Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier
Die alathischen Räte würden ihn nicht sanfter behandeln als Ruslan, wenn auch ihre Methoden nicht so einfallsreich waren.
Dev schaute noch finsterer. »Erzähl mir genau, womit Pello dich so aufgebracht hat.« Als Kiran zögerte, sagte er: »Das ist wichtig.«
»Er …« Kiran schoss das Blut ins Gesicht. Dass er sich nur wegen einer flüchtigen Berührung verraten hatte, kam ihm im Nachhinein äußerst töricht vor. »Er strich mir durch die Haare und legte mir die Hand auf die Schulter.«
»Durch die Haare? Klar.« Dev stöhnte und schüttelte den Kopf. »Ich wette um tausend Kenet, dass er dir genügend ausgerissen hat, um dich mit einem Find-mich-Zauber aufzuspüren. Außerdem wird er merken, dass deine Haare gefärbt sind, und die echte Farbe herausfinden.«
Kiran verzog das Gesicht. Dafür hatte Pello ihm keins ausreißen müssen. Wenigstens würde Pello damit keinen Erfolg haben. Lizavetas Amulett würde jeden Spürzauber mit Leichtigkeit in die Irre führen.
Doch angesichts der eigentlichen Gefahr war das unbedeutend. Kiran versuchte, seiner Angst Herr zu werden und nachzudenken. Es musste ein Mittel geben, um sich aus der Lage zu befreien und Pello zum Schweigen zu bringen. Aber wie sollte er das bewerkstelligen, ohne zu zaubern und sich Dev zu offenbaren?
Dev musterte ihn zynisch. »Lass mich raten. Es gibt noch mehr schlechte Neuigkeiten? Was hat Pello noch herausgefunden?«
Kiran rang die Hände. Wenn er ihm je reinen Wein einschenken wollte, dann wäre jetzt der passende Moment. Keine Lügen mehr, kein Ausweichen … die Vorstellung war verlockend. Doch die Vernunft siegte über die Versuchung. Sowie Dev begriffe, wer ihr Gegner war, würde er ihm nicht mehr helfen.
Vielleicht könnte er sich Dev zu erkennen geben und behaupten, dass keine anderen Magier im Spiel seien. Nein, damit Dev ihm die halbe Wahrheit glaubte, ohne auf die andere Hälfte zu schließen, wären ausgefeilte Lügen nötig, und für die hatte Kiran noch nie Talent besessen. Wenn er wenigstens Mikails undurchdringliches Gesicht und seine unerschütterliche Ruhe besäße!
Vielleicht aber könnte er Devs Hilfe erlangen, ohne Verrat zu riskieren. Dev wusste nichts von dem Schutz, den Lizavetas Amulett gewährte.
»Mein Dienstherr verlässt sich darauf, dass ich in Kost anonym bleibe. Aber du meinst, Pello wird mich dort aufspüren können?« Kiran zeigte seine Angst. »Er wird von Tag zu Tag gefährlicher. Wir müssen etwas gegen ihn unternehmen!«
»Das tun wir bereits«, sagte Dev. »Oder meinst du etwas Endgültiges?« Ein verschlagenes, spöttisches Grinsen überzog sein Gesicht. »Denk nicht, das hätte ich nicht schon in Erwägung gezogen. Willst du wissen, warum es eine schlechte Idee ist, Pello umzubringen?«
Kiran rührte sich unbehaglich. Was er sich am Bach geschworen hatte, klang ihm in den Ohren. »Ich habe nicht gemeint, ihn umzubringen.« Eine Berührung, flüsterte eine dunkle Stimme. Mehr wäre nicht nötig. Deine Barriere bliebe erhalten, und du wärst außer Gefahr. Er verbannte den Gedanken. Pello wäre bestimmt nicht so unvorsichtig, ihn wieder in seine Nähe zu lassen.
»Klar.« Das Grinsen blieb. »Schau, wenn Pello durch einen Messerstich oder ein Amulett umkäme oder einfach verschwände, würden die anderen Kutscher vom Haus Horavin Meldon drängen, den Fall zu untersuchen, und wir würden alle unter dem Wahrheitszauber landen. Und glaub mir, jemanden wie Pello durch ein Unglück umzubringen, das einem alle anderen abkaufen, ist schwieriger, als du glaubst. Außer, dir wäre egal, wer sonst noch dabei draufgeht.« Er sah Kiran forschend an.
»Nein! Das will ich nicht! Aber …« Kiran hielt an. Was wollte er, wenn nicht Pellos Tod? Er wollte, dass die vergangene halbe Stunde sich nicht abgespielt hätte. Nein, er wollte die Zeit zurückdrehen zu dem Tag, wo Alisa noch am Leben gewesen war. Als die Magie seine größte Freude gewesen war, unbefleckt von Schuld und Tod. Es schnürte ihm die Kehle zu. Nichts konnte ihm das geben. Und jetzt drohte Pello seine einzige Hoffnung auf Entkommen zu vernichten.
»Pello hat dich schwer erschüttert. Das würde jeden schreckhaft machen«, sagte Dev. »Ich weiß, für ein langsames Spiel braucht man starke Nerven. Das kann zermürbend sein. Aber langsames, unauffälliges Vorgehen ist hier das Beste.« Er gab Kiran einen aufmunternden Knuff. »Wegen der Haare brauchen wir nicht panisch zu werden. Uns bleiben noch zehn Tage, bis der Konvoi in
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