Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
ihn. Selbst im Sitzen sah der Mann groß aus, mit gewaltigen Schultern, und die Ärmel seines schwarzen Hemdes spannten sich über den Muskeln. Dichtes, schwarzes Haar fiel bis auf seine Brust herab, die Haut war von einem samtigen Olivbraun, und das bärtige Gesicht, das an einer Wange ein Mal ähnlich einer Falkenklaue trug, von auffallender männlicher Schönheit.
Aber das Außergewöhnlichste waren die Augen, tiefschwarz wie das Universum weit draußen, und sie strahlten in einem schwarzen Licht, das Rowarns Blick einsog wie ein Wasserstrudel einen Ertrinkenden. Er sah die gewaltige Macht und das ungeheure Wissen darin, die alles übertrafen, was er bisher geschaut hatte. Nicht einmal Fashirh, dessen Stofflichkeit nahezu vollständig aus Magie gewebt war, strahlte eine solche Macht aus. Eine fast greifbare Aura umgab den dunklen Mann, die die anderen Gäste scheu, wenn auch unbewusst mieden, denn die Nischen links wie rechts neben ihm waren unbesetzt, obwohl einige mit einem Bierkrug in der Hand herumstanden und auf einen frei werdenden Platz warteten.
Zögernd kam Rowarn näher; in der Stimme des Mannes lag etwas, das keinen Widerspruch zuließ, aber auch Vertrauen einflößte. Und nicht zu vergessen: Er befand sich in einem Freien Haus ...
Er hatte kaum Platz genommen, als eine Schankmaid ihm schon einen Krug Schwarzbier brachte und den leeren Weinpokal des Mannes gegen einen vollen tauschte. Dazu stellte sie eine Schale Tabak vor ihn.
»Ich kann das ni...«, setzte Rowarn wegen des Bieres an, aber das Mädchen winkte ab und rannte weiter.
»Das Pferd deines Herrn«, setzte der Mann zu einer Erklärung an, mit jener unglaublich tiefen Stimme, die noch in Rowarns Innerstem melodisch nachklang: »Damit ist alles bezahlt. Du kannst zu dir nehmen, was du willst.« Er streckte seinen Arm aus. »Gib mir deine Hand.«
Rowarn gehorchte widerspruchslos und machte sich auf neuerlichen, furchtbaren Schmerz gefasst, der den gerade erst abklingenden noch übertreffen würde. Ängstlich sah er zu, wie der Mann behutsam den Verband öffnete, und starrte dann voller Schrecken auf seinen übel zugerichteten, schwarz verbrannten Handrücken.
»Sehr gute Arbeit«, stellte der dunkle Mann jedoch fest. »Es sieht schlimmer aus, als es ist. Das wird wieder wie neu. Aber es muss entsetzlich schmerzen.«
»Ja«, krächzte Rowarn.
»Dagegen kann ich etwas tun. Halt für einen Moment still.« Er legte die Hand über die Wunde, nur ganz sacht, und schloss kurz die Augen.
Staunend merkte Rowarn, wie etwas von dem Mann auf ihn überfloss, ein warmer, kribbelnder Strom, und dann wich der Schmerz und war schließlich ganz verschwunden.
»Sobald sich die Haut erneuert hat, ist alles wieder in Ordnung. Sie heilt jetzt gut und schnell. Du wirst bald wieder eine Waffe halten können, aber du solltest einen schützenden Handschuh tragen, solange die Haut heilt.« Der Mann schloss den Verband wieder, ließ Rowarns Hand los und widmete sich dem Stopfen seiner Pfeife.
Ehrfürchtig blickte Rowarn ihn an. Er erinnerte sich an die Unterhaltung mit Fashirh nach der Schlacht gegen die Warinen, und an den Klang in der Stimme des Roten Dämons, als er über einen Mann von ganz besonderer Art berichtet hatte. »Ihr ... seid der Annatai ... nicht wahr?«, flüsterte er.
So etwas wie Anerkennung blitzte in den Augen des Mannes auf. »Du weißt sehr viel für dein Alter. Aber das ist auch kein Wunder.« Er nickte bestätigend. »Ich bin Halrid Falkon von Erytrien.«
»Ich bin Rowarn aus Inniu«, stellte der junge Ritter sich vor. »... Weideling«, verbesserte er sich.
Der Zauberer hob die schwarzen Brauen. »Die Velerii haben dich aufgezogen?«
»Ja, Herr.«
»Nun, so ist es noch weniger verwunderlich.« Er zündete die Pfeife an. »Und wonach ist Rowarn von Weideling auf der Suche?«
Rowarn errötete. »Ich ... ich weiß noch nicht genau ...«, stammelte er. »Ich folge meinem Herrn nach Ardig Hall, um gegen Femris zu kämpfen. Wegen des ... Tabernakels.«
»Ja. Eine große und ehrenvolle Aufgabe.« Versonnen blickte der Annatai in die Ferne. »Ich dagegen war nur auf der Suche nach dem Glück ...« Ein seltsames Lächeln umspielte seine Lippen. Dann setzte er zu einer Erzählung an.
Man sagt, in den Außenlanden gäbe es einen sehr hohen Berg, auf dem ein Baum seit dem Beginn des Lebens steht. Hundert Männer können ihn nicht umfassen, und sein Wipfel ist die Heimat vieler Sterne. In früheren Zeiten, so heißt es, stiegen Mächtige
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