Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
errichteten sie große Städte mit prächtigen Palästen und gewaltigen Tempelanlagen. Ihre Zivilisation blühte und gedieh. Gesandte aus fremden Völkern kamen gereist, um die Pracht und Herrlichkeit der Elfen zu bewundern und wertvolle Geschenke zu bringen. Ihr Ruhm erstreckte sich über die ganze Welt. Sie waren die würdige Krone der Schöpfung.
Was danach geschah, darüber sagten die Gemälde nichts. Offenbar waren sie zur Blütezeit der Elfenkultur entstanden. Auf einen Verfall oder Zusammenbruch deutete nichts hin. Doch die Ruinen selbst legten ein klares Zeugnis dafür ab, dass der Ruhm der Elfen nicht ewig gehalten hatte. Irgendetwas Schlimmes musste ihnen widerfahren sein. Eine Szene aus der Sequenz fesselte Snips Aufmerksamkeit in besonderer Weise: Über einem großen See schwebte ein Gebäude, das sich mit Hilfe der Inschriften als „Tempel der Naigar“ identifizieren ließ. ‚Schwebende Tempel?’, sinnierte er, ‚War so etwas möglich?’ Insgeheim zweifelte er daran. Vielleicht handelte es sich nur um ein Symbol. Andererseits hatte er auf dieser Reise schon so viele unglaubliche Dinge gesehen und erlebt, dass er die Möglichkeit eines schwebenden Tempels zumindest nicht ausschließen konnte. Doch wie dem auch sei. Es machte auf jeden Fall Sinn, den See zu finden, der da abgebildet war. In seiner Nähe befand sich mit großer Wahrscheinlichkeit der Tempel der Naigar oder was davon noch existierte.
Kapitel 30
Der See lag ruhig vor ihnen. Sie hatten keine Schwierigkeiten gehabt, ihn zu finden; denn er lag nahezu exakt im Zentrum der Insel. Die Sonne spiegelte sich in der stillen Oberfläche des blauen Wassers wider. Mücken und andere Insekten tanzten lustig am Ufer. Frösche quakten. Der Dschungel hielt ehrfürchtig Abstand zum Wasser. Ein Ring von vielleicht zehn Metern um den See zeigte nur spärlichen Bewuchs. Danach erhob sich der Dschungel schlagartig wie eine lebendige Wand. Snip staunte über die Größe des Sees. Das gegenüber liegende Ufer lag in weiter Ferne. Eine Umrundung würde vermutlich mehrere Stunden dauern. Seit gut einer Stunde liefen sie nun schon am Ufer entlang und hielten Ausschau nach Hinweisen auf den Tempel. Doch bislang hatten sie nichts finden können. Die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit machten ihnen zu schaffen. Schweiß stand ihnen allen auf der Stirn. Nogg warf der Sonne, die da so erbarmungslos auf sie nieder brannte einen vorwurfsvollen Blick zu. Und als ob die Götter sein innerstes Flehen erhört hätten, zogen auf einmal dunkle Wolken auf und schoben sich vor die Sonne. Gleich wurde es merklich kühler. Der Ork grinste. ‚Na bitte, geht doch!’ Da fielen auch schon die ersten Tropfen. Dicke, pralle Regentropfen. Eine durchaus angenehme Abkühlung. Sie hielten ihre Gesichter in den Himmel, um ein wenig Wasser abzubekommen. Wie gut das tat! Immer mehr Tropfen fielen, bis sich ein wahrer Regenguss entwickelte. Das war dann doch zu viel. Hastig schauten sich die drei nach einem Unterschlupf um. Ein Dickicht unter einem besonders dicken Baum schien genau das richtige für sie zu sein. Nach ein paar schnellen Schritten hatten sie es erreicht und krochen unter das schützende Blätterdach. Viel Platz gab es hier nicht. Sie mussten eng zusammenrücken. Snip lehnte sich dabei mit dem Rücken gegen den Baumstamm. Auf einmal gab da etwas nach, und er kippte unvermuteter Dinge nach hinten weg. Da befand sich ein Hohlraum in dem dicken Baum. Verdutzt schaute er sich um. Der Raum wirkte gar nicht so klein. Und da schienen auch einige Dinge herumzustehen. Er rief nach den anderen und bedeutete Nogg, eine seiner Fackeln anzuzünden. Kurz darauf wurde es hell. Verwundert schauten sich die drei um. Der Hohlraum war wie ein Zimmer eingerichtet. Ein Bett stand da, zwei Schränke, ein Sessel, ein Schreibtisch, eine Truhe. Auf dem Tisch lagen mehrere Papiere und Bücher sowie eine Schreibfeder herum. Irgendjemand hatte Zeichnungen angefertigt. An einer sonderbaren Metallkonstruktion hing eine Laterne. ‚Gar kein schlechtes Versteck!’, zog Snip innerlich vor dem Bewohner den Hut. Aber wem gehörte die Baumhöhle? Und wo steckte er gerade? „Ähem!“ Das Räuspern ließ sie alle herumwirbeln . Ein Mensch stand urplötzlich im Eingang des Raums, groß und schlank, von fortgeschrittenem Alter. Sein langer grauer Mantel verhüllte das meiste von ihm. Aus der Kapuze schaute ein rundes Gesicht mit einer kleinen Brille und einem blonden Schnauzbart hervor. In der linken
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