Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
und das in so jungen Jahren. Bei uns brauchte es immerhin etwas länger, bis alles zusammenbrach.«
»Bei dir vielleicht, du Landvertriebener, bei mir ist nichts zusammengebrochen, darauf möchte ich in aller Entschiedenheit hinweisen.«
»Bis auf die Tatsache, dass du dich zum Kriegskönig hast wählen lassen, weil ...«
»Das ist unerheblich!« Olrig fuchtelte mit dem Zeigefinger in der Luft herum. »Ich habe nur meine Pflicht angenommen, so wie du!«
Noïrun grinste. »Schwindler. Da kommt schon noch ein bisschen mehr zusammen.«
»Und du?« Olrig starrte ihn finster an. »Bei dir etwa nicht?«
Noïrun wandte den Blick ab. »Jede Menge«, murmelte er.
Langsam rückte die Hügelkette näher. Immer wieder verschwand sie aus dem Blick, denn im Gelände gab es Höhenunterschiede. Es ging in Senken hinunter und langsam ansteigend wieder hinauf, aber immer nur so unmerklich, dass es selbst auf kurze Entfernung kaum erkennbar war.
Das Land wurde rauer, Steppengras herrschte nun vor, dazu Magerwiesen mit einem Überfluss an blühenden Kräutern und Orchideen. Baum- und Buschgruppen boten Abwechslung und Orientierungspunkte in dieser sonst sehr gleichförmigen Landschaft. In einigen Senken sammelte sich das Wasser und bildete Sumpf mit Schilf, großen Palmwedeln und mannshohen Gräsern mit wolligen, speerlangen Blütenständen. Wilde Schweine, Büffel und Riesenzahner vergnügten sich in selbst gegrabenen Schlammlöchern und ließen sich nicht im Geringsten von vorüberziehenden Reitern stören. Herden von Antilopen wanderten über die Steppe, begleitet von Wildpferden.
»Ein gutes Jagdgebiet«, stellte Rowarn fest.
»Nur die Jäger von Ardig Hall dürfen dem Wild nachstellen, deswegen ist es zahlreich und nicht scheu«, gab Olrig Auskunft. »Dies ist lediglich ein kleiner Ausschnitt von der Vielfalt, die sich hier findet.«
Obwohl die Hügel nun schon nahe waren, höchstens drei Wegstunden entfernt, konnte Rowarn immer noch kein deutliches Bild erfassen. »Stimmt etwas mit meinen Augen nicht?«, fragte er. »Ich kann kaum etwas erkennen.«
»Das sind noch die Reste der alten Magie«, antwortete Noïrun. »Auch früher zeigte sich Ardig Hall erst aus unmittelbarer Nähe in aller Pracht. Diese Verschleierung hielt jeden Fernzauber ab, und noch mehr. Aus der Luft kann die Festung nicht angegriffen werden. – Konnte nicht«, verbesserte er sich. »Zerstört wurde sie allerdings vom Boden aus.«
»Laufen wir nicht Gefahr, angegriffen zu werden?«
»Nein. Eine Truppe von Ardig Hall wäre schon unterwegs. Selbst marodierende Horden wagen sich hier kaum übers Land. Wie gesagt, dies ist der Boden von Ardig Hall. Es ist eine unsichtbare Grenze, die überschritten wird, aber jeder Anhänger der Finsternis kann sie spüren.«
Rowarn stutzte plötzlich und beschattete die Augen. »Da kommt jemand«, sagte er. »Ein Reiter.«
»Ah!«, rief Olrig. »Ein Freund, gewiss. Welcher mag es sein?«
»Das werden wir gleich wissen«, meinte der Fürst und zügelte den Kupferhengst.
Rowarn blieb bei ihm, auf alles gefasst. Er wusste, er wäre keine große Hilfe, denn seine rechte Hand war noch nicht zu gebrauchen. Aber das würde sich bald ändern; fast von Stunde zu Stunde wurde es besser, nicht zuletzt dank magischer Hilfe, die ihm zumindest die schrecklichen Schmerzen genommen hatte.
Der Kriegskönig trabte langsam voraus, während der Reiter Bodenwelle um Bodenwelle näher kam.
»Freund!«, rief Rowarn hinter ihm. »Ein Ritter! Er trägt die Fahne am Rücken!«
Der sich nähernde Mann hob den Arm und winkte. Sein Pferd galoppierte jetzt fleißig.
»Ho! Ragon, alter Haudegen!«, rief Olrig und winkte ebenfalls. »Welch eine Freude, dein hässliches Gesicht als erstes begrüßen zu dürfen!«
Schnaubend und prustend kam das Pferd bei ihm an, und der Reiter zügelte es neben dem Schimmel und schlug seinen Arm an Olrigs. »Und mich freut es, dass Olrig nichts von seinem wohlgestaltenen Speck und der offenherzigen Zunge verloren hat!«
Rowarn erblickte einen Mann Ende dreißig, dessen rechte Gesichtshälfte durch eine Schwertnarbe fast zweigeteilt war. Das rechte Auge war unter einer Klappe verborgen.
Er ließ Olrigs Arm los und trabte auf den Fürsten zu, vor dem er sich im Sattel tief verbeugte. »Willkommen in Ardig Hall, Herr. Ihr werdet schon sehnsüchtig erwartet, und ich bin glücklich, Euch wohlbehalten zu sehen. Wir hatten uns auf das Schlimmste gefasst gemacht, als Ihr länger als verabredet ausgeblieben
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