Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
bedeutete Rowarn, einzutreten.
Der Raum, durch Felslöcher mit Tageslicht erhellt, war schmucklos. Auf einem Arbeitstisch lagen Schriftrollen und Ledereinbände verstreut, ein Stuhl stand davor und ein großer Lehnstuhl dahinter. Darauf saß der Mann in der grauen Rüstung, den Rowarn kurz nach dem Fall von Ardig Hall das erste Mal erblickt hatte, in Angmors Zelt.
Er hatte den Helm abgenommen, und Rowarn sah das grobschlächtige Gesicht eines Warinen, das aber zugleich erstaunlich menschenähnliche Züge aufwies. Auch der Körperbau des Mannes ähnelte mehr dem eines außergewöhnlich starken, mittelgroßen Menschen. Ein Mischling, wie es aussah.
So wie Rowarn. Er spürte, wie sich gleich wieder sein Magen umdrehte, aber noch hatte er sich in der Gewalt.
»Nimm Platz«, forderte der Mann ihn auf, ohne von seiner Arbeit aufzusehen. Er setzte gerade mit seinem Ring Siegel auf mehrere Schriftstücke.
Rowarn kam der Aufforderung schweigend nach. Der Stuhl hatte nur eine sehr kurze Rückenlehne, die kein bequemes Sitzen gestattete, und er war niedriger als der Lehnstuhl gegenüber. Kaltes Schweigen herrschte im Raum, nur ab und zu zischte es leise, wenn das über die Kerzenflamme gehaltene Wachs zu heiß wurde und zu brennen anfing.
Der junge Nauraka rührte sich die ganze Zeit nicht und saß, so weit es möglich war, in entspannter Haltung. Um sich abzulenken, zählte er die kleinen Schatten an der grob strukturierten Wand, die vor dem Licht herwanderten.
Schließlich wandte der Mann in der grauen Rüstung Rowarn die volle Aufmerksamkeit zu. »Ich bin Heriodon«, stellte er sich mit rauer Stimme vor. »General und neuer Heermeister von Femris dem Unsterblichen.«
Rowarn blieb unbewegt.
»Du bist der Knappe des Fürsten Noïrun«, fuhr der General nach einer Weile fort.
Rowarn korrigierte ihn nicht. Wenn Heriodon nur über diese Information verfügte, umso besser. Moneg hatte wahrscheinlich die beschämende Wahrheit, dass Rowarn schon nach kurzer Zeit zum Ritter geschlagen worden war, nicht über die Lippen gebracht. Moneg der Verräter, der Rowarn während der Ausbildung so lange geschmäht hatte, bis es dem jungen Nauraka zu viel geworden war. Sein Temperament ... nein: Der dämonische Teil in Rowarn hatte die Kontrolle übernommen und Moneg beinahe umgebracht. Das und die Rückstufung zum einfachen Fußsoldaten hatte der Mann Rowarn nie verziehen. Dass sein Hass allerdings so tief verwurzelt sein könnte, deswegen Verrat an Ardig Hall zu üben und nicht nur Rowarn, sondern auch den Visionenritter an den Feind auszuliefern, hätte Rowarn niemals geglaubt.
»Stehst du treu zu deinem Herrn?«, wollte der Heermeister wissen.
»Natürlich«, antwortete Rowarn stolz. »Ihr könnt mich foltern, so viel Ihr wollt, ich werde Euch nichts über ihn verraten, noch über irgendeinen anderen.«
Heriodon lächelte leise. »Ah, dieses Pathos erinnert mich an einen anderen leidenschaftlichen jungen Mann. Mutig, trotzig und furchtlos stürmte er vorwärts, wo selbst Dämonen schaudernd wichen. Ganz so wie du, mit demselben Feuer in den Augen. Ich glaube dir. Eine Folter erübrigt sich also, schon weil ihr die Schlacht verloren habt, und damit auch Ardig Hall, sodass es derzeit kaum etwas gibt, was du mir verraten kannst.«
»Was habt Ihr stattdessen mit mir vor?«, wollte Rowarn wissen.
»Du wirst mein Knappe«, verkündete der graue Mann prompt. »Ich habe Verwendung für dich.«
»Und wenn ich mich weigere?«
»Du kannst dich weigern, du kannst versuchen zu fliehen, und wirst am Ende doch nur feststellen, dass beides sinnlos ist.« Heriodon pfiff leise, und Rowarn lief es eiskalt den Rücken hinunter, als er ein Zischen hörte. Die kaum verheilte Narbe seiner rechten Hand schmerzte plötzlich.
Eine schillernde Federschlange schwebte aus dem Schatten eines Mauervorsprungs heran und kreiste langsam um ihren Herrn.
»Ihr ...«, stieß Rowarn heiser hervor. » Ihr habt damals den Chalumi befohlen, meinen Fürsten zu töten.«
»Leider mit mäßigem Erfolg«, bemerkte Heriodon, und sein Lächeln vertiefte sich. Umso kälter wurde es im Raum. »Du warst es, nicht wahr? Du hast ihn gerettet. Leugne es nicht, die Chalumi wittert das Gift in dir.«
»Welches Gift ...«
»Du hast dich soeben verraten. Die kleine Narbe an deiner Hand, die du gerade reibst, stammt von einem Chalumi-Biss. Du hast dein Leben einem Wunder zu verdanken, und einer großen Heilkunst. Wer das getan hat – so jemanden könnte ich in meinem Heer
Weitere Kostenlose Bücher