Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
zu erreichen. Das von Dubhan aufgebrochene Heer würde zumindest für eine Weile aufgehalten werden; der Verstärkung von Ardig Hall konnte das nicht passieren, und die Kunde von einer durch die Lande ziehenden Soldatenschar konnte sich auf diese Weise auch nicht so schnell verbreiten.
In der Nacht fiel der von den Bauern schon sehnsüchtig erwartete Regen in leisem, aber stetigem Rauschen. Der ausgetrocknete Boden konnte das Wasser nicht so schnell aufnehmen, und bald bildeten sich in Senken kleine Seen, und viele schmale Bäche flossen von den Hängen herab.
Menschen und Tiere unter freiem Himmel waren natürlich nicht allzu begeistert davon, und so drängte sich alles in den Zelten und auf den Wagen zusammen und verbrachte eine unruhige Nacht. Am Morgen allerdings war es schon wieder vorbei, und das Wasser lief rasch ab und sickerte in den durstigen Boden ein. Dafür war alles in dicken Nebel gehüllt, sodass die Sicht kaum ein paar Schritte weit reichte.
Es gab es nur ein kurzes, kaltes Morgenmahl in fröstelnder Eile, dann ging es weiter. Nun waren sie dankbar für Morwens Spähtrupp, denn es war ausgesprochen schwer, sich zu orientieren. Das trübe Licht kam von überall, und sie befanden sich abseits aller Wege. Den Pferden war es völlig egal, wohin es ging, sie hatten überhaupt keine Lust, auch nur einen Schritt zu laufen und taten immer wieder ihren Unmut kund.
»Verliert euch nicht im Nebel, bleibt zusammen«, mahnte der Fürst, der in regelmäßigen Abständen die ganze Truppe abritt und genau abzählte, ob noch alle mithielten. Die Versorgungswagen waren schon etwas zurückgefallen, aber sie hatten Lampen angezündet, und die zur Begleitung eingeteilten Ritter trugen ebenfalls Laternen.
»Gibt es solchen Nebel auch in Inniu?«, fragte Olrig.
»O ja«, antwortete Rowarn. »Dann bleibt man zu Hause und wärmt sich die Füße am Herd.«
So verlief der Tag. Weil sie ohnehin nur sehr langsam vorankamen, machten sie keine Pause, sondern kauten unterwegs mürrisch ein wenig hartes Zehrbrot vom Vorabend. Die Pferde ließen sich auch nicht mit Rosinen bestechen. Mit hängenden Köpfen zockelten sie in immer gleicher Geschwindigkeit dahin und waren kaum zu lenken.
»Was ist, wenn Morwen sich verirrt?«, wagte Rowarn am Nachmittag zu fragen, als sie schon eine ganze Weile verschwunden war.
»Sie verirrt sich nicht«, erwiderte Noïrun. Vor ihm ging ein Fährtenleser und führte den Tross anhand der von Morwen hinterlassenen Zeichen. »Völlig unmöglich.«
»Wie schafft sie das nur?«
»Sie hat eben das Talent.«
»Ja, scheint mir auch so«, murmelte Rowarn und beobachtete fasziniert den Fährtenleser. Er hätte nicht ein einziges Zeichen von Morwen gefunden, obwohl er bei diesem trüben Licht besser sehen konnte als die Menschen. Er überlegte, wo sie sich wohl wiederfanden, wenn sich der Nebel endlich lichtete.
Eine Stunde später schien es endlich so weit zu sein. Zumindest hob sich der Dunst, sodass die Sicht zwei Speerwürfe weit reichte, wobei es hinter ihnen schneller aufklarte als vor ihnen, wo die nächste dicke Wand auf sie wartete.
Der Fürst spannte sich plötzlich an und lauschte. Dann sagte er in ungewohnter Hast und Eindringlichkeit: »Rowarn, komm«, und zu Olrig nach hinten: »Mir nach, Olrig, zehn Pferdelängen Abstand!«
Rowarn brauchte Windstürmer nichts zu sagen. Der kleine Falbe hatte bereits begriffen, dass Gefahr drohte, und spurtete gemeinsam mit dem Kupferhengst los, die Nüstern weit gebläht.
Olrig folgte ihnen auf Abstand im langsamen Galopp, und die Truppe hinter ihm erhöhte ebenfalls das Tempo.
Plötzlich sah Rowarn einen dünnen Schatten vor sich, und dann schoss Morwen auch schon wie von Bestien gehetzt aus dem Nebel heraus. »Schnell!«, schrie sie. »Bringt den Fürsten in ...« Dann wurde sie von einem Sirren und einem dumpfen Schlag unterbrochen. Morwen stieß einen ächzenden Laut aus und sackte zu Boden.
»Ein Angriff!«, brüllte Olrig und zog die Axt aus der Halterung neben dem Sattel. »Zu den Waffen!« Er drehte den Schimmel im Kreis, während er weitere Befehle donnerte. Berittene wie Fußsoldaten schwärmten aus und machten sich in Windeseile sowohl für den Angriff wie zur Verteidigung bereit.
»Morwen!«, rief Noïrun. Er sprang von seinem Hengst und rannte zu ihr; Rowarn trieb gleichzeitig Windstürmer an. Dennoch war der Fürst schneller, er kniete schon bei Morwen nieder und drehte sie vorsichtig zu sich.
Rowarn verharrte dicht bei den beiden.
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