. Doch der schüttelte nur traurig mit dem Kopf. Dann wandte er sich wieder an Snip. „Sag mir einen Grund, warum wir nicht einfach eure Sachen behalten und euch den Wölfen zum Fraß vorwerfen sollten.“ Snip lief es eiskalt den Rücken herunter. Zugleich wurde ihm unendlich heiß. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Sollte ihre Reise schon hier zu Ende sein? Gefressen von Wölfen? Das konnte – nein, das durfte nicht sein! Irgendwas musste es doch geben, das er den Wolfsreitern anbieten konnte. Magische Geheimnisse vielleicht? Hastig ging er die Artefakte und Gegenstände durch, die sie mit auf die Flucht genommen hatten. Da nahm auf einmal eine Idee Gestalt in seinem Kopf an. „Vielleicht kann ich eurem Schamanen helfen.“ Dieser Satz schlug ein wie eine Bombe. Tirzipp sprang auf und warf dabei den überraschten Bikka fast um. Die beiden Goblin-Krieger gingen augenblicklich in Angriffsstellung. Auf der anderen Seite warfen die Orks sich instinktiv schützend vor Snip, auch wenn sie mit gefesselten Händen keine wirkliche Abwehrchance gehabt hätten. Beschwichtigend deutete der Stammes-Häuptling auf die Krieger, und augenblicklich ließen sie ihre Speere sinken. „Entschuldigt!“, wandte er sich an die Gefangenen. „Ich wollte keinen Aufruhr veranstalten.“ Mit diesen Worten setzte er sich wieder hin und atmete erst einmal tief durch. Dann fuhr er fort: „Könnt ihr wirklich helfen? Seid ihr auch ein Schamane?“ „Nicht direkt“, antwortete Snip, „aber ich habe da andere Möglichkeiten. Lasst mich doch bitte euren Schamanen sehen. Anschließend kann ich mehr dazu sagen.“
Der Schamane lag auf seinem Krankenlager wie ein Häufchen Elend. Sein Gesicht wirkte blass und eingefallen. Die Augen weit geöffneten Augen schienen durch alles und jeden hindurch zu starren. Immer wieder zuckte sein Körper unruhig, die Hände krallten sich in die Decke. Snip schaute sich in der Hütte um, zu der sie ihn gebracht hatten. Sie gehörte zu den Hütten oben auf dem Hügel. Schon beim Betreten konnte jedermann erkennen, dass es sich um die Behausung eines Schamanen handelte. Regale mit den verschiedensten Reagenzien lehnten an den Wänden. Merkwürdige Konstruktionen aus Knochen und anderen Materialien standen auf dem Boden herum oder hingen von der Decke. Zwei große Feuerschalen beleuchteten den Raum und tauchten ihn in ein rötliches, unnatürlich wirkendes Licht. Aus einem Kessel stiegen Dämpfe auf, die die ganze Hütte erfüllten. ‚Deshalb stinkt’s hier so.’, dachte Snip. Auf der anderen Seite des Bettes saß eine Goblinfrau, die versuchte, dem Schamanen eine Flüssigkeit einzuflößen. Währenddessen murmelte sie leise Worte vor sich hin. Gemächlichen Schrittes ging Snip auf den Schamanen zu und musterte ihn sehr genau. Dabei schaute er ganz beiläufig auch durch sein Monokel, um zu erkennen, ob der Schamane möglicherweise unter dem Einfluss von Magie stand. Aber Fehlanzeige! Behutsam kniete er sich neben das Bett des Kranken und schaute sich seine Augen an. Sie wirkten glasig, und in das übliche Rot mischten sich grüne Farbtupfer. ‚Gift!’, schoss es Snip durch den Kopf. Und er versuchte sich an das bisschen zu erinnern, was er darüber früher einmal gelernt und gelesen hatte. Groß war seine Erfahrung als Heiler nicht. Von Ukdugg hatte er hier und da ein paar nützliche Tipps erhalten. Aber die bezogen sich vor allem auf den Umgang mit bestimmten Kräutern und auf die Versorgung von Wunden. Das konnte in anderen Situationen sicher nützlich sein, hier reicht es aber nicht aus. Denn wenn es sich tatsächlich um eine Vergiftung handelte, dann musste ein wirksames Gegengift her. Und das konnte man nur herstellen, wenn man auch wusste, wodurch der Schamane sich vergiftet hatte. Langsam hob Snip den Kopf und schaute die Frau auf der anderen Seite des Lagers an. „Was gibst du ihm da?“, fragt er sie mit leiser Stimme. Die Frau wirkte
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