Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier
Kiran, wer konnte das wissen? Ich wischte mir die Hände an der Hose ab, als könnte ich das wachsende Gefühl der Beschmutzung damit loswerden.
Als ich Kirans Lider hochzog, war nur Weißes zu sehen. Er war bewusstlos und schlaff. Zeit, die Sache zu Ende zu bringen.
Ich packte ihn in den Hohlraum unter dem Kutschbock, sodass er möglichst bequem lag. In der Ecke an seinen Füßen verstaute ich das Kästchen mit meinen persönlichen Amuletten und Brens Ware, daneben das Kupferblech, das Bren als Schwarzhülle bezeichnete. Ich stach mir einen Finger an und schmierte das Blut darauf, stopfte Heu rings um Kiran, um ihn gegen Stöße zu polstern, dann schloss ich den Kutscherkasten.
Die Säcke mit dem falschen Erz stellte ich davor und vergewisserte mich, dass sie sich leicht aufbinden ließen. Wenn Khalmet mir gewogen war, würden die Grenzer nur hineinschauen, ohne die Säcke zu bewegen. Ich flüsterte den Spruch, der den Zauber der Schwarzhülle auslöste. Ein roter Schimmer raste über das Holz des Kutscherkastens.
Damit war ich abfahrbereit. Aber würde sich der Magier am Tor wirklich täuschen lassen? Na ja, das würde ich bald sehen.
Die Fahrt bis zur Brücke verlief ohne Zwischenfall, aber langsam. Ich nickte ein paar Reitern zu, die mir unterwegs entgegenkamen. Sie hatten für mich oder den Wagen keinen zweiten Blick übrig. Als ich auf die Hauptstraße einbog und auf die Brücke zufuhr, fluchte ich leise. Fünf schwer beladene Wagen, umgeben von dunkelhäutigen Reitern in verzierten Lederrüstungen warteten vor dem Tor. Nach den Knochenscheiben in den Haaren der Reiter und den Schnitzereien an den Wagen zu urteilen, waren sie den ganzen weiten Weg von Sulanien hergekommen, der an der Westseite des Gebirges entlangführte.
Die Kräuterfrau hatte gesagt, die Wirkung der Hennanwurz werde mindestens einen ganzen Tag anhalten, Kiran werde aber nur vier bis fünf Stunden bewusstlos bleiben. Die Überprüfung ausländischer Wagen konnte fast genauso lange dauern. Es würde knapp werden. Wenn Kiran diesseits des Tores zu sich käme, steckte ich tief in der Tinte. Leider hatten mich die Grenzer schon gesehen. Sie würden misstrauisch werden, wenn ich jetzt kehrt machte. Ich schloss zum hintersten Wagen auf und richtete mich aufs Warten ein.
Der Tag schritt voran, und ich musste mich schwer zusammenreißen, um ständig nur gelangweilt zu erscheinen. Zwischen den Sulanern und den Alathern brach ein Streit aus. Es ging um irgendein Frachtstück. Der Wortwechsel zog sich endlos hin, bis ich allen am liebsten den Hals umgedreht hätte. Am Ende versuchte ein Sulaner, den Hauptmann der Wache zu bestechen. Eine so dumme Entscheidung hatte ich noch nicht erlebt. DerMagier stand schließlich auch dabei, um Bestechungen zu verhindern, und der Hauptmann wusste das. Er beschlagnahmte die Kiste und befahl, den Sulaner festzunehmen.
Wütende Rufe wurden laut, und ein Idiot zog sogar ein Messer. Der Grenzmagier brüllte ein Wort. Die glasigen Schutzzeichen am Tor flammten weiß auf, und ein knisterndes silbernes Licht hüllte den Messerstecher ein. Er fiel um wie ein Baum.
Das Geschrei verstummte augenblicklich. Der Magier schaute herausfordernd in die Runde, aber die übrigen Sulaner waren schlauer als ihr Landsmann. Sie schlugen den Blick nieder und hielten den Mund, während die Wachen den einen abführten und den anderen wegtrugen.
Ich atmete tief durch, um meinen rebellierenden Magen zu beruhigen. O ihr Götter, mir hätte keiner vorführen müssen, was mich erwartete, wenn ich aufflöge.
Ich hatte gehofft, der Hauptmann würde die Inspektion abbrechen und die Sulaner abweisen, doch der Führer des Wagenzugs war ein echter Schleimer. Nach vielen Verbeugungen und entschuldigenden Gesten von seiner Seite befahl der Hauptmann seinen Leuten, fortzufahren. Die Sulaner standen demütig dabei, während die Grenzer durch die Wagen krochen und keine Ecke ausließen. Der Magier prüfte finster jedes Stück der Fracht. Den Anschein der Ruhe würde ich nicht mehr lange aufrechterhalten können. Gerade als ich dachte, mir würde der Kragen platzen, sprach der Hauptmann ein paar ernste Ermahnungen aus und winkte die Sulaner durch.
Endlich war ich dran. Als die Wagen vor mir durch das Tor rollten, stellte sich bei mir die geschärfte Aufmerksamkeit ein, mit der ich meine Kletterpartien bewältigte. Der Hauptmann näherte sich mit seinem Dienstbuch. Es war nicht derselbe wie am vorigen Abend, und auch der Magier war ein anderer. Aber
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