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Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Titel: Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Schafer
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sehen«, verkündete er.
    »Ja, gleich«, erwiderte ich barsch und ermahnte mich im Stillen, dass Kiran jetzt nicht mehr mein Problem war. Jedenfalls nicht mehr, sobald ich ihn von dem Wagen heruntergeschafft hatte. Ich zog ihn auf die Füße. Gerade als ich die Entfernung zum Boden schätzte und überlegte, ob Kiran es allein hinbekäme, packte Muskelklotz ihn am Gürtel, hob ihn über die Seitenwand und setzte ihn ab, als wöge er nicht mehr als eine Katze.
    Der Muskelklotz machte Anstalten, Kiran hochzuheben und die Treppe hinaufzutragen, doch der Junge wich zurück, bis er gegen den Wagen stieß. »Ich kann laufen«, sagte er. Nur leider nuschelte er noch und schwankte wie ein Rohr im Wind. Ich wechselte einen Blick mit Muskelklotz, der darauf die Achseln zuckte. Seufzend klemmte ich mir mein Kästchen unter den Arm und hakte Kiran unter.
    »Wenn du laufen kannst, dann hier entlang.« Von mir gestützt, torkelte er über den Hof und bewältigte nach ein paar Fehlversuchen auch die Treppe.
    In Gerrans Büro stellte ich das Kästchen auf den Tisch und ließ Kiran los, der sich auf den Beinen hielt, indem er sich an der Tischkante festkrallte. Muskelklotz gesellte sich zu einem Kollegen, der aussah wie sein Zwillingsbruder. Gemeinsam standen sie gleichmütig an der Wand.
    Gerran setzte sich die Brille auf und neigte sich vor. »Gab es Schwierigkeiten beim Grenzübertritt?«
    »Nur eine Verzögerung durch einen Sulaner, der meinte, er könnte mit Hilfe von Bestechung etwas durchschmuggeln.« Ich stach mir in den Daumen und drückte ihn auf die Schutzamulette des Kästchens. Sie schimmerten blauviolett auf, und das Schloss schnappte auf. Ich nahm den Beutel mit meinem privaten Kram heraus und nickte Gerran zu.
    Er wickelte nacheinander Brens Amulette aus den Öltüchern und prüfte sie anhand einer chiffrierten Liste. Mit jedem abgehakten Posten wuchs seine Befriedigung sichtlich.
    »Die Lieferung ist in Ordnung.« Er legte das letzte Amulett zu den aufgereihten auf dem Tisch und schaute über den Brillenrand zu Kiran. »Nur eine spezielle Sendung muss ich noch prüfen.« Er gab einem seiner Schläger ein Zeichen. »Halte ihn fest.«
    Kiran riss die Augen auf, als der Kerl ihm die Hände fesselte, und setzte zum Protest an, aber eine Pranke legte sich über seinen Mund. Kiran drehte flehend die Augen zu mir.
    Ich machte eine Faust in der Tasche und rührte mich nicht. Verdammt, ich hatte geahnt, dass so etwas kommen würde. Es hätte mir eigentlich egal sein sollen, ob es in meinem Beisein passierte oder nicht. Der zweite Schläger beobachtete mich mit kaltem Blick, ob ich etwa auf dumme Gedanken käme.
    Gerran riss Kiran das Hemd bis zum Hals hoch und enthüllte das schwarz-rote Sigillum des Blutmagiers. Er musterte es eingehend und verglich es mit einer Zeichnung.
    Kiran drehte den Kopf und fing meinen Blick auf. Ich musstemeinen ganzen Willen aufbringen, um nicht auszuweichen. Oh Mann, diese schmerzliche Verblüffung in seinem Gesicht   … Ich kam mir vor wie der letzte Dreck. Ich flüchtete mich in den Gedanken, Melly bald in Sicherheit zu wissen, aber es half nicht.
    Gerran war schließlich zufrieden und erleichtert. »Bring ihn in den dritten Stock ins Lager und lass ihn gefesselt, bis der Käufer kommt.«
    Käufer? Der saure Geschmack in meinem Mund wurde stärker. Ich hatte geglaubt, Gerran werde ihn an die Alather übergeben. Auch kein erfreuliches Ende, aber dieses hätte ich um des toten Harkens willen akzeptieren können. Kiran hatte klar geäußert, dass er lieber dem Rat als Ruslan in die Hände fiele, und ich hatte mir gesagt, der Rat würde vielleicht nachsichtig mit ihm sein, wenn sie seine Geschichte hörten. Doch die Scham brannte mir in der Kehle, denn tief im Innern hatte ich gewusst, dass Gerran etwas viel Gemeineres vorhatte als eine Denunziation.
    Als der Schläger Kiran zur Tür schleifte, sah ich Kiran die Augen schließen und den Körper anspannen. Ich erstarrte und dachte an die toten Maultiere und geschwärzten Bäume.
    Nichts passierte. Zitternd atmete ich aus. Es stimmte also, was die Kräuterfrau gesagt hatte.
    Als Kiran die Augen öffnete, stand eine verzweifelte Wut darin. Der Schläger zerrte ihn zur Tür hinaus, und ich wandte mich Gerran zu, ohne mir Scham oder Ärger anmerken zu lassen. Der andere Schläger hatte sich nicht von der Stelle bewegt, und sein Blick blieb auf mich geheftet.
    Gerran öffnete derweil völlig unberührt seinen Geldschrank. »Wirklich schade, dass du ihn

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