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Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Titel: Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Schafer
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Kamm hinauf, dann grinste sie. »Ich halte dagegen. Ich geb dir in Kost ein Bier aus, wenn du vor dem Essen zurück bist, und zwei, wenn du es schaffst, bevor wir die Pferde versorgt haben.«
    Ich schnippte mit den Fingern, wie es unter Straßenleuten üblich ist, wenn sie sich einig geworden sind, und setzte den Rucksack auf. Ich rannte los und sprang von Stein zu Stein den Hang hinauf. Mein Atem ging schnell und heftig, als ich auf die Felsblöcke am Fuß der Steilwand stieg. Ich machte Halt, bis mein Puls langsamer ging, ehe ich den Aufstieg fortsetzte. Das glimmerdurchsetzte Gestein bot viele kleine Vorsprünge, und ich überlegte mir die Route sehr genau, da ich allein war. Sethan hatte mir vor langer Zeit schon eingeschärft, dass ein Augenblick der Achtlosigkeit oder Vermessenheit genügt, um den Kletterer zu töten.
    Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen den Fels, um mir die Stiefel mit den spitzen Nägeln unter der Sohle anzuziehen. Das leuchtende Rosa am Westhimmel ging allmählich in ein helles Violett über, aber eine gute Stunde blieb noch, bis die Dämmerung die Kontraste verwischen würde. Von dieser Stelle aus hatte ich eine gute Sicht auf den Konvoi und das Dickicht unterhalbdes Weges. Während ich die Stiefel zuschnürte, spähte ich über die mannshohen Büsche, ob Kiran irgendwo zu entdecken war oder sich dort wenigstens etwas bewegte. Aber Katzenkrallen sind hart und spannkräftig, schwer zu biegen und fast unmöglich zu brechen, und so sah ich keine Spur von ihm.
    Ich wollte mich gerade umdrehen und zu klettern anfangen, als etwas anderes meinen Blick auf sich zog. Ein Kutscher näherte sich scheinbar beiläufig dem Vorreiterwagen, und ich wollte verdammt sein, wenn das nicht Pello war. Sein Gesicht konnte ich zwar nicht sehen, aber er war unverkennbar.
    Er schlenderte auf Harken und Jerik zu, die gerade einen Getreidesack abluden, und winkte freundlich grüßend, worauf die innehielten, und auch Caras blonder Kopf drehte sich, aber sie hörte nicht auf, ihr Pferd zu striegeln. Ihre Unterhaltung ging im allgemeinen Stimmengewirr unter. Harken deutete in meine Richtung. Ich knirschte mit den Zähnen. Gleich würden sie Pello auf die Nase binden, dass Kiran vor Angst ins Gebüsch gestürmt war. Mann, das wurde immer besser.
    So plötzlich und unerwünscht wie Steinschlag überfielen mich Erinnerungen an Jylla. Sie war immer der Gerissene von uns beiden gewesen, konnte Leute ausspielen und raffinierte Pläne schmieden, schon als wir noch zwei verzweifelte, wütende Kinder waren, die gerade den Wandel hinter sich hatten. Sie an meiner Stelle hätte Pello mühelos ausgetrickst. Mit Leuten umzugehen ist auch nichts anderes als den Schutzzauber eines Magiers zu manipulieren, sagte sie einmal zu mir. Wir lagen dabei auf zerwühlten Laken, und sie zog träge die Finger über meine Wirbelsäule. Finde ihre Schwäche und lenke sie in die gewünschte Richtung.
    Ja, wie sie es mit mir gemacht hatte. Wie hatte ich so dumm sein und glauben können, sie sähe mich anders? Ich spuckte aus und verscheuchte das Bild von Jyllas goldenen Kurven und neckenden Blicken. Ich war vielleicht nicht so gerissen wie sie,aber ich hatte noch keinen Auftrag versaut. Spitzel oder nicht, Pello würde nicht verhindern, dass ich mir meinen Lohn verdiente.
    Noch immer kein Zeichen von Kiran im Gebüsch. Diesmal fand ich das nur erleichternd. Ich drehte mich zur Felswand um und legte die Hände ans Gestein. Nachdem ich alle Sorgen beiseite geschoben hatte, konzentrierte ich mich auf die körnige Beschaffenheit, bis es nichts anderes mehr gab. Dann stieg ich geschmeidig die Wand hinauf und ertastete mit den Fingern die Vorsprünge.
    Während einer herrlichen Zeitspanne bestand die Welt nur aus mir und der Felswand. Mein Körper floss aufwärts, jeder Muskel gehorchte meinem Befehl, mein Geist war allein auf die jeweils folgenden Griffe gerichtet. Als ich auf der Felsspitze ankam und mich rittlings verankerte, grinste ich fast so breit wie Bren. Meine Nerven vibrierten, und angesichts der nackten Schönheit der Kämme und verschneiten Gipfel ging mir das Herz auf. Das befriedigte mich fast   – nicht ganz, aber fast   – genauso so sehr wie die Erinnerungen an meine verlorene Behaftung.
    Bei dem Gedanken sackte mein Hochgefühl in sich zusammen. Ich erinnerte mich an meine Pflicht und spähte über das Gelände. Von meinem Hochsitz aus sah ich die oberen Hänge der Schlucht bis hin zum Rand des weiten Beckens unterhalb des Passes.

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